Studie: Kann ein Wirkstoff in Tomaten die Spermienqualität und die Fruchtbarkeit des Mannes verbessern?

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 20. September 2023, Lesezeit: 7 Minuten

Mit einer Nährstoffverbindung, die in Tomaten enthalten ist, lässt sich nachweislich die Spermienqualität verbessern.

Männer, die ein Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Lacto-Lycopin einnahmen, hatten fast 40 Prozent mehr „schnell schwimmende“ Spermien (Samenflüssigkeit) und gleichzeitig eine verbesserte Spermiengröße und -form.

Wie Spermienqualität und Fruchtbarkeit bei Männern verbessert werden können: Nach Forschungsergebnissen der Universität Sheffield kann die Spermienqualität durch eine Nahrungsergänzung mit Lycopin, das in Tomaten in hoher Konzentration vorkommt, verbessert werden.

Diese Entdeckung könnte die Aussichten für Männer mit Fruchtbarkeitsproblemen verändern und zu neuen Ansätzen führen, um die negativen Auswirkungen des modernen Lebens auf die männliche Fortpflanzungsfähigkeit zu verringern.

  • Etwa 40 bis 50 Prozent aller Fälle von Unfruchtbarkeit bei Paaren sind auf die Unfruchtbarkeit des Mannes zurückzuführen.

Wirkung von Lacto-Lykopen auf den Anteil an schnell schwimmendem Sperma

Die erste randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudie zur Untersuchung der Wirkung von Lacto-Lycopin bei Männern wurde von Allan Pacey, Professor für Andrologie und Fortpflanzung und Leiter der Abteilung für Onkologie und Stoffwechsel an der Universität Sheffield, und Dr. Liz Williams, einer führenden Expertin für menschliche Ernährung an der Universität Sheffield, durchgeführt.

Das Team fand heraus, dass es möglich ist, den Anteil der Spermien mit gesunder Form (Spermienmorphologie) zu erhöhen und gleichzeitig den Anteil der Spermien, die schnell schwimmen, um etwa 40 Prozent zu steigern.

Lycopin ist ein Antioxidans aus der Klasse der Carotinoide. Der essentielle Nährstoff kommt in einigen Obst- und Gemüsesorten vor. Die wichtigste Lycopinquelle ist jedoch die Tomate.

Lycopin ist ein Pigment, das Tomaten ihre rote Farbe verleiht, aber es wird vom menschlichen Körper nur schlecht aufgenommen, so dass für die Studie eine kommerzielle Wirkstoffkombination namens Lacto-Lycopin verwendet wurde, die von FutureYou Cambridge entwickelt wurde, um die Bioverfügbarkeit zu verbessern.

Verbesserung der Morphologie

An der 12-wöchigen Studie nahmen 60 gesunde Männer im Alter von 19 bis 30 Jahren teil. Die Hälfte der Probanden nahm 12 Wochen lang täglich ein Nahrungsergänzungsmittel mit Lacto-Lycopin ein, die andere Hälfte erhielt ein identisches Placebo.

Weder die Forscher noch die Probanden wussten, wer das Lacto-Lycopin und wer das Placebo erhielt. Zu Beginn und am Ende der Studie wurden Spermien- und Blutproben entnommen.

Die Forscher hatten nicht erwartet, dass sich die Spermien der Männer, die Lacto-Lycopin eingenommen hatten, am Ende der Studie von denen der Placebo-Gruppe unterschieden. Anch Aussage von Professor Allan Pacey von der Universität Sheffield war die Verbesserung der Morphologie – der Größe und Form der Spermien – enorm.

Obwohl es sich um eine kleine Studie handelt, die in größeren Studien wiederholt werden muss, sind die Ergebnisse sehr ermutigend. Als Nächstes will das Forscherteam der Universität Sheffield die Studie an Männern mit Fruchtbarkeitsproblemen wiederholen, um zu sehen, ob Lacto-Lycopin auch bei ihnen die Spermienqualität signifikant verbessern kann.

Weitere Einflussfaktoren auf die Spermienqualität

Es gibt mehrere weitere Faktoren, die die Spermienqualität beeinflussen können. Einige der wichtigsten sind:

Ein gesundes Normalgewicht: Männer, die übergewichtig oder fettleibig sind, können eine schlechtere Spermienqualität haben. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung können helfen, ein gesundes Gewicht zu halten.

Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum vermeiden: Sowohl Rauchen als auch übermäßiger Alkoholkonsum können sich negativ auf die Qualität der Samenflüssigkeit auswirken. Mit dem Rauchen aufzuhören und den Alkoholkonsum einzuschränken, kann die Spermienqualität verbessern.

Ausreichend Schlaf: Schlaf ist wichtig für die allgemeine Gesundheit, einschließlich der Fortpflanzungsgesundheit. Ausreichend Schlaf jede Nacht kann helfen, die Spermienqualität zu verbessern.

Stress reduzieren: Starker Stress kann zu hormonellen Ungleichgewichten führen und sich negativ auf die Spermienqualität und mithin auf die Fruchtbarkeit des Mannes auswirken. Stressreduzierende Aktivitäten wie Meditation oder Yoga können helfen, die Spermienqualität zu verbessern.

Gesunde Ernährung: Eine Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, magerem Eiweiß und gesunden Fetten ist, kann zur Verbesserung der Spermienqualität beitragen.

Nahrungsergänzungsmittel: Einige Nahrungsergänzungsmittel wie Folsäure, Zink und Vitamin C können die Qualität der Spermien verbessern. Es ist jedoch wichtig, vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln einen Arzt zu konsultieren.

Exposition gegenüber Giftstoffen vermeiden: Der Kontakt mit Umweltgiften wie Pestiziden und Chemikalien kann die Spermienqualität negativ beeinflussen. Die Belastung durch diese Gifte zu vermeiden, wann immer es möglich ist, kann helfen, die Spermien-Qualität zu verbessern.

Bisphenol A (BPA) beeinträchtigt die männliche Fortpflanzungsfähigkeit

Bisphenol A (BPA) ist eine synthetische Form des Östrogens, die in vielen Konservendosen und Plastikprodukten vorkommt und sehr gesundheitsschädlich ist.

  • Bisphenol A ist ein Ausgangsstoff für die Herstellung von Epoxidharzen. Das sind Kunststoffe, mit denen Konservendosen häufig innen beschichtet werden, um Korrosion zu verhindern.
  • Bisphenol A ist eine Verbindung, die sich an Östrogenrezeptoren im Körper bindet und auch die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann.

Eine Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) in Deutschland hat 2017 ermittelt, wie viel Bisphenol A aus der Epoxidharzbeschichtung der Innenseite von Konservendosen in die Lebensmittel übergeht. Untersucht wurden Konserven mit Thunfisch, Tomaten, KokosMilch sowie Mais und Sauerkraut.

Mehr als knapp 73 Prozent der untersuchten Lebensmittelproben waren belastet. Das stark gesundheitsgefährdende Bisphenol A konnte in häufig verzehrten Thunfisch-, Tomaten- und Kokosmilchkonserven aus den Regalen aller bekannten Supermarktketten nachgewiesen werden. Der niedrigste Wert lag bei 7,4, der höchste bei 510 Mikrogramm pro Kilogramm.

Bisphenol A wirkt wie das weibliche Hormon Östrogen. Im Tierversuch führte Bisphenol A bereits in geringen Konzentrationen zu Störungen der Gehirnentwicklung und der Fortpflanzung. Auch beim Menschen gilt Bisphenol A unter anderem als Mitverursacher von Kreislauferkrankungen, Diabetes, Übergewicht, Adipositas, Störungen des Immunsystems sowie Brustkrebs und Hodenkrebs.

Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kann Bisphenol A in geringen Mengen als Rückstand in Kunststoffen enthalten sein und gegebenenfalls aus diesen freigesetzt werden. Bis zum Verbot Anfang 2020 wurde BPA auch in Thermopapieren (z.B. für Kassenbons) verwendet.

Bisphenol A wurde von der Europäischen Kommission als fortpflanzungsgefährdender Stoff der Kategorie 1B eingestuft. Aus diesem Grund und wegen seiner endokrinen Eigenschaften für die menschliche Gesundheit und die Umwelt wurde Bisphenol A im europäischen Chemikalienrecht als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft.

Nach Informationen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) nimmt der Mensch den Stoff vor allem über die tägliche Nahrung auf, aber auch Luft, Staub oder Wasser sind mögliche Quellen für Bisphenol A.

Der Stoff besitzt eine geringe akute Toxizität. Bei langfristiger Aufnahme (Exposition) wird er im Tierversuch jedoch mit einer Reihe von unerwünschten gesundheitlichen Wirkungen und Nebenwirkungenin Verbindung gebracht.

Inwieweit Bisphenol A die menschliche Gesundheit beeinträchtigt, ist seit Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen und konnte bisher nicht abschließend geklärt werden.

Quellen

Beitrag: Was sind die Ursachen für die sinkende Spermienqualität und wie lässt sich die Spermienqualität verbessern?

vgt


Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

 

 

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