Ein Hauptrisikofaktor für Diabetes mellitus ist die Insulinresistenz, die dann auftritt, wenn die menschlichen Zellen nicht auf Insulin reagieren und die Glukose (Zucker) im Blut nicht verwerten können.
ÜBERSICHT
Rolle der Blutgefäße und der Endothelzellen
Dieser Krankheitszustand erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atherosklerose, eine Ablagerung von Fetten in den Blutgefäßen, die den Blutfluss zu den Geweben des Körpers einschränken kann.
Die genauen Wirkmechanismen zwischen Insulin und den Zellen, die die Gefäßwände auskleiden, waren bislang unklar.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Joslin Diabetes Center beschreiben in einem Forschungsbericht, der in der Zeitschrift Circulation Research veröffentlicht wurde, eine Reihe von Studien, die die Beziehung zwischen Insulin, Fetten und dem Gefäßsystem untersuchen.
Steuerung des Stoffwechsels
Unter der Leitung von Dr. George King, wissenschaftlicher Leiter und Forschungsdirektor am Joslin, fanden die Wissenschaftler einen neuen Weg, auf dem die Zellen, die die Blutgefäße auskleiden – die Endothelzellen – den Stoffwechsel des Körpers steuern.
Diese Erkenntnisse stellen die wissenschaftliche Lehrmeinung in Frage und deuten darauf hin, dass eine Funktionsstörung der Blutgefäße selbst die Ursache für unerwünschte Stoffwechselveränderungen sein kann, die zu Diabetes führen können, und nicht, wie bisher angenommen, eine Auswirkung.
Bislang wurde angenommen, dass weißes Fett und Entzündungen bei Menschen mit Diabetes (Zuckerkrankheit) und Insulinresistenz zu Funktionsstörungen in den Blutgefäßen führen, die wiederum die Ursache für Herzkrankheiten, Augenerkrankungen und Nierenerkrankungen in dieser Patientengruppe sind, so Dr. George King, Jr. Professor of Medicine in the Field of Diabetes an der Harvard Medical School. Doch es zeigte sich, dass die Blutgefäße hierbei eine wichtige Rolle spielen können, was vorher nicht bekannt war.
Im Zusammenhang mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) kommt es nicht nur zu Anomalien der Blutgefäße, sondern auch zu einer unerwünschten Abnahme des braunen Fettgewebes.
Anders als weißes Fett, das hauptsächlich Energie speichert, verbrennt braunes Fettgewebe Energie, hält die Körpertemperatur aufrecht und reguliert Körpergewicht und auch den Stoffwechsel.
Bei einer Versuchsreihe mit einem Diabetes-Mausmodell stellten die Forscher fest, dass Mäuse, die ausschließlich in den Blutgefäßen mit einer erhöhten Insulinempfindlichkeit modelliert wurden, weniger wogen als die in der Kontrollgruppe, selbst wenn sie eine fettreiche Ernährung erhielten.
Wie sich zeigte, hatten die besonders insulinempfindlichen Mäuse mehr braunes Fett als die entsprechende Kontrollgruppe; sie wiesen darüber hinaus weniger Schäden an den Blutgefäßen auf.
Bei den weiteren Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass Insulin den Endothelzellen in den Blutgefäßen signalisiert, Distickstoffmonoxid zu produzieren, was wiederum die Produktion von braunen Fettzellen anregt.
Bei einer Insulinresistenz produzierten die Endothelzellen weniger Distickstoffmonoxid – ein Rückgang, der bekanntermaßen das kardiovaskuläre Risiko erhöht -, was zu einem Rückgang der Bildung von braunem Fett führte.
Da die Produktion von braunem Fett eine so wichtige Rolle bei der Regulierung des Körpergewichts und des Stoffwechsels spielt, könnte ein geringerer Anteil an braunem Fett ein Risikofaktor für Diabetes sein und nicht nur ein Symptom dafür.
Laut Aussage von Professor King haben die Endothelzellen, die die Blutgefäße auskleiden, einen entscheidenden Einfluss darauf, wie viel braunes Fett man entwickelt.
Distickstoffmonoxid wird von den Endothelzellen ausgeschüttet, um die Bildung von braunem Fett zu regulieren. Diese Beobachtung ist insofern interessant, als dass man bislang dachte, dass Diabetes Herz-Kreislauf-Probleme verursacht.
Blutgefäße und Endothelzellen spielen nicht nur bei der Regulierung des braunen Fetts eine wichtige Rolle, sondern auch bei der Regulierung des gesamten Stoffwechsels im Körper.
Aus diesem Grund sind die Endothelzellen ein Schlüsselfaktor bei der Gewichtsregulierung und der Entwicklung von Diabetes.
In anderen Forschungen hat sich gezeigt, dass die Blutgefäße auch eine wichtige Rolle für die Gehirnfunktion spielen. Ein Eingriff auf der Ebene der Endothelzellen könnte bei vielen Krankheiten große Auswirkungen haben.
Braunes Fettgewebe aktivieren
Forscherinnen und Forscher des Joslin Diabetes Center und des Brigham and Women’s Hospital haben in einer Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Metabolism veröffentlicht wurde, herausgefunden, dass Kälte die durch Fettleibigkeit ausgelöste Entzündung beseitigt und gleichzeitig die Insulinsensitivität und Glukosetoleranz bei fettleibigen Mäusen verbessert.
Die Forscher haben außerdem herausgefunden, dass dieser Prozess davon abhängt, dass braunes Fettgewebe ein natürlich vorkommendes Molekül namens Maresin 2 produziert, wenn es durch Kälte stimuliert wird.
Braunes Fettgewebe gilt als aktives endokrines Organ, weil es Moleküle absondert, die mit anderen Körpergeweben in Verbindung stehen und den Stoffwechsel regulieren.
Das braune Fettgewebe trägt dazu bei, gespeicherte Energie zu verbrauchen, und kann die Gewichtsabnahme und die Gesundheit des Stoffwechsels fördern.
Besserer Stoffwechsel
Verschiedene Studien an Menschen, die am Joslin-Institut und in anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass leichte Kälte (circa 10 bis 13 Grad Celsius) ausreicht, um das braune Fettgewebe zu aktivieren und den Stoffwechsel zu verbessern.
Quellen
- Kyoungmin Park et al, Endothelial Cells Induced Progenitors Into Brown Fat to Reduce Atherosclerosis, Circulation Research (2022). DOI: 10.1161/CIRCRESAHA.121.319582
- Satoru Sugimoto et al, Brown adipose tissue-derived MaR2 contributes to cold-induced resolution of inflammation, Nature Metabolism (2022). DOI: 10.1038/s42255-022-00590-0
vgt
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