Aktueller Forschungstand: Wie schädlich ist die Antibabypille wirklich?

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M.A. Dirk de Pol, aktualisiert am 13. Juli 2023, Lesezeit: 10 Minuten

Die Antibabypille hat seit ihrer Einführung in den 1960er Jahren die Art und Weise revolutioniert, wie Frauen ihre Fortpflanzungsgesundheit steuern. Sie hat es vielen ermöglicht, ihre Karrieren und ihr Leben nach ihren eigenen Bedingungen zu gestalten.

Doch trotz ihrer Vorteile haben viele Fragen über die Sicherheit und mögliche Nebenwirkungen der Pille aufgeworfen.

  • Wie schädlich ist die Pille? Wie wirkt sie und wie sicher verhütet sie? Wo liegen die Risiken?

Wie wirkt die Antibabypille?

Die Antibabypille, als Verhütungsmittel weit verbreitet, besteht in der Regel aus den beiden Hormonen Östrogen und Gestagen. Das Gestagen imitiert das körpereigene Progesteron. Die kontinuierliche Einnahme dieser beiden Hormone hat verschiedene Auswirkungen:

  1. Unterdrückung des Eisprungs: Die Antibabypille verhindert den Eisprung, indem sie die Produktion der für den Eisprung verantwortlichen Hormone FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) reduziert.
  2. Verhinderung der Einnistung einer befruchteten Eizelle: Die Pille verändert die Schleimhaut der Gebärmutter so, dass sich eine befruchtete Eizelle nicht darin einnisten kann.
  3. Verdickung des Gebärmutterhals-Schleims: Durch die Einnahme der Pille wird der Schleim im Gebärmutterhals verdickt, was den Spermien erschwert, zur Eizelle vorzudringen.

Diese drei Veränderungen führen dazu, dass die Antibabypille eine Schwangerschaft verhindert. Es gibt jedoch auch Pillen, die nur ein Gestagen enthalten, wie die sogenannte Minipille.

Wie sicher ist die Antibabypille?

Die Antibabypille ist bei korrekter Anwendung eine sichere Verhütungsmethode. Bei 1000 Frauen, die ein Jahr lang die Pille nehmen, wird im Durchschnitt nur eine Frau schwanger. Es gibt jedoch Faktoren, die die Wirksamkeit der Pille beeinträchtigen können, wie beispielsweise Durchfall, Erbrechen, vergessene Einnahme der Pille oder die gleichzeitige Verwendung bestimmter Medikamente, wie einigen Antibiotika, Cholesterin– und Blutdrucksenkern, Pilzinfektionsmitteln und Johanniskraut.

Einfluss des Enzyms CYP3A4 auf die Hormonwirkung

Ein wichtiger Faktor, der die Wirkung der Hormone in der Pille beeinflusst, ist das Enzym CYP3A4. Die Hormone gelangen über den Darm in den Blutkreislauf und erreichen die Leber. Dort werden einige der Hormone auf natürliche Weise durch das Enzym CYP3A4 in inaktive Formen umgewandelt. Dieser Prozess betrifft nicht nur die Pille, sondern auch viele andere Medikamente.

Die Aktivität des Enzyms CYP3A4 sowie die Konzentration der Hormone in der Pille sind entscheidend dafür, ob ausreichend Hormone den Abbau durch das Enzym überstehen, um den Eisprung zu unterdrücken.

Bestimmte Medikamente wie Johanniskraut, Rifamycin-Antibiotika, ältere Antiepileptika und einige HIV-Medikamente können die Bildung von CYP3A4 anregen und somit den Abbau der Hormone aus der Pille erhöhen. Dadurch steigt das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft. Das Ausmaß dieses Risikos hängt auch von der Dosierung der Pille ab. Generell gilt, dass niedrigere Dosierungen ein höheres Risiko für eine verminderte Wirksamkeit der Pille mit sich bringen.

Risiken im Zusammenhang mit der Antibabypille

Abgesehen von den möglichen unangenehmen, aber ungefährlichen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Spannungsgefühl in der Brust gibt es schwerwiegendere Risiken im Zusammenhang mit der Antibabypille.

Ein solches Risiko ist die Bildung von Thrombosen, also Blutgerinnseln, die die Blutgefäße blockieren können. Eine Thrombose, die sich von einer Beinvene in die Lunge oder das Herz löst, kann lebensbedrohlich sein. Das Risiko für eine Thrombose ist generell gering, wird jedoch durch bestimmte Pillen der dritten und vierten Generation erhöht, die andere Hormone enthalten als ältere Pillen.

Die Einteilung der Pillen in verschiedene Generationen erfolgt aufgrund der zeitlichen Entwicklung und der Veränderung der Hormonzusammensetzung.

Das Risiko für eine Thrombose ist besonders hoch in den ersten Monaten der Pilleneinnahme. Danach sinkt es ab, steigt jedoch erneut an, wenn die Pille abgesetzt und wieder eingenommen wird. Das Risiko variiert je nach Generation der Pille. Die Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt besonders bei Erstverordnung und bei Anwenderinnen unter 30 Jahren Pillen mit Levonorgestrel, da diese ein geringeres Risiko für Venenthrombosen aufweisen.

Es ist wichtig zu beachten, dass das individuelle Thromboserisiko von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, wie Rauchen, starkes Übergewicht, familiäre Veranlagung für Gefäßerkrankungen und zunehmendes Alter. Frauen mit einem oder mehreren dieser Risikofaktoren sollten daher zusammen mit ihrem Arzt sorgfältig abwägen, ob die Pille das geeignete Verhütungsmittel für sie ist.

Fördert die Pille Migräne?

Bei Frauen mit Migräne wird oft davon abgeraten, die Pille einzunehmen, da das Östrogen in der Pille das Risiko für Schlaganfälle erhöhen kann. Diese Erkenntnis stammt jedoch aus den 1970er Jahren, als die Pillen noch höhere Östrogendosen enthielten. Mit der Reduzierung der Östrogendosis in den Pillen sank auch das Risiko für Durchblutungsstörungen. Frauen mit Migräne mit Aura-Symptomen haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, während Frauen mit Migräne ohne Aura kein erhöhtes Risiko haben.

Es wird nicht generell von der Pille abgeraten, sondern eine individuelle Abwägung mit dem Frauenarzt oder Neurologen empfohlen. Bei einigen Frauen kann die Pille sogar helfen, Migräneattacken zu reduzieren, insbesondere bei Migräne ohne Aura. Es wird empfohlen, die Pille ohne Pause einzunehmen, um den Abfall des Östrogenspiegels zu verhindern und so Migräneattacken zu verringern.

Es kann jedoch auch vorkommen, dass sich Migräne mit Aura-Symptomen unter der Pille entwickelt oder verschlimmert. Die genauen Gründe dafür sind noch nicht abschließend geklärt.

Löst die Pille Depressionen aus?

In Bezug auf Depressionen zeigen Studien, dass im ersten Jahr der Pilleneinnahme statistisch gesehen mehr Antidepressiva verschrieben werden. Es wird vermutet, dass Frauen, deren Stimmung weniger stark schwankt, die Veränderungen durch die Pille als bedrückend empfinden können, insbesondere wenn positive Gefühle weniger ausgeprägt sind. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Pille eine ansonsten gesunde Frau depressiv macht.

Frauen, die bereits prädepressiv sind, können jedoch unter der Pilleneinnahme erstmals auffällig werden. Das Risiko dafür ist jedoch gering und scheint bei jungen Frauen, die die Pille nehmen, höher zu sein als bei gleichaltrigen Frauen ohne Pille.

Derzeit gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Pille und einem erhöhten Selbstmordrisiko. Dennoch wird in den Packungsbeilagen von hormonellen Verhütungsmitteln vor Stimmungsschwankungen oder depressiven Symptomen gewarnt. Frauen sollten bei entsprechenden Symptomen ihren Arzt aufsuchen.

Steigert die Pille das Krebsrisiko?

Die Pille kann das Risiko für Brustkrebs leicht erhöhen, insbesondere während der Einnahme. Spätestens zehn Jahre nach dem Absetzen der Pille ist das Risiko jedoch nicht mehr erhöht. Bei längerer Pilleneinnahme wurde auch ein leicht erhöhtes Risiko für Leberkrebs und Gebärmutterhalskrebs festgestellt. Gleichzeitig senken Kombinationspillen mit Östrogen und Gestagen das Risiko für Gebärmutterkrebs und Eierstockkrebs. Studien haben auch gezeigt, dass die Pille wahrscheinlich das Risiko für Darmkrebs senkt.

Wie ist Einfluss der Pille auf die Libido?

Der Einfluss der Pille auf die Libido ist widersprüchlich, und es gibt nur wenige aussagekräftige Studien zu diesem Thema. Unterschiedliche Parameter beeinflussen das sexuelle Verlangen, wodurch es schwierig ist, körperliche und psychologische Ursachen voneinander zu trennen. Einige Frauen berichten von einer gedämpften Libido unter der Pille, während andere von einer gesteigerten Libido berichten.

  • Die Mehrheit der Frauen bemerkt keine Veränderung. Weitere Forschung ist erforderlich, um die Auswirkungen der Pille auf die Libido genauer zu verstehen.

Hilft die Pille bei Endometriose?

Die Pille kann bei Frauen mit Endometriose Schmerzen lindern. Endometriose ist eine gutartige Erkrankung, bei der sich Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedelt. Diese Wucherungen können starke Schmerzen während der Menstruation und davor verursachen. Durch die hormonelle Therapie mit der Pille kann das Wachstum und die Entzündung der Wucherungen verringert werden, was zu einer Linderung der Symptome führt. Die Pille heilt jedoch nicht die Erkrankung selbst.

Auswirkungen des Absetzens der Pille

Das Absetzen der Pille führt dazu, dass sich der Hormonhaushalt wieder einpendeln muss. Es kann zu verschiedenen Auswirkungen auf den Körper kommen, wie Haarausfall, Hautunreinheiten, Gewichtsverlust aufgrund des Verschwindens von Wasserretention oder einer gesteigerten Libido. Die Menstruation kann vorübergehend ausbleiben oder unregelmäßig sein, ebenso wie der Eisprung. Eine längere Ausbleiben der Periode ist selten und tritt bei etwa 1 bis 5 Prozent der Frauen auf. In der Regel normalisiert sich der Zyklus innerhalb weniger Monate.

Bei Frauen, die vor der Pille starke Regelschmerzen hatten, können diese nach dem Absetzen zurückkehren. Es ist wichtig zu beachten, dass das Absetzen der Pille verschiedene Auswirkungen haben kann. Bei Unsicherheiten sollten Frauenärzte oder Frauenärztinnen konsultiert werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Pille eine effektive Verhütungsmethode ist, aber auch Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt. Jede Frau sollte individuell mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin über die Vor- und Nachteile der Pille sprechen, um die beste Entscheidung für sich selbst zu treffen. Es ist wichtig, die persönlichen Risikofaktoren und Bedürfnisse zu berücksichtigen und aufmerksam auf Veränderungen des eigenen Körpers zu achten.

Quellen


Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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