Eine reaktive Bindungsstörung ist ein Problem, bei dem es einem Kind nicht leicht fällt, eine normale oder liebevolle Beziehung zu anderen aufzubauen.
Es wird davon ausgegangen, dass es darauf zurückzuführen ist, dass in jungen Jahren keine Bindung zu einer bestimmten Bezugsperson aufgebaut wurde.
ÜBERSICHT
Was ist eine Bindungsstörung?
Der Begriff Bindungsstörung umfasst verschiedene Stimmungsstörungen, Verhaltensstörungen und soziale Beziehungsstörungen, die sich aus der Nichtverfügbarkeit einer normalen sozialen Versorgung und Aufmerksamkeit in der frühen Kindheit ergeben.
Eine solche Störung kann auf ungewöhnliche Erfahrungen mit Vernachlässigung, Missbrauch, plötzlicher Trennung von Betreuern zwischen drei Monaten und drei Jahren, häufigen Wechseln oder übermäßiger Anzahl von Betreuern oder mangelnder Reaktion der Betreuer auf kommunikative Bemühungen von Kindern zurückzuführen sein.
Dies führt zu einem Mangel an grundlegendem Vertrauen. Der Bindungsstil einer Person wird in den ersten drei Lebensjahren dauerhaft festgelegt. Eine problematische Vorgeschichte sozialer Beziehungen nach etwa drei Jahren kann zu Belastungen bei einem Kind führen, jedoch nicht zu einer Bindungsstörung.
Der Begriff Bindungsstörung wird verwendet, um emotionale und Verhaltensprobleme bei Kleinkindern zu beschreiben und wird auch für Kinder, Jugendliche und schulpflichtige Erwachsene verwendet. Die spezifischen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, hängen vom Alter der betroffenen Person ab.
Das Bindungsverhalten eines Kindes kann sich bei einem vertrauten Erwachsenen sehr unterschiedlich verhalten als bei einem anderen, was darauf hinweist, dass die Störung eher in der Beziehung und den Interaktionen zwischen den beiden Personen liegt als in einem Aspekt der einen oder anderen Persönlichkeit.
Im Allgemeinen bezieht sich der Begriff Bindungsstörung auf das Fehlen oder die Verzerrung des sozialen Verhaltens gegenüber Erwachsenen im entsprechenden Alter.
Zum Beispiel kann bei einem Kleinkind mit Bindungsstörungen das Verhalten das Versagen umfassen, in einer fremden Umgebung in der Nähe vertrauter Erwachsener zu bleiben oder durch den Kontakt mit einer vertrauten Person getröstet zu werden. Bei einem sechs Jahre alten Kind mit Bindungsstörungen kann ein übermäßig freundliches Verhalten und ein unangemessener Umgang mit Fremden auftreten.
Ursachen von Bindungsstörungen
Die genauen Ursachen von Bindungsstörungen sind komplex und können auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden. Einige mögliche Ursachen sind:
- Fehlende oder unzureichende elterliche Fürsorge: Wenn ein Kind in den frühen Lebensjahren nicht die angemessene Zuwendung und Aufmerksamkeit von seinen Betreuern erhält, kann dies zu Bindungsstörungen führen.
- Vernachlässigung und Missbrauch: Kinder, die Vernachlässigung oder körperlichen, emotionalen oder sexuellen Missbrauch erleben, sind einem erhöhten Risiko für Bindungsstörungen ausgesetzt.
- Trennung von Betreuern: Plötzliche Trennungen von Betreuungspersonen oder häufige Wechsel von Betreuern können das Vertrauen und die Bindungsfähigkeit eines Kindes beeinträchtigen.
- Ungünstige familiäre Umstände: Instabile oder konfliktreiche familiäre Umstände können zu Unsicherheit und Bindungsproblemen führen.
- Genetische Faktoren: Es wird angenommen, dass genetische Faktoren eine Rolle bei der Anfälligkeit für Bindungsstörungen spielen können.
Symptome von Bindungsstörungen
Die Symptome von Bindungsstörungen können je nach Alter und Entwicklungsstufe der betroffenen Person variieren. Hier sind einige mögliche Symptome:
- Schwierigkeiten beim Vertrauensaufbau: Personen mit Bindungsstörungen haben möglicherweise Schwierigkeiten, anderen Menschen zu vertrauen und enge Beziehungen aufzubauen.
- Angst und Unsicherheit: Betroffene können häufig Angstzustände, Unsicherheit und Nervosität in sozialen Situationen erleben.
- Probleme bei der Regulation von Emotionen: Bindungsstörungen können zu Schwierigkeiten bei der Regulation von Emotionen führen. Betroffene können übermäßig ängstlich, wütend oder emotional zurückgezogen sein.
- Verhaltensprobleme: Personen mit Bindungsstörungen können Verhaltensprobleme wie Aggression, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder oppositionelles Verhalten zeigen.
- Schwierigkeiten bei der Bildung und Aufrechterhaltung von Freundschaften: Betroffene haben möglicherweise Schwierigkeiten, Freundschaften zu knüpfen und aufrechtzuerhalten, da sie Probleme bei der Interaktion mit anderen haben.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Kinder oder Erwachsene mit einer schwierigen Vorgeschichte sozialer Beziehungen zwangsläufig eine Bindungsstörung entwickeln. Die Diagnose sollte von einem qualifizierten Fachmann gestellt werden.
Diagnose einer Bindungsstörung
Die Diagnose einer Bindungsstörung bei einem Kind erfordert eine sorgfältige Beobachtung seines Verhaltens und seiner Beziehungsmuster. Hier sind einige Anzeichen, auf die man achten kann:
- Schwierigkeiten bei der Bindung: Das Kind zeigt möglicherweise Schwierigkeiten, enge und vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Es kann Schwierigkeiten haben, Nähe zuzulassen, zeigt möglicherweise wenig Interesse an sozialer Interaktion oder wirkt distanziert und zurückgezogen.
- Unsicherheit und Misstrauen: Das Kind kann Anzeichen von Unsicherheit und Misstrauen gegenüber anderen Menschen zeigen. Es ist möglicherweise ängstlich, misstrauisch oder übermäßig wachsam gegenüber neuen Situationen oder Personen.
- Unangemessenes Verhalten: Kinder mit Bindungsstörungen können unangemessenes Verhalten zeigen, um Aufmerksamkeit zu erregen oder um Nähe zu suchen. Dies kann sich zum Beispiel in aggressivem Verhalten, übermäßiger Anhänglichkeit oder extremem Rückzug äußern.
- Emotionale Instabilität: Das Kind kann Schwierigkeiten haben, seine eigenen Emotionen zu erkennen, auszudrücken und zu regulieren. Es kann häufige Stimmungsschwankungen, übermäßige Ängstlichkeit oder emotionale Ausbrüche zeigen.
- Entwicklungsverzögerungen: Kinder mit Bindungsstörungen können in ihrer Entwicklung verzögert sein, insbesondere in den Bereichen Sprache, Motorik und kognitiven Fähigkeiten. Sie können Schwierigkeiten haben, altersgemäße Meilensteine zu erreichen.
- Verhaltensprobleme: Das Kind kann Verhaltensprobleme zeigen, wie z.B. Aufmerksamkeitsprobleme, impulsives Verhalten, Aggression oder oppositionelles Verhalten. Es kann auch Schwierigkeiten haben, Regeln und Grenzen zu akzeptieren.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Anzeichen nicht unbedingt allein auf eine Bindungsstörung hinweisen. Es ist ratsam, bei Verdacht auf eine Bindungsstörung professionelle Hilfe von einem Kinderpsychologen, einem Kinderpsychiater oder einem anderen qualifizierten Fachmann zu suchen. Eine umfassende Bewertung der Bindungsbeziehung und des Verhaltens des Kindes kann eine genaue Diagnose liefern und den Weg für eine angemessene Unterstützung und Intervention ebnen.
Behandlung von Bindungsstörungen
Die Behandlung von Bindungsstörungen erfordert in der Regel eine umfassende und ganzheitliche Herangehensweise. Hier sind einige mögliche Behandlungsmethoden:
- Frühintervention: Eine frühzeitige Intervention ist entscheidend, um die Auswirkungen von Bindungsstörungen zu minimieren. Frühkindliche Programme, die auf die Förderung einer sicheren Bindung zwischen Kindern und Betreuern abzielen, können hilfreich sein.
- Therapie: Therapieformen wie die Bindungstherapie können bei der Stärkung der Beziehung zwischen Kindern und Betreuern helfen. Individuelle Therapie kann auch dazu beitragen, vorhandene Bindungsprobleme anzugehen.
- Familientherapie: Familientherapie kann sowohl für Kinder als auch für ihre Eltern oder Betreuer von Vorteil sein. Es kann helfen, Kommunikationsmuster zu verbessern und eine sichere und unterstützende Umgebung zu schaffen.
- Unterstützung für Betreuungspersonen: Betreuungspersonen spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Bindungsstörungen. Sie können von Unterstützungsprogrammen profitieren, die ihnen helfen, eine sichere Bindung zu ihren Kindern aufzubauen und sie bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen.
- Medikamentöse Behandlung: In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung zur Bewältigung von Begleiterscheinungen wie Angstzuständen oder Aufmerksamkeitsproblemen eingesetzt werden. Die Entscheidung über den Einsatz von Medikamenten sollte jedoch sorgfältig und in Absprache mit einem Facharzt getroffen werden.
Mögliche langfristige Auswirkungen
Bindungsstörungen können langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Hier sind einige der möglichen Folgen:
- Probleme in sozialen Beziehungen: Kinder mit Bindungsstörungen können Schwierigkeiten haben, enge und vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Sie können Probleme haben, Freundschaften zu knüpfen und aufrechtzuerhalten, und können Schwierigkeiten haben, emotionale Nähe zu anderen Menschen zuzulassen.
- Emotionale Probleme: Bindungsstörungen können zu emotionalen Problemen führen, einschließlich Angstzuständen, Depressionen und Stimmungsregulationsstörungen. Kinder können Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Emotionen zu verstehen und auszudrücken, was zu emotionaler Instabilität führen kann.
- Verhaltensstörungen: Kinder mit Bindungsstörungen können Verhaltensstörungen entwickeln, einschließlich oppositionellem Verhalten, Aggression, impulsivem Verhalten und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Sie können Schwierigkeiten haben, Regeln und Grenzen einzuhalten und angemessenes Verhalten zu zeigen.
- Probleme bei der Selbstregulation: Bindungsstörungen können die Fähigkeit eines Kindes beeinträchtigen, seine Emotionen, Impulse und Verhaltensweisen angemessen zu regulieren. Kinder können Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und darauf zu reagieren, und können Probleme haben, sich zu beruhigen und sich aufgabenbezogen zu konzentrieren.
- Geringes Selbstwertgefühl: Kinder mit Bindungsstörungen können ein geringes Selbstwertgefühl entwickeln und an sich selbst zweifeln. Sie können sich als ungeliebt oder unerwünscht fühlen und Schwierigkeiten haben, positive Eigenschaften an sich selbst zu erkennen.
- Schlechtere schulische Leistungen: Bindungsstörungen können sich negativ auf die schulischen Leistungen auswirken. Kinder können Schwierigkeiten haben, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, Anweisungen zu befolgen und gute Beziehungen zu Lehrern und Mitschülern aufzubauen.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Kinder mit Bindungsstörungen alle diese Auswirkungen erleben. Die individuelle Resilienz, die Verfügbarkeit von Unterstützungssystemen und die Qualität der nachfolgenden Beziehungen können dazu beitragen, dass Kinder trotz ihrer frühen Bindungsprobleme eine positive Entwicklung durchlaufen. Frühzeitige Intervention und angemessene Unterstützung können die langfristigen Auswirkungen von Bindungsstörungen verringern und den Kindern helfen, gesunde Beziehungen aufzubauen und ihre Potenziale zu entfalten.
Fazit
Bindungsstörungen können erhebliche Auswirkungen auf die emotionale und soziale Entwicklung von Kindern und Erwachsenen haben. Es ist wichtig, die Anzeichen und Symptome zu erkennen und angemessene Unterstützung und Behandlung bereitzustellen. Mit der richtigen Unterstützung können Menschen mit Bindungsstörungen lernen, gesunde Beziehungen aufzubauen und ein erfülltes Leben zu führen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie oder Ihr Kind von einer Bindungsstörung betroffen sein könnten, suchen Sie bitte professionelle Hilfe, um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten.
Quellen
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ddp