Was sind IGeL Gesundheitsleistungen?

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M.A. Dirk de Pol, aktualisiert am 24. Juni 2023, Lesezeit: 9 Minuten

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind zusätzliche Leistungen im Gesundheitsbereich, die der Patient stets selbst bezahlen muss, weil sie nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören.

  • Daher müssen die Verbraucher diese ärztlichen, zahnärztlichen oder auch psychologischen Leistungen grundsätzlich aus der eigenen Tasche bezahlen.

Was ist im Wesentlichen bei Igel zu beachten?

  • Die individuellen IGel-Leistungen, die Patienten bei ihren Ärzten oder Psychologen in Anspruch nehmen, müssen stets selbst bezahlen werden. Diese Leistungen werden auch als Selbstzahlerleistungen bezeichnet.
  • IGeL sind eine zusätzliche Leistung, die erbracht werden kann, wenn sich der Patient dies wünscht. Die Patienten sind in keiner Weise gezwungen, sie in Anspruch zu nehmen.
  • Es gibt zahlreiche Kategorien von persönlichen Gesundheitsleistungen, die von Vorsorgeuntersuchungen bis hin zu ästhetischen chirurgischen Eingriffen reichen. Die Gültigkeit oder der Nutzen einiger dieser Leistungen ist häufig umstritten.
  • Der IGeL-Markt ist schwer zu durchschauen. Bevor Sie sich für eine bestimmte Leistung oder wiederkehrende Leistungen entscheiden, sollten Sie sich zuvor ausführlich informieren.

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff „IGeL“?

Mediziner aller Art, Psychotherapeuten und Zahnärzte können Patienten individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) anbieten. Dabei handelt es sich um zahlreiche Diagnose- und Behandlungsmethoden, die über den Bereich der medizinisch unmittelbar notwendigen Versorgung hinausgehen. Diese IGeL-Leistungen gehören nicht zum definierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Es handelt sich also um eine Form der Gesundheitsversorgung, die nicht von der GKV übernommen wird. IGeL setzen also immer eine private Zahlung voraus.

Der Markt für IGeL hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig vergrößert. Konkrete Zahlen liegen allerdings nicht vor, da die Erbringung von Selbstzahlerleistungen und deren Abrechnung nicht regelmäßig erfasst werden. Als Gründe nennt der IGeL-Monitor u.a. die Tatsache, dass IGeL keiner einheitlichen Definition unterliegen und dass es keine Zwänge für die Anbieter gibt. Denn in der medizinischen Praxis werden mitunter Behandlungen durchgeführt, bei denen die Wirksamkeit der Behandlung nicht nachgewiesen ist. Dies gilt insbesondere für die Alternativmedizin, der es freisteht, jede Art von Therapie als möglichen Behandlungsansatz vorzuschlagen.

Der IGeL-Monitor ist ein Projekt des Medizinischen Dienstes Bund. Inhaltlich unterstützt wird das Projekt durch externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Projekt IGeL-Monitor ist dem Bereich Evidenzbasierte Medizin des Medizinischen Dienstes Bund zugeordnet.

Nach den Prognosen und Schätzungen der Krankenkassen dürften die gesetzlich Versicherten im Jahr 2018 rund 15 Millionen IGeL in Anspruch genommen und dafür knapp eine Milliarde Euro bezahlt haben (Daten aus dem WidO-Monitor für 2019) [8].

Welche IGeL Leistungen stehen zur Verfügung?

Es gibt ein breites Spektrum an IGeL, angefangen von der Messung des Augeninnendrucks bis hin zum PSA-Test. Ein Attest kann ebenso Bestandteil sein wie eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung beim Gynäkologen oder ein neues medizinisches Diagnoseverfahren beim Augenarzt. IGeL lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen.

Leistungen, die für die medizinische Behandlung nicht erforderlich ist, aber unter bestimmten Umständen von Nutzen sein kann

Es gibt einige ärztliche Konsultationen und Untersuchungen, die auf Wunsch des Patienten durchgeführt werden, obwohl sie aus medizinischen Gründen nicht erforderlich sind. Diese Leistungen dienen weder der Behandlung von Krankheiten noch der Diagnose von Krankheiten im Frühstadium. Sie gehören daher nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und werden daher von den Krankenkassen in der Regel nicht übernommen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es jedoch darauf ankommen, ob die fraglichen Leistungen aus medizinischer Sicht sinnvoll und ratsam sind oder nicht. Um nur einige davon zu nennen:

  • Ärztliche Bescheinigungen und Dienstleistungen für Freizeitaktivitäten, Sportveranstaltungen und Urlaube: Beispiele hierfür sind sportmedizinische Untersuchungen, Beratung vor Fernreisen und Reiseimpfungen sowie eine Untersuchung und Bescheinigung für den Fall, dass die Reise storniert wird.
  • Medizinisch-kosmetische Leistungen: In den meisten Fällen gibt es keine medizinisch bedingten Anforderungen, wie z. B. bei der Entfernung von Tätowierungen oder bei kosmetischen Eingriffen.
  • Leistungen im Bereich der Psychotherapie

Medizinische Therapien, die durchgeführt werden, ohne dass ein eindeutiger Hinweis auf eine Krankheit vorliegt, oder bei denen neue diagnostische oder therapeutische Ansätze angewandt werden

Die Mehrzahl der IGeL, die heute in der klinischen Praxis durchgeführt werden, sind entweder Vorsorge- oder Früherkennungsuntersuchungen. Beispiele hierfür sind die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke und der Halsschlagader sowie die Ultraschalluntersuchung der Brust.

Ultraschall kann auch zur Diagnose des Glaukoms im Frühstadium eingesetzt werden. Einige dieser Untersuchungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen nur in bestimmten Risikosituationen (z. B. bei familiärer Vorbelastung) oder bei begründetem Verdacht auf eine Erkrankung erstattet. In allen anderen Fällen, in denen weitere Untersuchungen auf eigenen Wunsch durchgeführt werden und keine medizinische Notwendigkeit besteht, muss der Patient die Kosten selbst tragen.

Informieren Sie sich, ob es für Sie sinnvoll ist, diesen Dienst in Anspruch zu nehmen, bevor Sie sich zum Kauf einer IGeL verpflichten. Wenn Sie einmal etwas bezahlt haben, können Sie Ihr Geld nicht mehr aus der Kasse zurückholen. Sie können sich auch an die Krankenkasse wenden, bei der Sie versichert sind. Der IGeL-Online-Monitor des Medizinischen Dienstes liefert wissenschaftlich abgesicherte und aus fachlicher Sicht leicht verständliche Informationen zu den wichtigsten IGeL.

Warum zahlen die gesetzlichen Krankenversicherungen nicht für IGeL?

Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, hat Anspruch auf Leistungen für die Diagnose, Behandlung und sogar Vorbeugung von verschiedenen Krankheiten. Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen dagegen nur Leistungen bezahlen, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Über die Aufnahme neuer medizinischer Leistungen in den Leistungskatalog entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der sich aus Vertretern von Arztpraxen und Krankenkassen zusammensetzt.

Bevor IGel-Leistungen von den Krankenkassen bezahlt werden, muss die wissenschaftliche Forschung geprüft und Kosten, Nutzen und Risiken abgewogen werden. Beispiele für solche Leistungen sind der Heidelberg Retina Tomograph und die Optische Kohärenztomographie. Diese können sowohl von Fachärzten als auch von Krankenkassen in Anspruch genommen werden.

Bei der Optischen Kohärenztomographie (OCT) beispielsweise fiel die Studienbewertung positiv aus, so dass der G-BA 2018 beschloss, sie in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen. Allerdings beschränkt sich diese Leistung auf die Diagnostik und therapeutische Kontrolle der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) und des Makulaödems bei diabetischer Retinopathie (DME).

Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss bereits negativ bewertet wurden und aufgrund dieser Bewertung nicht von den Krankenkassen übernommen werden, können als IGeL in Anspruch genommen werden. Ozontherapie, Bioresonanztherapie, Colon-Hydro-Therapie und UV-Bestrahlung des Blutes sind einige Beispiele für alternativmedizinische Verfahren. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zeigen, dass diese Behandlungen keinen Nutzen bringen, aus medizinischen Gründen nicht erforderlich und nicht kosteneffektiv sind.

Gibt es eine aktuelle Liste der üblichen IGeL-Leistungen?

IGeL ist ein Oberbegriff, hinter dem sich eine Vielzahl von Diagnose- und Behandlungsmethoden verbirgt wie zum Beispiel Akupunktur, Biofeedback, CT, MRT, Sauerstofftherapie, Kunsttherapie, Lichttherapie uvm. Schätzungen zufolge gibt es mehrere hundert verschiedene Angebote. Eine verbindliche Liste, die über das gesamte Spektrum Auskunft gibt, gibt es nicht. Der IgeL-Monitor listet jedoch die am häufigsten angebotenen Leistungen auf und bewertet diese [6]. Zusätzliche Leistungen können von Ärzten erbracht werden, wobei diese Leistungen entweder selbst entwickelt oder von IGeL-affinen Unternehmen eingekauft und dann umbenannt werden können. Die Patienten haben kaum die Möglichkeit, den medizinischen Nutzen sowie die Qualität und den Preis der verschiedenen Angebote zu bewerten und zu vergleichen, da die Auswahl so umfangreich ist und immer weiterwächst.

Was sagen Studien zur medizinischen Wirksamkeit von IGeL-Leistungen?

Es gibt tatsächlich einige Studien, die die medizinische Wirksamkeit einiger IGeL-Leistungen untersucht haben. Zum Beispiel hat eine Studie aus dem Jahr 2016 gezeigt, dass ein Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen bei Männern im Alter von 65 bis 74 Jahren kosteneffektiv ist und das Risiko von Aortenrupturen und Todesfällen durch Aortenrupturen reduzieren kann [1]. Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013 hat gezeigt, dass eine MRT bei Rückenschmerzen nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Patienten führt und unnötige Operationen vermeiden kann [2].

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht für alle IGeL-Leistungen ausreichende Studien zur medizinischen Wirksamkeit vorliegen, und dass auch Kosten und Risiken berücksichtigt werden sollten. Einige IGeL-Leistungen können auch medizinischen Empfehlungen widersprechen und schaden können [3]. Es ist empfehlenswert, mit einem Arzt über die Vor- und Nachteile von IGeL-Leistungen zu sprechen und gegebenenfalls eine Zweitmeinung einzuholen, bevor man sich für eine IGeL-Leistung entscheidet.

Der IGeL-Monitor, ein Internetportal vom Medizinischen Dienst Bund betrieben, bewertet regelmäßig IGeL-Leistungen anhand klinischer Studien und gibt Auskunft über die Preisspanne der IGeL. Es gibt jedoch auch Kritik an der Unabhängigkeit des IGeL-Monitors, da er durch die Krankenkassen finanziert wird [1],[4], [5]. Insgesamt sollten Patientinnen und Patienten kritisch sein und sich gut informieren. Der IGeL-Monitor informiert auch über die Preisspanne der IGeL und gibt Tipps dazu, wie sich Versicherte verhalten können, wenn ihnen IGeL angeboten werden.

Quellen

  1. Der IgeL-Monitor. MDB 2023.
  2. IGel-Monitor: Individuelle Gesundheitsleistungen oft nutzlos, NDR. März 2022
  3. IGeL: Selbstzahler-Leistungen im Überblick. Bund, Februar 2022.
  4. Methodische Kompetenz für Transparenz im IGeL-Markt. MDB, 2022.URL: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/igel-selbstzahlerleistungen-nutzen-schaden-100.html
  5. IGel-Monitor: Grundsätze unserer Bewertung (Methodik). IM, 2023
  6. Alle bewerteten IGeL. IM, 2023.
  7. IGeL-Monitor. Wikipedia, 2023.
  8. Private Zusatzleistungen in der Arztpraxis Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativ-Umfrage unter gesetzlich Versicherten. WIdOmonitor, Januar 2019.

 Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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