Medizin Doc Redaktion, aktualisiert am 12.07.2022, Lesezeit: 4 Minuten

Was tun bei chronische Schmerzen? In einer neuen Studie haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen psychologische Interventionen zur Behandlung chronischer Schmerzen untersucht. Dabei wurde auch die Lücke zwischen den Belegen für die Wirksamkeit verschiedener psychologischer Interventionen und ihrer Verfügbarkeit und Anwendung in der Behandlung untersucht.

Der Körper macht das Gehirn mit Hilfe von Schmerzen auf Verletzungen und Krankheiten aufmerksam. Ohne eine starke Schmerzreaktion könnte eine körperliche Verletzung unbemerkt und unbehandelt bleiben. Manche Menschen leiden jedoch unter chronischen Schmerzen, die auch noch lange nach der Heilung einer Verletzung andauern oder keine leicht erkennbare Ursache haben.

Die Behandlung chronischer Schmerzen mit rezeptfreien und verschreibungspflichtigen Medikamenten birgt jedoch eigene gesundheitliche Risiken, einschließlich unerwünschter Nebenwirkungen und Abhängigkeit.

In der Fachzeitschrift Psychological Science in the Public Interest (PSPI) beschreibt ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wie psychologische Behandlungsmethoden Teil eines umfassenden Plans zur Behandlung chronischer Schmerzen sein können und gleichzeitig den Bedarf an Operationen und potenziell gefährlichen Medikamenten verringern.

Nach Meinung von Mary Driscoll, Wissenschaftlerin an der Yale University, gibt es verschiedene wirksame nicht-medikamentöse Behandlungen für chronische Schmerzen, und psychologische Behandlungen gehören zu den wirkungsvollsten.

Schmerzpatienten, die psychologische Behandlungen in Anspruch nehmen, können demnach mit einer deutlichen Verringerung der Schmerzen selbst sowie mit einer Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit und des emotionalen Wohlbefindens rechnen.

Der aktuelle Stand der Schmerzbehandlung

In vielen Fällen sind die Ursachen chronischer Schmerzen bisher noch unbekannt, und herkömmliche medizinische Maßnahmen wie Schmerzmittel und operative Eingriffe bringen wenig oder gar keine Linderung – oder verschlimmern den Zustand. Menschen mit chronischen Schmerzen berichten häufig über ihre Frustration mit dem Gesundheitswesen und den Krankenversicherungen, die dazu neigen, ihre Beschwerden abzutun oder ihnen nicht gerecht zu werden.

Eine psychologische Behandlung kann den Bedarf an Medikamenten, Operationen und anderen invasiven Behandlungen verringern, die kostspielig, unwirksam und sogar gefährlich sein können. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben zudem herausgefunden, dass die Wirkung einer psychologischen Behandlung ein Leben lang anhalten kann.

Schmerzpatienten sollten sich in die Lage versetzt fühlen, die psychologische Behandlung zu wählen, die ihnen am meisten zusagt, so Driscoll. Wenn sie dies getan haben, ist die Suche nach einem Psychotherapeuten, der diese Behandlung anbietet und mit dem sie eine sinnvolle Beziehung aufbauen können, ein Schlüsselfaktor für den Erfolg.

Psychologische Behandlungen bei chronischen Schmerzen

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben gezeigt, dass psychologische Faktoren beim Auftreten, der Schwere und der Dauer chronischer Schmerzen eine Rolle spielen können. Aus diesen Gründen haben sich verschiedene psychologische Maßnahmen bei der Behandlung chronischer Schmerzen als wirksam erwiesen.

In dem genannten Artikel beschreiben die Forscher die Maßnahmen, die in der Schmerzmedizin am meisten untersucht wurden, darunter:

  • Unterstützende Psychotherapie, bei der der Schwerpunkt auf vorbehaltloser Akzeptanz und empathischem Verständnis liegt.
  • Entspannungstraining, also der Einsatz von Atmung, Muskelentspannung und visuellen Bildern, um der Stressreaktion des Körpers entgegenzuwirken
    Biofeedback, bei dem die physiologischen Reaktionen der Patienten auf Stress und Schmerzen (beispielsweise erhöhte Herzfrequenz, Muskelspannung) überwacht werden und den Patienten vermittelt wird, wie sie diese Reaktionen herunterregulieren können.
  • Hypnose durch einen geschulten Therapeuten, die Veränderungen in der Schmerzverarbeitung, -erwartung oder -wahrnehmung bewirken kann und ein Entspannungstraining beinhaltet.
  • Kognitive Verhaltenstherapie, bei der die Patienten lernen, maladaptive Gedanken über Schmerzen, die Stress verursachen, neu zu formulieren, nicht hilfreiche Verhaltensweisen wie Isolation und Inaktivität zu ändern und hilfreiche Verhaltensbewältigungsstrategien ( wie etwa Entspannung) zu entwickeln.
  • Achtsamkeitsbasierte Maßnahmen, die dazu beitragen, körperliche Schmerzen von emotionalen Schmerzen zu trennen, indem sie das Bewusstsein für den Körper, den Atem und die Aktivität schärfen.
  • Psychologisch orientierte Physiotherapie, die Physiotherapie und kognitive Verhaltenstherapie miteinander verbindet.

Der Bericht der Forscher der Yale University in der Fachzeitschrift Psychological Science in the Public Interest befasst sich ferner mit Themen wie der integrierten Schmerzbehandlung oder der Verschmelzung medizinischer, psychologischer und sozialer Aspekte der Gesundheitsversorgung, der Zukunft der Schmerzbehandlung und der Verbesserung der Verfügbarkeit und Integration von Schmerzbehandlungsstrategien.

Quellen und Autoren: Yale University / Psychological Science in the Public Interest / Mary A. Driscoll, Robert R. Edwards, William C. Becker, Ted J. Kaptchuk, Robert D. Kerns. DOI: 10.1177/15291006211008157

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