M.A. Dirk de Pol, aktualisiert am 28. Juli 2023, Lesezeit: 8 Minuten

Die Physiotherapie, auch als körperliche Therapie bezeichnet, ist ein medizinischer Bereich, der sich mit der Anwendung von Bewegungsübungen, Massagen und physikalischen Behandlungen befasst, um Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und die Muskelstärke zu fördern.

  • Dieser Artikel gibt einen detaillierten Einblick in die physiotherapeutischen Methoden, ihre Anwendungsbereiche, sowie die Rolle von aktiven und passiven Übungen bei der Genesung und Rehabilitation.

Methoden der Physiotherapie

Die Physiotherapie greift auf verschiedene Methoden zurück, um ihren therapeutischen Nutzen zu entfalten. Zu den häufig angewendeten Ansätzen gehören:

1. Aktive Übungen

Aktive Übungen spielen eine entscheidende Rolle in der physiotherapeutischen Behandlung. Hierbei werden Patienten ermutigt, aktiv an ihrer Genesung teilzunehmen. Die gezielten Bewegungsübungen helfen dabei, die Gelenkigkeit zu steigern und die Muskulatur zu stärken. Dies fördert nicht nur die schnelle Rehabilitation, sondern auch die langfristige Prävention von Verletzungen und Beschwerden.

2. Gelenkte Bewegungen

Gelenkte Bewegungen werden von geschulten Therapeuten durchgeführt und dienen dazu, gezielt bestimmte Bereiche des Körpers zu behandeln. Dieser Ansatz findet insbesondere Anwendung bei postoperativen Phasen, Verletzungen oder chronischen Erkrankungen. Durch die präzise Steuerung der Bewegungsabläufe wird eine optimale Unterstützung und Mobilisierung der betroffenen Bereiche erreicht.

3. Physikalische Behandlungen

Zu den physikalischen Behandlungen in der Physiotherapie zählen unter anderem die Anwendung von Wärme und Kälte. Wärmeanwendungen haben eine entspannende Wirkung auf die Muskulatur und fördern die Durchblutung, während Kälteanwendungen entzündungshemmend wirken und Schmerzen lindern können. Diese Therapieformen werden individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

Die Methoden der Physiotherapie finden Anwendung bei der Behandlung von akuten und chronischen Beschwerden, aber auch zur Vorbeugung oder Rehabilitation nach langwierigen Erkrankungen, Operationen oder Verletzungen.

Die Auswahl der geeigneten Behandlung hängt teilweise von den spezifischen Beschwerden und der zugrunde liegenden Erkrankung ab. Ebenso spielt es eine Rolle, ob es sich um akute Schmerzen oder bereits länger bestehende Probleme handelt. Persönliche Präferenzen sowie die allgemeine körperliche Verfassung eines Menschen spielen ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung für die passende Therapie.

Anwendungsbereiche der Physiotherapie

Die Physiotherapie ist ein vielseitiger Bereich, der eine breite Palette von Anwendungsbereichen umfasst. Physiotherapie kann sowohl bei akuten als auch chronischen Beschwerden zum Einsatz kommen. Von Rückenschmerzen über Gelenkprobleme bis hin zu Sportverletzungen – die Physiotherapie bietet eine gezielte Behandlung für verschiedene Gesundheitszustände. Nach chirurgischen Eingriffen oder Verletzungen ist die Physiotherapie ein unverzichtbarer Bestandteil der Rehabilitation. Sie trägt dazu bei, die Beweglichkeit wiederherzustellen, die Muskulatur zu stärken und die Genesung zu beschleunigen.

Physiotherapie bietet eine breite Palette von weiteren Anwendungsmöglichkeiten. Dazu gehören Beschwerden aufgrund von Verschleiß oder Verletzungen an Muskeln, Sehnen oder Gelenken, Arthrosebeschwerden, Beckenbodenprobleme wie Inkontinenz oder Schmerzen, Rheuma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Schlaganfall oder Multiple Sklerose und Entwicklungsprobleme bei Kindern, zum Beispiel im Bereich der Muskeln oder Knochen.

Darüber hinaus kann Physiotherapie auch hilfe- und pflegebedürftigen Menschen helfen, indem sie beispielsweise alltägliche Bewegungsabläufe trainiert, die Muskulatur stärkt und Stürze vermeidet.

Die Physiotherapie wird in verschiedenen medizinischen Einrichtungen angeboten, darunter Kliniken, Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen. Stationäre Patienten erhalten eine umfassende physiotherapeutische Betreuung vor Ort, während ambulante Behandlungen eine ärztliche Verordnung erfordern, die mehrere Sitzungen abdeckt.

Was umfasst eine Physiotherapie?

Der zentralste Aspekt der Physiotherapie ist die aktive Bewegungstherapie oder „Krankengymnastik“. Dies beinhaltet Übungen, die darauf abzielen, die Beweglichkeit, Koordination und Muskelkraft zu verbessern. Die Patientinnen und Patienten führen diese Übungen selbstständig nach Anweisung der Physiotherapeutin oder des Physiotherapeuten aus. Die Therapiesitzungen dienen in der Regel dazu, die Übungen zu erlernen. Um von den Übungen zu profitieren, ist es wichtig, sie regelmäßig zu Hause durchzuführen.

Eine Physiotherapie zielt oft auch darauf ab, allgemein mehr körperliche Bewegung in den Alltag zu integrieren. Gelegentlich werden auch passive Bewegungsübungen angewendet. Hierbei führt die Therapeutin oder der Therapeut die Gliedmaßen der Patientin oder des Patienten. Dies kann dazu beitragen, die Beweglichkeit steifer oder blockierter Gelenke zu verbessern. Solche geführten Bewegungen können auch als Vorbereitung für aktive Übungen dienen, zum Beispiel wenn das Bein oder der Arm noch nicht belastet werden darf.

Zusätzlich zur Bewegungstherapie gibt es in der Physiotherapie noch weitere Behandlungsmethoden, die unter dem Begriff physikalische Therapien zusammengefasst werden. Dazu gehören die Lymphdrainage, bei der Gewebsflüssigkeit durch Massage abgeführt wird, sowie Elektrotherapien mit schwachem Strom. Des Weiteren werden Wärmebehandlungen durchgeführt, wie zum Beispiel Bäder, Fangopackungen, Wärmelampen oder Ultraschall. Auch Kältebehandlungen mit Kühlpackungen oder Kaltluft sind möglich. Einige dieser Behandlungen lassen sich auch miteinander kombinieren.

Kostenübernahme und Versicherung

Physiotherapeuten und in bestimmten Bereichen Masseure sowie medizinische Bademeister, sind die Verantwortlichen für die Durchführung der Behandlungen. In Deutschland wird der Physiotherapeut nicht als unabhängiger Heilberuf betrachtet, sondern zählt zu den Gesundheitsfachberufen (vormals Heilhilfsberufe). Nur Ärzte haben das Recht, die medizinische Erforderlichkeit einer Behandlung festzulegen und diese zu verschreiben, außer bei präventiven Eingriffen.

Sporttherapeuten, Sportwissenschaftler und Sportlehrer erfüllen die Zulassungskriterien für den Physiotherapeuten nicht und sind daher nicht befugt, physiotherapeutische Heilverfahren, wie zum Beispiel Krankengymnastik, durchzuführen oder abzurechnen.

Ein wichtiger Aspekt bei der Inanspruchnahme von Physiotherapie ist die Kostenübernahme. In der Regel werden die Kosten von Kranken- und Unfallversicherungen getragen. Hierfür ist eine ärztliche Verordnung notwendig. In einigen Fällen kann jedoch ein Eigenanteil anfallen. Unsere Experten beraten Sie gerne zu Fragen bezüglich der Kostenübernahme und der Versicherungsmodalitäten.

Physiotherapie in Deutschland

Seit den frühen 1900er Jahren war es das vorrangige Bestreben der deutschen Physiotherapie, sich im Gesundheitssektor fest zu verankern und zu etablieren. Deshalb verlief ihre Entwicklung parallel zur Medizin, und sie definierte sich nach dem medizinischen Denkmodell. Zentral für dieses Modell war damals das Konzept der „Normalität“, das durch Therapie wiederhergestellt werden sollte.

Jegliche Abweichungen wurden als abnormal angesehen. Jede Krankheit sollte demnach einen erkennbaren Auslöser haben (zum Beispiel einen Keim). So konzentrierte sich die Medizin nicht auf das Individuum, sondern auf die Krankheit und den Versuch, sie zu beseitigen. Erst ab Mitte der 1990er Jahre setzte sich allmählich ein Paradigmenwechsel durch. Die Krankheit wird nicht mehr hauptsächlich als Funktionsstörung betrachtet, die repariert werden soll, sondern eine ganzheitliche Betrachtungsweise tritt in den Vordergrund.

Die Theorien der Physiotherapie stützen sich hauptsächlich auf die Anatomie und Physiologie des Menschen und auf Grundlagen der Bewegungswissenschaften (wie motorisches Training, sensomotorische Aktivierung, Wahrnehmungstraining, Haltungsschulung). Die Physikalische Therapie basiert darüber hinaus auf den Prinzipien der Physik (wie Elektro-, Ultraschall-, Thermo-, Hydro-, Balneotherapie).

Die Physiotherapie hat Zugang zu einer Vielzahl von Techniken, insbesondere, in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit, Manuelle Therapie (Mobilisierungstechniken zur Gelenkmobilisation), Manuelle Lymphdrainage, Bobath-Konzept, Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation, Weichteiltechniken (Heilmassage, Bindegewebstechniken, diverse osteopathische Techniken zur Faszienmobilisation), Sensomotorische Aktivierung (Feldenkrais-Methode, Semota, Kognitives Training nach Perfetti) und Heilgymnastik (passive, assistive, aktive oder resistive Techniken).

Die grundlegende Ausbildung garantiert jedoch nicht automatisch die Fähigkeit, diese Techniken anzuwenden. Wird eine zugangsbegrenzte Therapieform wie beispielsweise Manuelle Therapie, PNF, Neurophysiologische Techniken etc. vom Arzt an den Physiotherapeuten verordnet, ist zur Erbringung des Heilmittels (Rezeptposition) der Qualifikationsnachweis des Therapeuten gegenüber der Krankenkasse erforderlich.

Ausbildung

Die Ausbildung erfolgt entweder an staatlichen oder privaten Berufsfachschulen, kann aber auch als Bachelorstudiengang an Hochschulen durchgeführt werden und mit dem Bachelor of Science, seltener mit dem Bachelor of Arts, abschließen. Das Studium kann in drei verschiedenen Varianten durchgeführt werden: als ausbildungsintegrierender oder ausbildungsbegleitender Studiengang (duales Studium), als primärqualifizierendes Studium oder als berufsbegleitendes Studium.

Fazit

Die Physiotherapie ist eine hochwirksame medizinische Disziplin, die sich durch ihre vielseitigen Behandlungsmethoden und breite Anwendungsbereiche auszeichnet. Aktive Übungen, gelenkte Bewegungen und physikalische Behandlungen spielen eine zentrale Rolle bei der Genesung und Rehabilitation von Patienten. Durch gezielte Maßnahmen unterstützt die Physiotherapie die Verbesserung der Gesundheit und trägt zu einer gesteigerten Lebensqualität bei.

Quellen

  1. Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG). August 2019.
  2. Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL). Gemeinsamer Bundesausschuss , 2021.
  3. Physiotherapie, German Wikipedia, 2023.
  4. Malte Bühring: Physiotherapie, Physikalische Therapie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2005, S. 1159–1161.
  5. Regulated professions database– Physiotherapist, European Commission

Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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