Durch das Einatmen von schmutziger Luft werden Darmbakterien beziehungsweise das Darmmikrobiom stark angegriffen. Dadurch erhöht sich das Risiko von Fettleibigkeit, Diabetes, Magen-Darm-Erkrankungen und anderen chronischen Krankheiten, wie neue Forschungsergebnisse der University of Colorado Boulder zeigen.
- Die Ergebnisse der Studie wurden online in der Zeitschrift Environment International veröffentlicht. Es ist die erste Untersuchung, die einen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Veränderungen in der Struktur und Funktion des menschlichen Darmmikrobioms herstellt.
Ozon, ein farbloses und giftiges Gas, ist laut den Studienergebnisse besonders gefährlich. Junge Erwachsene, die höheren Ozonkonzentrationen ausgesetzt sind, zeigten eine geringere mikrobielle Vielfalt und mehr von bestimmten Arten, die mit Fettleibigkeit und Krankheiten in Verbindung gebracht werden.
Aus früheren wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass Luftschadstoffe eine ganze Reihe von negativen Auswirkungen auf die Gesundheit haben können, so die leitende Autorin Tanya Alderete, Assistant Professor für integrative Physiologie an der University of Colorado Boulder mit Verweis auf Studien, die Smog mit Diabetes Typ-2, Gewichtszunahme und entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung gebracht haben.
- Das Besondere an der vorliegenden Studie ist, dass einige dieser Auswirkungen auf Veränderungen im Darm zurückzuführen sein könnten.
Weltweit sterben jährlich circa 9 Millionen Menschen an Luftverschmutzung – mehr als durch Rauchen oder Krieg. Während der Gesundheit der Atemwege viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, haben frühere Studien von Tanya Alderete gezeigt, dass die Luftverschmutzung auch die Fähigkeit des Körpers, den Blutzucker zu regulieren und das Risiko für Fettleibigkeit beeinflussen kann.
Andere Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass der Besuch von Notaufnahmen für gastrointestinale Probleme an Tagen mit hoher Umweltverschmutzung stark ansteigt und dass Jugendliche mit hoher Belastung durch Verkehrsabgase ein größeres Risiko haben, an Morbus Crohn zu erkranken.
Um herauszufinden, was genau im Darm passiert, hat Alderete’s Team mit Hilfe neuester Ganzgenom-Sequenzierung Fäkalproben von 101 jungen Erwachsenen in Südkalifornien analysiert. Die Forscher werteten die Daten von Luftüberwachungs-Stationen in der Nähe der Wohnorte der Probanden aus, um ihre letztjährige Belastung durch Ozon, Partikel (gefährliche Partikel, die in der Luft schweben) und Distickstoffoxid (ein toxisches Nebenprodukt der Verbrennung fossiler Brennstoffe) zu berechnen.
Von allen gemessenen Schadstoffen hatte Ozon mit Abstand die größte Auswirkung auf den Darm. Bei Personen, die dem Ozon stärker ausgesetzt waren, lebten auch weniger unterschiedliche Bakterien in ihrem Darm. Dieser Befund ist wichtig, da eine geringere (Bakterien-)Vielfalt mit Fettleibigkeit und Diabetes Typ-2 in Verbindung gebracht wurde, so die Forscher.
Menschen mit einer höheren Ozonbelastung wiesen auch eine größere Häufigkeit einer bestimmten Bakterienart namens Bacteroides caecimuris auf. Das ist insofern von Bedeutung, da einige Studien hohe Werte von Bacteroides mit Fettleibigkeit in Verbindung gebracht haben.
Insgesamt identifizierten die Forscher 128 Bakterienarten, die durch eine erhöhte Ozonbelastung beeinflusst wurden. Einige davon könnten die Freisetzung von Insυlinhormon beeinflussen, dem Hormon, das für die Energiezufuhr von Glukose in die Muskeln verantwortlich ist.
- Andere Bakterienarten können Metaboliten produzieren, darunter Fettsäuren, die die Integrität der Darmbarriere aufrechterhalten und helfen Entzündungen abzuwehren.
Ozon verändert wahrscheinlich die Umgebung des Darms, so dass einige Bakterien gegenüber anderen bevorzugt werden, was gesundheitliche Folgen haben kann, so die Wissenschaftler.
Die Studie war relativ klein und hat einige Einschränkungen, unter anderem die Tatsache, dass nur einmal Stuhlproben entnommen wurden (Zu der vorliegenden Untersuchung haben Forscher der University of North Carolina in Charlotte, der University of California San Diego und der University of Southern California beigetragen).
Die Forscher führen nun eine weitere Studie an jungen Erwachsenen durch. Dabei soll auch untersucht werden, wie sich die pränatale oder frühkindliche Belastung durch Luftverschmutzung auf die Bildung des Darmmikrobioms bei 240 Säuglingen auswirkt.
Quellen
- University of Colorado Boulder
- Environment International
- Farnaz Fouladi, Maximilian J. Bailey, et al., Air pollution exposure is associated with the gut microbiome as revealed by shotgun metagenomic sequencing, Environment International, https://doi.org/10.1016/j.envint.2020.105604.
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