Starke Nebenwirkungen von Abnehmspritzen möglich:
Forscher zeigen, dass bestimmte Medikamente zur Gewichtsabnahme (GLP-1-Agonisten) mit schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden sind, darunter:
– 9-mal höheres Risiko einer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
– 4-mal höheres Risiko eines Darmverschlusses
– 3,7-mal höheres Risiko einer Gastroparese (Magenlähmung)
ÜBERSICHT
GLP-1-Agonisten – Erhöhtes Risiko für schwere Magen-Darm-Probleme
Sie gelten als wirksame Mittel zur Gewichtsabnahme, doch Diabetes-Medikamente, die so genannten GLP-1-Agonisten(auch Inkretinmimetika genannt), bergen möglicherweise ein erhöhtes Risiko für schwere Magen-Darm-Probleme.
Dies geht aus Forschungsergebnissen der University of British Columbia hervor, die zeigen, dass die als GLP-1-Agonisten bekannten Medikamente mit einem erhöhten Risiko für schwere Erkrankungen wie Magenlähmung, Bauchspeicheldrüsenentzündung und Darmverschluss verbunden sind.
Während frühere Studien einige dieser Risiken bei Patienten mit Diabetes aufzeigten, ist die vorliegende Forschungsarbeit die erste große Studie auf Bevölkerungsebene, die unerwünschte Magen-Darm-Ereignisse bei Nicht-Diabetikern untersucht, die diese Medikamente speziell zur Gewichtsabnahme verwenden.
- Die Forschungsergebnisse der University of British Columbia wurden in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht.
Angesichts der weiten Verbreitung dieser Medikamente müssen diese unerwünschten Ereignisse, auch wenn sie selten sind, von Patienten, die sie zur Gewichtsabnahme einsetzen wollen, in Betracht gezogen werden, so Mohit Sodhi von der University of British Columbia und Erstautor der Studie.
- Das Risikokalkül ist unterschiedlich, je nachdem, ob eine Patientin oder ein ein Patient diese Medikamente zur Behandlung von Diabetes, Übergewicht, Adipositas (Fettleibigkeit) oder nur zur allgemeinen Gewichtsabnahme einsetzt.
- Menschen, die ansonsten gesund sind, sind möglicherweise weniger bereit, diese potenziell schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse zu akzeptieren.
GLP-1-Rezeptoragonisten (Inkretinmimetika) wurden ursprünglich für die Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt, haben aber in den letzten zehn Jahren als „off-label“-Medikamente zur Gewichtsreduktion zunehmend an Popularität gewonnen.
Erst im Jahr 2021 wurden einige Formen dieser Medikamente zur Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen. Die randomisierten klinischen Studien, in denen die Wirksamkeit der Medikamente zur Gewichtsabnahme untersucht wurde, waren jedoch aufgrund ihrer geringen Stichprobengröße und kurzen Nachbeobachtungszeiträume nicht darauf ausgelegt, seltene gastrointestinale Ereignisse zu erfassen.
Es gibt anekdotische Berichte über Patienten, die diese Medikamente zur Gewichtsabnahme einnehmen und dann wiederholt unter Übelkeit und Erbrechen leiden, die auf eine so genannte Gastroparese zurückzuführen sind, sagte der Hauptautor der Studie, Dr. Mahyar Etminan, ein Epidemiologe und Professor an der University of British Columbia.
- Das Problem, dass es jedoch keine Daten aus großen epidemiologischen Studien gab.
Um diese Wissenslücke zu schließen, untersuchten die Forscher der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) die Krankenversicherungsunterlagen von etwa 16 Millionen US-Patienten und untersuchten die Personen, denen zwischen 2006 und 2020 entweder Semaglutid oder Liraglutid, zwei wichtige GLP-1-Agonisten, verschrieben wurde.
Sie schlossen Patienten ein, die erst kürzlich an Fettleibigkeit erkrankt waren, und schlossen diejenigen aus, die bereits Diabetes hatten oder denen ein anderes Antidiabetikum verschrieben worden war.
Die Forschenden analysierten die Aufzeichnungen, um festzustellen, wie viele Patienten eine von vier Magen-Darm-Erkrankungen entwickelten, und verglichen diese Rate mit Patienten, die ein anderes Medikament zur Gewichtsreduktion, Bupropion-Naltrexon, einnahmen.
Im Vergleich zu Bupropion-Naltrexon waren die GLP-1-Rezeptoragonisten (Inkretinmimetika) mit einem:
9-mal höheres Risiko einer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) Bauchspeicheldrüse, die starke Bauchschmerzen verursachen und in einigen Fällen einen Krankenhausaufenthalt und eine Operation erfordern kann.
4-mal höheres Risiko eines Darmverschlusses, bei dem die Nahrung nicht durch den Dünn- oder Dickdarm gelangen kann, was zu Symptomen wie Krämpfen, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen führt. Je nach Schweregrad kann eine Operation erforderlich sein.
3,7-mal höheres Risiko einer Gastroparese oder Magenlähmung, die die Passage der Nahrung vom Magen zum Dünndarm behindert und zu Symptomen wie Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen führt.
In der Studie wurde auch eine höhere Inzidenz von Gallenerkrankungen festgestellt, eine Gruppe von Erkrankungen, die die Gallenblase betreffen, aber der Unterschied erwies sich als statistisch nicht signifikant.
- Die Forscherinnen und Forscher sagen, dass diese Ereignisse zwar selten sind, aber bei Millionen von Menschen weltweit, die diese Medikamente einnehmen, könnte dies dennoch dazu führen, dass Hunderttausende von Menschen von diesen Krankheiten betroffen sind.
Diese Medikamente werden immer leichter zugänglich, und es ist besorgniserregend, dass die Menschen in einigen Fällen einfach online diese Art von Medikamenten bestellen können, ohne dass sie sich über die möglichen Folgen im Klaren sind, so Sodhi.
In der Zwischenzeit hoffen die Wissenschaftler, dass die Zulassungsbehörden und die Arzneimittelhersteller eine Aktualisierung der Warnhinweise für ihre Produkte in Erwägung ziehen, die derzeit das Risiko einer Gastroparese nicht berücksichtigen.
- Diese Informationen sind für Patientinnen und Patienten von entscheidender Bedeutung, damit sie sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung begeben und schwerwiegende Folgen vermeiden können, so die Autoren der Studie.
Wirkmechanismus von GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Zur Wirkstoffgruppe der GLP-1-Rezeptor-Agonisten oder auch GLP-1-Analoga zählen unter anderem Präparate wie beispielsweise Dulaglutid, Exenatid, Semaglutid, Liraglutid und Lixisentid (letzteres nur als Kombinationspräparat mit Insulin glargin).
Das Kürzel GLP-1 steht für „Glucagon-like Peptide-1“. Es handelt sich dabei um eines der Darm– Hormone, das vom menschlichen Organismus als Reaktion auf die Nahrungsaufnahme ausgeschüttet wird.
GLP-1 ist an der Regulation des Glukosestoffwechsels beteiligt, indem es die Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse fördert und gleichzeitig das Hormon Glukagon, einen „Gegenspieler“ (Antagonisten) des Insulins, hemmt. Außerdem trägt GLP-1 dazu bei, dass das Sättigungsgefühl früher eintritt. Die sogenannten GLP-1-Rezeptor-Agonisten ahmen die Wirkungsweise des Darmhormons GLP-1 nach.
Im Unterschied zu den meisten anderen Arzneimitteln gegen Diabetes außer Insulin gibt es die GLP-1-Rezeptor-Agonisten bislang nicht in Tablettenform, sondern nur als Injektion ins Unterhautfettgewebe. Die Analoga wirken im Gegensatz zum „echten“ GLP-1 deutlich länger, so dass die Injektionen ins Unterhautfettgewebe je nach Präparat ein- bis zweimal täglich oder sogar nur einmal wöchentlich erfolgen müssen.
Da das Unterzuckerungsrisiko (Hypoglykämie) bei der Therapie mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten gering ist, kann auf eine engmaschige Blutzuckerkontrolle verzichtet werden. Die Präparate wirken sich zudem günstig auf das Körpergewicht und den Blutdruck aus.
- Ferner zeigen Studien, dass einige GLP-1-Rezeptoragonisten das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können.
Daher werden GLP-1-Rezeptor-Agonisten mit diesen Eigenschaften in den neuen Leitlinien zur Behandlung des Diabetes Typ 2 für Patientinnen und Patienten empfohlen, die ein hohes oder sehr hohes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall haben oder bereits einen erlitten haben.
GLP-1-Rezeptoragonisten (Inkretinmimetika) werden bei Erwachsenen mit Diabetes Typ 2 eingesetzt, in der Regel in Kombination mit oralen Antidiabetika und/oder Basalinsulin, wenn die bis dato angewendete Therapie zusammen mit Bewegung und Gewichtsabnahme nicht ausreicht, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Die Medikamente wirken stark blutzuckersenkend.
Welche Nebenwirkungen bei der Einnahme von GLP-1-Agonisten sind bekannt?
1. Die häufigsten bekannten Nebenwirkungen von GLP-1-Agonisten sind:
- Appetitlosigkeit
- Übelkeit
- Erbrechen
- Durchfall
Diese Nebenwirkungen treten häufiger auf, wenn mit der Einnahme des Medikaments begonnen oder die Dosis erhöht wird.
2. Andere Nebenwirkungen von GLP-1-Agonisten können sein:
- Schwindel, Schwindelanfälle
- schneller Herzschlag (leichte Tachykardie)
- Infektionen
- Kopfschmerzen
- Verdauungsstörungen (Magenverstimmung)
- vorübergehendes leichtes Jucken und/oder Rötung der Haut an der Injektionsstelle
3. Schwerwiegende – aber eher selten auftretende – Nebenwirkungen können sein:
- Bauchspeicheldrüsenentzündung
- Medullärer Schilddrüsenkrebs
- Akute (plötzliche) Nierenschädigung
- Verschlimmerung einer diabetischen Retinopathie
Risiken oder Komplikationen bei der Einnahme von GLP-1-Agonisten
GLP-1-Agonisten gelten im Allgemeinen als sicher. Es gibt jedoch einige mögliche Gesundheitsrisiken, die beachtet werden müssen:
- Allergische Reaktionen
- Anwendung während der Schwangerschaft
- Niedriger Blutzucker (Hypoglykämie)
GLP-1 Agonisten und allergische Reaktionen
Bei einigen Patienten kommt es zur Bildung von Antikörpern gegen GLP-1-Agonisten, insbesondere gegen Exenatid. Dies kann zu Problemen mit der Wirksamkeit des Medikaments führen.
Außerdem kann es zu allergischen Reaktionen an der Einstichstelle und möglicherweise zu einer Anaphylaxie, einer schweren allergischen Reaktion, kommen.
Bei anhaltendem Juckreiz, Rötung oder anderen Symptomen einer allergischen Reaktion an der Einstichstelle sollten sich Patientinnen und Patienten an ihre Ärztin oder ihren Arzt wenden.
Wenn Symptome einer Anaphylaxie, einer akuten potenziell lebensbedrohliche IgE-vermittelten allergischen Reaktion auftreten, ist sofort ein Notarzt zu rufen oder die nächstgelegene Notfallambulanz aufzusuchen.
Symptome einer Anaphylaxie (allergischer Schock) können sein:
- Kurzatmigkeit oder Keuchen
- Nesselsucht
- Schluckbeschwerden
- Rötung der Haut, roter Hautausschlag
- Bauchschmerzen
- Engegefühl in der Brust
- Gefühl der Niedergeschlagenheit oder Angst
GLP-1-Agonisten und Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Bei der Einnahme von GLP-1-Agonisten besteht ein geringes Risiko für leichte Unterzuckerungen (Hypoglykämien).
Das Risiko kann ernst werden, wenn Patienten GLP-1 zusammen mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten wie Sulfonylharnstoffen oder Insulin einnehmen.
Eine Hypoglykämie ist ein Blutzuckerwert unter 70 mg/dl. Ohne entsprechende Behandlung kann eine schwere Hypoglykämie lebensbedrohlich sein.
Symptome einer Hypoglykämie können sein:
- Zittern oder Schüttelfrost
- Schwitzen, Frösteln
- Schwindel oder Benommenheit
- Schwäche
- schneller Herzschlag
- starker Hunger (Hyperphagie)
- Denkstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten
- helle Haut (Blässe)
- Übelkeit
Um eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) zu behandeln, ist es notwendig, Zucker (Fruktose) oder Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, beispielsweise eine halbe Banane oder eine halbe Tasse Apfelsaft.
Quellen
- MedizinDoc mit Material von National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK), NHS (UK), Deutsche Diabetes-Hilfe e.V., Cleveland Clinic
- Risk of Gastrointestinal Adverse Events and Glucagon-Like Peptide-1 Receptor Agonists for Weight Loss, Journal of the American Medical Association (2023). DOI: 10.1001/jama.2023.19574
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