Tiergestützte Therapie (Tiertherapie) – Wie Tiere helfen Menschen zu heilen

Medizinische Verfahren und Medizintechnik, Psychische Gesundheit

Medizin Doc Redaktion, aktualisiert am 20. Juli 2023, Lesezeit: 5 Minuten

Die positive Wirkung von Tieren auf das Wohlbefinden des Menschen ist seit den 1960er Jahren bekannt.

Damals erschienen die ersten Studien zur Wirkung von Tieren auf die psychische und somatische Gesundheit des Menschen im Rahmen von Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen.

Welche tiergestützten Therapien gibt es und welche Tiere eignen sich?

Die Hippotherapie

Zu den Tieren, die im Rahmen der tiergestützten Therapie (Tiertherapie) am häufigsten zur Behandlung von somatischen und psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, gehören Pferde (Hippotherapie).

  • Pferde können eine wichtige Hilfe bei der Rehabilitation von Menschen sein, wie zum Beispiel bei Lähmungen im Kindesalter oder bei Multipler Sklerose.

Durch die tiergestützte Therapie mit einem Pferd hat der menschliche Körper die Möglichkeit, sich im Kontakt mit dem Tier zu entspannen, Muskelverspannungen abzubauen und gleichzeitig an der Verbesserung des Gleichgewichts, der Koordination und der räumlichen Orientierung zu arbeiten.

Die Kynotherapie

Die Kynotherapie ist eine tiergestützte Therapie mit Hunden (Hundetherapie): Ein gut ausgebildeter Hund, der von einem Therapeuten geführt wird, dient als eine Art Motivator für den Patienten während der Rehabilitation, wie beispielsweise bei Menschen mit Autismus. Der Kontakt mit dem Hund selbst kann den Prozess der Öffnung nach außen positiv beeinflussen.

Hundetherapie kann Schmerzen und Ängste von Notfallpatienten lindern

Eine Studie von Forschenden der University of Saskatchewan (USask) in Kanada hat gezeigt, dass Therapiehunde dazu beitragen können, Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden von Patienten in der Notaufnahme zu verbessern.

  • In der Notaufnahme des Royal University Hospital (RUH) in Saskatoon wurden Therapiehunde-Teams der St. John Ambulance für zehnminütige Besuche eingesetzt.

Die Patientinnen und Patienten berichteten über klinisch signifikante Veränderungen in Bezug auf Schmerzen, Angst, Depression und Wohlbefinden nach dem Einsatz der Hunde im Vergleich zu einer Behandlung ohne Hunde.

Insgesamt erlebten 48 Prozent der teilnehmenden Patienten eine Verringerung ihrer Ängste, wobei die Teilnehmer auch Veränderungen in Bezug auf Schmerzen (43 Prozent), Depressionen (46 Prozent) und ein besseres Wohlbefinden (41 Prozent) feststellten.

  • Die Forschungsarbeiten wurden unter der Leitung von Dr. Colleen Dell, Ph.D., USask Research Chair for One Health and Wellness, und Dr. James Stempien, MD, Provincial Director of Emergency Medicine, durchgeführt.
  • Die Ergebnisse dieser kontrollierten klinischen Studie der USask-Forscher wurden in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Die Feline Therapie

Die Feline Therapie ist eine tiergestützte Therapie mit Katzen. Das Streicheln und Spielen mit Katzen senkt den Blutdruck der Patientinnen und Patienten und verbessert die Beweglichkeit, was unter anderem für Menschen mit Arthritis von Bedeutung ist. Auch das Schnurren der Katzen wirkt beruhigend und entspannend.

Therapie mit Kaninchen oder Alpakas

Aber auch der Kontakt mit anderen Tieren wie Kaninchen oder Alpakas hat eine heilende Wirkung auf den Menschen. Pferde, Hunde und Katzen gehören jedoch zu den Tieren, die schon seit langem in der Humantherapie eingesetzt werden.

Bei welchen Krankheitsbildern wird die tiergestützte Therapie eingesetzt?

Tiergestützte Therapien werden beispielsweise bei Kindern mit Lern- und Verhaltensauffälligkeiten oder bei Menschen mit körperlichen Behinderungen, aber auch bei Autismus, Asperger-Syndrom sowie bei Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten, kognitiven Defiziten, Demenz, Depressionen, Angstzuständen, ADHS, Neurosen und Multipler Sklerose eingesetzt.

  • Da die Therapie hauptsächlich auf Interaktion und direktem Kontakt basiert, ist sie auch für blinde oder taube Menschen eine wertvolle Erfahrung.

Welche Wirkung kann tiergestützte Therapie haben?

Eine tiergestützte Therapie kann sich unter anderem auf folgende physischen und psychischen Aspekte positiv auswirken:

  • Förderung des allgemeinen Wohlbefindens,
  • Stärkung des Selbstvertrauens,
  • Verminderung von Einsamkeitsgefühlen,
  • Abbau von Stress,
  • Verbesserung von Motorik und/oder Körperwahrnehmung,
  • Steigerung der Lern-/Konzentrationsfähigkeit,
  • Motivationssteigernd
  • Verbesserung der Wahrnehmungsfähigkeit,
  • Sozialverhalten/Einfühlungsvermögen,
  • verbesserte Emotionsregulation,
  • Steigerung der Kommunikationsfähigkeiten.

Behandlungsziele einer tiergestützten Therapie

Am häufigsten wird die Tiertherapie mit der therapeutischen Behandlung von Kindern in Verbindung gebracht.

Zunehmend wird sie aber auch bei Erwachsenen eingesetzt, die unter Stress, Einsamkeit und Verwirrung leiden, einschließlich der Behandlung älterer Menschen, bei denen keine spezifische Erkrankung vorliegen muss, um durch den Kontakt mit Tieren erhebliche gesundheitliche Vorteile zu erzielen.

Allgemeine Ziele der tiergestützten Therapie sind die Wiederherstellung und/oder Erhaltung der kognitiven, physischen und emotionalen Funktionen des Patienten.

Je stärker die Bindung zwischen Mensch und Tier ist, desto besser sind die Effekte der tiergestützten Therapie und der sensorischen Stimulation, bei der der Kontakt mit dem Tier die Entwicklung des Sozialverhaltens aktiviert und die kognitiven Funktionen verbessert.

Die Zeit, die während der tiergestützten Therapie mit dem Tier verbracht wird, wirkt außerdem entspannend, steigert das Selbstwertgefühl und verbessert die Kontrolle über Emotionen. Darüber hinaus beinhaltet die tiergestützte Therapie viel Bewegung und verschiedene körperliche Aktivitäten, insbesondere die Hippotherapie.

Der psychosomatische Einfluss der Tiertherapie, das heißt der Einfluss psychischer Funktionen auf die somatische Gesundheit, ist ebenfalls von unschätzbarem Wert für die Patienten.

Das Wichtigste ist, dass während der Therapie mit Tieren alle beschriebenen Funktionen der tiergestützten Therapie gleichzeitig erfüllt werden können und die Tiertherapie ein wirksames Angebot auf dem Weg zur Heilung oder Linderung von Krankheitssymptomen ist.

Quellen

  • Ben Carey et al, Outcomes of a controlled trial with visiting therapy dog teams on pain in adults in an emergency department, PLOS ONE (2022). DOI: 10.1371/journal.pone.0262599

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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