Studie: Flammschutzmittel im Wohnzimmern können Diabetes verursachen

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 27.06.2023, Lesezeit: 5 Minuten

Was verursacht Diabetes?

Laut einer neuen Studie der University of California, Riverside, führen Flammschutzmittel, die in fast jedem Haushalt zu finden sind, bei Mäusen dazu, dass die Nachkommen an Diabetes mellitus erkranken.

  • Die meisten Flammschutzmittel sind gesundheitsschädlich. Seit Jahren werden steigende Konzentrationen einiger Flammschutzmittel im Hausstaub, im Blut und in der Muttermilch gefunden.

Diabetes durch Chemikalien im Haus

Diese Flammschutzmittel (polybromierte Diphenylether, PBDE) werden mit Diabetes bei Erwachsenen in Verbindung gebracht.

Die vorliegende Studie zeigt, dass Flammschutzmittel (Polybromierte Diphenylether, PBDE) Diabetes bei Mäusen auslösen, die der Chemikalie nur über ihre Mutter ausgesetzt waren.

Die Mäuse erhielten das Flammschutzmittel (Polybromierte Diphenylether, PBDE) von ihren Müttern im Mutterleib und als Säuglinge über die Muttermilch. Bemerkenswerterweise erkrankten die weiblichen Nachkommen als Erwachsene an Diabetes, lange nachdem sie der Chemikalie ausgesetzt worden waren, erklärt Elena Kozlova, Hauptautorin der Studie und Doktorandin in Neurowissenschaften an der UC Riverside.

Flammschutzmittel und Diabetes

Flammschutzmittel (polybromierte Diphenylether, PBDE) sind weit verbreitete Chemikalien, die beispielsweise Möbeln und elektronischen Geräten zugesetzt werden, um Brände zu verhindern.

Da die Chemikalien nicht chemisch gebunden sind, können sie zum Beispiel durch Verdunstung oder Abrieb von Produkten weiträumig in die Umwelt (Raumluft) gelangen. Die Chemikalien finden sich in der Innenraumluft von Wohnungen, Autos und Flugzeugen.

Flammschutzmittel (polybromierte Diphenylether, PBDE) sind überall im Haus zu finden. Es ist unmöglich, sie vollständig zu vermeiden“, erklärt die Neurowissenschaftlerin und korrespondierende Autorin der Studie, Dr. Margarita Curras-Collazo.

Angesichts der früheren Verbindung mit Diabetes bei erwachsenen Männern und Frauen sowie bei schwangeren Frauen wollten Curras-Collazo und ihr Team herausfinden, ob diese Chemikalien schädliche Auswirkungen auf die Kinder von PBDE-exponierten Müttern haben könnten. Solche Experimente lassen sich jedoch nur an Mäusen durchführen.

Diabetes führt zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Nach einer Mahlzeit schüttet die Bauchspeicheldrüse das Insulinhormon aus, das den Zellen hilft, den Glukosezucker aus der Nahrung zu verwerten. Sind die Zellen gegen das Insulinhormon resistent, funktioniert es nicht wie vorgesehen und der Blutzuckerspiegel bleibt auch ohne weitere Nahrungsaufnahme erhöht.

Die Studie ist den Forschern zufolge bislang einzigartig, weil sowohl die Mütter als auch ihre Nachkommen auf alle Merkmale von Diabetes mellitus getestet wurden, die beim Menschen auftreten. Eine solche Untersuchung wurde bisher noch nie durchgeführt.

Die Forscher verabreichten den Mäusemüttern ein Flammschutzmittel (polybromierte Diphenylether, PBDE) in niedrigen Konzentrationen, die mit der durchschnittlichen Umweltbelastung von Frauen während der Schwangerschaft und Stillzeit vergleichbar sind.

Entwicklung der Glukoseintoleranz bei Säuglingen

Alle Babys entwickelten eine Glukoseintoleranz, hohe Nüchternglukosespiegel, Insulinhormonunempfindlichkeit und niedrige Inselhormonspiegel im Blut, die alle für Diabetes charakteristisch sind. Die Forscher stellten außerdem fest, dass die Säuglinge hohe Leberwerte von Endocannabinoiden aufwiesen, Molekülen, die mit Appetit, Stoffwechsel und Fettleibigkeit in Verbindung gebracht werden.

  • Obwohl die Mütter eine gewisse Glukoseintoleranz entwickelten, waren sie nicht so stark betroffen wie ihre Nachkommen.

Chemikalien in der Umwelt können an die Nachkommen weitergegeben werden

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass in der Umwelt vorkommende Chemikalien wie Flammschutzmittel (polybromierte Diphenylether, PBDE) von der Mutter auf die Nachkommen übertragen werden können und dass eine Exposition gegenüber diesen Stoffen in der frühen Entwicklungsphase gesundheitsschädlich ist, so die Autoren der Studie.

  • Das Forscherteam ist der Ansicht, dass zukünftige Langzeitstudien am Menschen notwendig sind, um die langfristigen Auswirkungen einer frühen PBDE-Exposition zu bestimmen.

Es ist wichtig zu wissen, ob menschliche Babys, die sowohl vor als auch nach der Geburt Flammschutzmitteln (polybromierten Diphenylethern, PBDE) ausgesetzt sind, später zu Kindern und Erwachsenen mit Diabetes werden, so die Wissenschaftler.

Die Forscher sind der Ansicht, dass die Vorteile, die Babys aus der Muttermilch ziehen, die Risiken, die mit der Weitergabe von Flammschutzmitteln (polybromierte Diphenylether, PBDE) an Kinder verbunden sind, bei weitem überwiegen. Sie raten von einer Einschränkung des Stillens ab.

Polybromierte Diphenylether (PBDE) werden nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) seit etwa 40 Jahren in erheblichem Umfang als Flammschutzmittel in Kunststoffen, in Elektrogeräten wie Computern, Laptops und Fernsehern oder in Baumaterialien eingesetzt.

  • Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Scientific Reports (nature.com) veröffentlicht.

Quellen

  • University of California, Riverside / Scientific Reports / Nature.com
  • Kozlova, E.V., Chinthirla, B.D., Pérez, P.A. et al. Maternal transfer of environmentally relevant polybrominated diphenyl ethers (PBDEs) produces a diabetic phenotype and disrupts glucoregulatory hormones and hepatic endocannabinoids in adult mouse female offspring. Sci Rep 10, 18102 (2020). https://doi.org/10.1038/s41598-020-74853-9

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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