Nachtschichtarbeit und erhöhte Blutzuckerwerte: Eine klinische Studie des Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School hat ergeben, dass essen während der Nacht – wie es viele Schichtarbeiter tun – den Blutzuckerspiegel erhöhen kann.
Die Ergebnisse könnten den Studienautoren zufolge zu neuen Handlungsmaßnahmen führen, die darauf abzielen, die Gesundheit von Nachtschichtarbeitern zu verbessern, die laut vorangegangenen Studien ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Herzerkrankungen und Fettleibigkeit haben.
Für die Studie rekrutierten die Forscher insgesamt 19 gesunde junge Probanden (sieben Frauen und 12 Männer). Nach einer Vorbereitungsroutine wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einem 14-tägigen kontrollierten Versuchsprotokoll zugewiesen, das simulierte Nachtarbeitsbedingungen mit einem von zwei Essensplänen vorsah.
Eine Gruppe aß während der Nacht, um einen für Nachtarbeiter typischen Essensplan zu imitieren, und eine Gruppe aß tagsüber.
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School die Auswirkungen der beiden Essenszeiten auf den inneren zirkadianen Rhythmus.
Es handelt sich dabei um den internen Prozess, der nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern auch den 24-Stunden-Zyklus praktisch aller Körperfunktionen eines Menschen, einschließlich des Stoffwechsels, regelt.
Die Forscher und Forscherinnen kamen zu dem Ergebnis, dass das Essen in der Nacht den Blutzuckerspiegel – einen Risikofaktor für Diabetes – erhöht, während die Beschränkung der Mahlzeiten auf den Tag diesen Effekt verhindert.
So stieg der durchschnittliche Glukosespiegel bei den Versuchspersonen, die nachts aßen, während der simulierten Nachtarbeit um 6,4 Prozent an, während er bei denjenigen, die tagsüber aßen, nicht signifikant anstieg.
Laut Dr. Frank A.J.L. Scheer, Professor für Medizin an der Harvard Medical School und Leiter der Studie, ist es die erste Untersuchung am Menschen, die zeigt, dass der Zeitpunkt der Mahlzeiten als Mittel gegen die negativen Auswirkungen einer eingeschränkten Glukosetoleranz und einer Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus (zirkadiane Rhythmus) infolge der simulierten Nachtarbeit eingesetzt werden kann.
Den Forschern zufolge sind die Mechanismen hinter den beobachteten Auswirkungen komplex. Sie glauben, dass die Auswirkungen des nächtlichen Essens auf den Glukosespiegel während der simulierten Nachtarbeit durch eine Verschiebung des zirkadianen Rhythmus verursacht werden.
Dies entspricht der falschen Abstimmung zwischen der zentralen zirkadianen „Uhr“ (die sich im Hypothalamus des Gehirns befindet) und den verhaltensbedingten Schlaf/Wach-, Hell/Dunkel- und Fasten/Essens-Zyklen, die die peripheren „Uhren“ im gesamten Körper beeinflussen können.
Die vorliegende Studie zeigt, dass insbesondere eine Fehlsteuerung der zentralen zirkadianen Uhr mit den Fasten-/Essenszyklen eine Schlüsselrolle bei der Erhöhung des Glukosespiegels spielt.
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die positiven Auswirkungen des Essens am Tag auf den Glukosespiegel bei simulierter Nachtarbeit durch eine bessere Abstimmung zwischen diesen zentralen und peripheren „Uhren“ bedingt sein könnten.
Die Studie bekräftigt den Forschern zufolge die Auffassung, dass der Zeitpunkt, zu dem man isst, für gesundheitliche Auswirkungen wie beispielsweise den Blutzuckerspiegel wichtig ist, was für Schichtarbeiter von Bedeutung ist, da sie in der Regel nachts essen. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachblatt Science Advances veröffentlicht.
Quellen: Brigham and Women’s Hospital / Harvard Medical School / Sarah L. Chellappa et al, Daytime eating prevents internal circadian misalignment and glucose intolerance in night work, Science Advances (2021). DOI: 10.1126/sciadv.abg9910. www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abg9910
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