Darmflora und Diabetes: Darmmikrobiota liefern Ansätze für die Behandlung von Diabetes Typ 2

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 30. Juni 2023, Lesezeit: 5 Minuten

Rolle der Darmmikrobiota (Darmflora) bei der Entstehung und Behandlung von Diabetes Typ 2:

Die individuelle Zusammensetzung der Mikroorganismen im menschlichen Magen-Darm-Trakt gibt wichtige Hinweise darauf, wie das spätere Auftreten von Diabetes Typ 2 (auch Zuckerkrankheit genannt) vorhergesagt, verhindert und behandelt werden kann.

  • Das zeigt eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Göteborg.

Diabetes Typ 2 erkennen, vorbeugen und behandeln

Frühere Studien unter der Leitung von Fredrik Bäckhed, Professor für Molekulare Medizin an der Sahlgrenska-Akademie der Universität Göteborg (Schweden), haben bereits gezeigt, dass die Darmmikrobiota zur Entstehung von Diabetes Typ 2 beitragen kann.

Die vorliegende Studie, die in der Fachzeitschrift Cell Metabolism veröffentlicht wurde, liefert neue Hinweise darauf, wie Bakterien zur Entstehung von Typ-2-Diabetes beitragen können, und kann möglicherweise vorhersagen, wer eine krankheitsrelevante individuelle Darmmikrobiota entwickeln wird.

Was ist der Unterschied zwischen Mikrobiota und Mikrobiom?

  • Unter Mikrobiota versteht man die Gesamtheit aller Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Viren etc.). Das Mikrobiom umfasst die Mikrobiota und darüber hinaus beispielsweise auch ihre Gene, Stoffwechselprodukte und Umweltbedingungen.
  • Die beiden Begriffe werden häufig auch synonym (gleichbedeutend) gebraucht.

Veränderte Darmflora erhöhtem Nüchternblutzucker oder verminderter Glukosetoleranz

Durch die Untersuchung von Menschen, die noch nicht an Diabetes Typ 2 erkrankt waren, konnten die Wissenschaftler ausschließen, dass die Darmmikrobiota (Darmflora) durch die Krankheit oder ihre Behandlung beeinflusst wird. Die meisten bisherigen Studien auf diesem Gebiet haben gesunde Menschen mit Patienten verglichen.

Dabei zeigte sich, dass die Darmmikrobiota bei Menschen mit erhöhtem Nüchtern-Blutzucker oder verminderter Glukosetoleranz, einem so genannten Prädiabetes, sowie bei Menschen mit unbehandeltem Diabetes Typ 2 verändert ist. Die Forschungsergebnisse zeigen also, dass die Darmmikrobiota zur Erkennung von Menschen mit Diabetes genutzt werden kann.

Die Forschungsergebnisse zeigten auch, dass die Darmmikrobiota (das Ökosystem im Körper) der Teilnehmenden mit Prädiabetes oder Diabetes Typ 2 die Fähigkeit zur Produktion von Butyrat (einer Fettsäure, die die Hormonproduktion im Magen-Darm-Trakt fördert und Entzündungen kontrolliert) verringerte.

  • Die Fettsäure Butyrat wird hauptsächlich von nützlichen Bakterien im Darm bei der Verdauung von Ballaststoffen gebildet.

Eine mögliche Schlussfolgerung ist, dass die Veränderung der individuellen Ballaststoffaufnahme und vielleicht die Anpassung der Ballaststofftypen an spezifische Mikrobiota oder die Entwicklung von Probiotika der nächsten Generation, die fehlende Bakterien hinzufügen, die Entwicklung neuer Medikamente zur Vorbeugung oder Behandlung von Diabetes ermöglichen könnten.

Laut Bäckhed zeigt die Studie deutlich, dass die Zusammensetzung der Darmmikrobiota ein großes Potenzial haben könnte, die Risiken für die Entwicklung von Diabetes Typ 2 zu verstehen und damit die Chancen zu verbessern, die Krankheit zu erkennen, ihr vorzubeugen und sie zu behandeln.

Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass die Darmmikrobiota mit den Funktionen und inneren Zuständen des Körpers interagiert.

  • Der Darmtrakt enthält eine Vielzahl von Bakterien, die für unsere Gesundheit wichtig sind.

Die Arten von Darmbakterien, die bei Menschen mit Typ-2-Diabetes gefunden werden, scheinen sich von denen gesunder Menschen zu unterscheiden.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hoffen nun, Muster zu entdecken und herauszufinden, welche Bestandteile der Darmmikrobiota Menschen mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ 2 kennzeichnen.

In Zukunft werden die Forscher vielleicht in der Lage sein, individuelle Ernährungsumstellungen zu verschreiben oder neue Arten von Probiotika zu entwickeln, die Typ-2-Diabetes vorbeugen oder vielleicht sogar behandeln können.

  • Mit Hilfe von Präbiotika und Probiotika können Menschen eine gesunde Darmflora aufbauen, die sich wiederum positiv auf die körperliche Gesundheit auswirkt. Voraussetzung dafür ist eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung.

Die vorliegende Forschungsarbeit über den Zusammenhang zwischen Diabetes und der Darmmikrobiota basiert auf einer Bevölkerungsstudie, die seit 2013 an der Universität Göteborg und dem Sahlgrenska Universitätskrankenhaus durchgeführt wird.

  • An der Studie nahmen rund 5.000 Personen teil, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und zur Teilnahme an der wissenschaftlichen Studie eingeladen wurden.
  • Ziel der Studie war es, herauszufinden, welche Faktoren das Risiko für die Entwicklung von Diabetes Typ 2 erhöhen können.
  • Um die Ergebnisse zu bestätigen und zu überprüfen, analysierten die Forschenden auch Proben aus der Swedish Cardiopulmonary Bioimage Study (SCAPIS), einer landesweiten Bevölkerungsstudie.

Darmmikrobiota natürlich aufbauen und verbessern

Wie kann allgemein die Darmflora auf natürliche Weise aufgebaut und verbessert werden?

  • 1. Probiotika: Das Darmmilieu kann durch probiotische Lebensmittel wie Joghurt oder milchsauer vergorene Produkte positiv beeinflusst werden.
  • 2. Präbiotika: Für mehr Präbiotika eignen sich unter anderem Lebensmittel wie Leinsamen, Weizenkleie, Chicorée, Zwiebeln, Knoblauch, Schwarzwurzeln, Artischocken oder Flohsamen.
  • 3. Gesunde Ernährung: Wichtig ist eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel frischem, nicht industriell verarbeitetem Obst und Gemüse.
  • 4. Flüssigkeitszufuhr: Wichtig ist auch, ausreichend Mineralwasser oder ungesüßte Tees zu trinken – mindestens 1,5 Liter pro Tag.
  • 5. Ausreichend Bewegung: Auch Sport und körperliche Aktivitäten sind gut für den Darm – regelmäßige Bewegung verbessert die Verdauung.

Quellen

  • Universität Göteborg (Göteborgs universitet)/Cell Metabolism
  • Wu H, Tremaroli V, Schmidt C, Lundqvist A, Olsson LM, Krämer M, Gummesson A, Perkins R, Bergström G, Bäckhed F. The Gut Microbiota in Prediabetes and Diabetes: A Population-Based Cross-Sectional Study. Cell Metab. 2020 Sep 1;32(3):379-390.e3. doi: 10.1016/j.cmet.2020.06.011. Epub 2020 Jul 10. PMID: 32652044.

vgt


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