Studie: Demenz mit spielerischen Training entgegenwirken

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 18. Dezember 2023, Lesezeit: 5 Minuten

Demenzforschung: Alle Versuche, ein Medikament zur Heilung von Demenz zu finden, sind bisher gescheitert. Demenzerkrankungen, darunter auch die Alzheimer-Krankheit – die häufigste Form der Demenz -, sind nach wie vor nicht heilbar.

Neue Behandlungsmöglichkeit für Demenzkranke

Eine klinische Studie in Belgien, an der Eling de Bruin von der ETH Zürich beteiligt war, hat nun erstmals gezeigt, dass ein kognitiv-motorisches Training sowohl die kognitiven als auch die körperlichen Fähigkeiten von stark beeinträchtigten Demenzpatienten verbessert. Für die Studie wurde ein vom ETH-Spin-off Dividat entwickeltes Fitness-Spiel, ein sogenanntes Exergame, eingesetzt.

Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten dank Training

Bereits 2015 zeigte ein Wissenschaftlerteam um den ETH-Forscher Patrick Eggenberger, dass ältere Menschen, die Körper und Geist gleichzeitig trainieren, bessere kognitive Leistungen zeigen und so kognitiven Beeinträchtigungen vorbeugen können. Die Studie wurde allerdings nur mit gesunden Probanden durchgeführt.

Dass sich körperliches und kognitives Training auch positiv auf Demenzerkrankungen auswirkt, wird schon länger vermutet, so die Forscher. Bisher sei es jedoch schwierig gewesen, Demenzpatienten über einen längeren Zeitraum zu körperlicher Aktivität zu motivieren.

Spielerisches Training für Demenzkranke

Um dieses Problem zu lösen, entwickelten die Forscher ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm, das die Lebensqualität älterer Menschen verbessert. Um auch Menschen mit körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen zum Training zu motivieren, wurden spielerische Übungen entwickelt.

Die Plattform besteht aus einem Bildschirm mit der Spielsoftware und einer Bodenplatte mit vier Feldern, die Schritte, Gewichtsverlagerung und Gleichgewicht messen. Die Benutzerinnen und Benutzer versuchen, mit ihren Füßen eine auf dem Bildschirm angezeigte Bewegungssequenz auszuführen und trainieren so gleichzeitig ihre körperlichen und kognitiven Funktionen. Die Tatsache, dass das Fitnessspiel auch Spaß macht, erleichtert es, die Probanden zu einem regelmäßigen Training zu motivieren.

Acht Wochen Training für Demenzkranke

Die Forschenden rekrutierten 45 Probanden für die Studie. Die Probanden waren Bewohner zweier belgischer Pflegeheime, zum Zeitpunkt der Studie im Durchschnitt 85 Jahre alt und alle litten an schweren Demenzsymptomen.

Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe trainierte acht Wochen lang dreimal wöchentlich 15 Minuten lang mit dem Dividat Senso, während die zweite Gruppe nur Musikvideos ihrer Wahl hörte und ansah. Am Ende des achtwöchigen Trainingsprogramms wurde die körperliche, kognitive und mentale Leistungsfähigkeit aller Probanden im Vergleich zum Beginn der Studie gemessen.

Regelmäßiges Spielen zeigt Wirkung

Die Ergebnisse geben Demenzkranken und ihren Angehörigen Hoffnung: Das Training mit dem Gerät verbesserte tatsächlich kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis und Orientierung. Zum ersten Mal besteht den Forschern zufolge die Hoffnung, dass durch gezieltes Spielen die Symptome von Demenz nicht nur verzögert, sondern auch abgeschwächt werden können.

Besonders auffällig war, dass sich der Gesundheitszustand der Kontrollgruppe über den Zeitraum von acht Wochen weiter verschlechterte, während in der Trainingsgruppe deutliche Verbesserungen zu verzeichnen waren. Diese sehr ermutigenden Ergebnisse stehen im Einklang mit der Erwartung, dass sich der Gesundheitszustand von Demenzpatienten ohne Training eher verschlechtert, so die Forscher.

Das spielerische Training wirkte sich aber nicht nur positiv auf die kognitiven Fähigkeiten aus – auch bei den körperlichen Fähigkeiten, wie zum Beispiel der Reaktionszeit, konnten die Forscher positive Effekte messen.

Bereits nach acht Wochen reagierten die Probanden der Trainingsgruppe deutlich schneller, während die Kontrollgruppe schlechter wurde. Dies ist insofern ermutigend, als die Geschwindigkeit, mit der ältere Menschen auf Reize reagieren, entscheidend dafür ist, ob sie einen Sturz vermeiden können.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Alzheimer’s Research & Therapy veröffentlicht.

Ein besseres Verständnis der Gehirnprozesse

Die Forschergruppe um de Bruin arbeitet derzeit daran, die Ergebnisse dieser Pilotstudie bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung – einer Vorstufe der Demenz – zu wiederholen. Dabei sollen die neuronalen Prozesse im Gehirn, die für die kognitive und körperliche Verbesserung verantwortlich sind, mit Hilfe von MRT-Scans genauer untersucht werden.

Wie lässt sich Demenz zudem verlangsamen?

Körperliche Aktivität und Bewegung fördern

Ein bewegungsreicher Lebensstil wirkt sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Als besonders hilfreich gelten unter anderen Ausdauer- und Koordinationstraining. Dies gilt nicht nur für ältere Menschen, sondern zeigt sich auch bei Jugendlichen und Menschen mittleren Alters und ist durch zahlreiche Studien belegt.

Bei bereits bestehenden kognitiven Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel Demenz, hängt es zwar vom Grad der Beeinträchtigung ab, ob die kognitiven Fähigkeiten weiter verbessert werden können, aber das Risiko eines weiteren Abbaus wird durch körperliche Aktivität in der Regel verringert, zum Teil sogar sehr stark.

Dabei geht es nicht darum, den Körper bis zur Erschöpfung zu trainieren, sondern mit kleinen Maßnahmen körperlich aktiv zu bleiben:

Auch durch gezielte geistige Aktivitäten kann die kognitive Leistungsfähigkeit möglichst lange erhalten oder verbessert werden. Ferner können sich soziale Einbindung, angepasste Ernährung positiv auswirken.

Darüber hinaus gibt es auch Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Ernährungsgewohnheiten (unter anderem erhöhter Fischkonsum, mediterrane Kost mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Bohnen, Nüssen, Samen und Olivenöl, aber wenig Fleisch und Wurstwaren sowie mäßiger Alkoholkonsum) vor Demenz schützen.

Quellen

  • ETH Zürich
  • Alzheimer’s Research & Therapy
  • Swinnen, N., Vandenbulcke, M., de Bruin, E.D. et al. The efficacy of exergaming in people with major neurocognitive disorder residing in long-term care facilities: a pilot randomized controlled trial. Alz Res Therapy 13, 70 (2021).

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