Studie zeigt, dass eine bipolaren Störung zu vorzeitiger Sterblichkeit führen kann

Gesundheitsnews, Medizin und Forschung, Psychische Gesundheit

M.A. Dirk de Pol, Veröffentlicht am: 11.01.2024, Lesezeit: 9 Minuten

Eine neue Studie untersucht das erhöhte Risiko einer vorzeitigen Sterblichkeit bei Personen mit bipolarer Störung im Vergleich zu Personen ohne diese Störung. Ziel der Studie ist es, die bipolare Störung als unabhängigen Risikofaktor zu isolieren, indem die Daten von zwei Gruppen analysiert und andere Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Die Ergebnisse unterstreichen die Dringlichkeit, sich in der Medizin und im öffentlichen Gesundheitswesen mit diesem Mortalitätsrisiko zu befassen, sowie die Notwendigkeit einer stärkeren Sensibilisierung für die psychische Gesundheit.

Wie wurde die Studie durchgeführt, um die Auswirkungen der bipolaren Störung auf die vorzeitige Sterblichkeit zu untersuchen?

Für die Studie wurden Daten aus zwei Quellen verwendet: eine Kohorte von 1 128 Personen, darunter 847 mit bipolarer Störung, und ein größerer Pool von über 18 000 Patienten von Michigan Medicine. Ziel der Analyse war es, die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Todes bei Personen mit bipolarer Störung im Vergleich zu Personen ohne diese Erkrankung zu ermitteln. Dabei wurden Faktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und das Vorliegen anderer psychiatrischer Störungen berücksichtigt.

Was sind die Ergebnisse der Studie?

Die Ergebnisse der Studie waren alarmierend. Es wurde festgestellt, dass Personen mit bipolarer Störung ein vier- bis sechsmal höheres Risiko haben, vorzeitig zu sterben als Personen ohne diese Störung. Dieses erhöhte Sterberisiko bei Personen mit bipolarer Störung übertraf sogar das von Rauchern, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Todes unabhängig von ihrem bipolaren Status nur doppelt so hoch war. Außerdem wurde festgestellt, dass Bluthochdruck der einzige Faktor war, der mit einem höheren Sterberisiko während des Studienzeitraums verbunden war.

Was ist das besondere Risiko einer bipolaren Störung?

Die Studie ergab, dass die bipolare Störung selbst einen erheblichen Risikofaktor für vorzeitige Sterblichkeit darstellt. In früheren Untersuchungen wurde der Zusammenhang zwischen bipolarer Störung und Sterblichkeit häufig im Zusammenhang mit anderen häufigen Todesursachen untersucht. Ziel dieser Studie war es jedoch, die bipolare Störung als unabhängigen Faktor zu isolieren, der die Sterblichkeitsrate beeinflusst. Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer stärkeren Aufmerksamkeit seitens der Medizin und des öffentlichen Gesundheitswesens, um die zugrundeliegenden Faktoren anzugehen, die zu diesem erhöhten Risiko bei Personen mit bipolarer Störung beitragen.

Ist die Sensibilisierung für psychische Gesundheit wichtig?

Eine überraschende Erkenntnis war, dass die bipolare Störung ein größeres Risiko für einen vorzeitigen Tod darstellt als das Rauchen. Während umfangreiche Kampagnen durchgeführt wurden, um das Bewusstsein für die Prävention von Rauchen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schärfen, wurde der psychischen Gesundheit nicht die gleiche Aufmerksamkeit zuteil. Die Studienautoren betonten die Notwendigkeit einer groß angelegten Kampagne zur psychischen Gesundheit, um die mit der bipolaren Störung verbundene Sterblichkeitsrate zu senken.

Was sind einige zusätzliche Beobachtungen?

Die Studie enthielt noch einige weitere bemerkenswerte Ergebnisse. Bei Personen mit bipolarer Störung war die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie jemals geraucht hatten, als bei Personen ohne diese Störung. Außerdem wurde in der Gruppe mit bipolarer Störung eine höhere Prävalenz von Frauen beobachtet. In dieser Bevölkerungsgruppe war auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass Begleiterkrankungen wie Asthma, Diabetes, Bluthochdruck, Migräne, Fibromyalgie und Schilddrüsenprobleme auftraten.

Zusammenfassend unterstreicht diese Studie, wie wichtig es ist, sich mit den Faktoren zu befassen, die zu dem erhöhten Sterblichkeitsrisiko von Menschen mit bipolarer Störung beitragen. Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer stärkeren Sensibilisierung und von Maßnahmen in der Medizin und im öffentlichen Gesundheitswesen, um sicherzustellen, dass Personen mit bipolarer Störung Zugang zu einer konsistenten Versorgung haben. Das Verständnis des Zusammenhangs zwischen bipolarer Störung und anderen Gesundheitsproblemen kann der Gesellschaft als Ganzes helfen, Maßnahmen zur Förderung einer gesünderen Lebensweise für Betroffene zu entwickeln. Die Studie fordert umfassende Anstrengungen zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens und der Lebenserwartung von Menschen mit bipolarer Störung.

Was ist eine bipolare Störung ?

Eine bipolare Störung, auch als bipolare affektive Störung (BAS) bekannt, ist eine psychische Erkrankung, die zu den Stimmungsstörungen gehört. Sie ist durch extreme, zweipolige Schwankungen in der Stimmung, dem Antrieb und dem Aktivitätslevel gekennzeichnet. Die Betroffenen pendeln zwischen Depression und Manie hin und her, ohne diese Wechsel willentlich kontrollieren zu können. Früher wurde die bipolare Störung auch als manisch-depressive Erkrankung oder manische Depression bezeichnet.

Die bipolare Störung zeigt sich durch verschiedene Phasen. In der sogenannten manischen Episode sind die Betroffenen überschwänglich, extrem aktiv, reizbar, sprunghaft und unruhig. Sie haben einen gesteigerten Antrieb und Rastlosigkeit. Die Wahrnehmung der Realität kann eingeschränkt sein, und die Betroffenen können irrational handeln. In der depressiven Episode haben die Betroffenen eine überdurchschnittlich gedrückte Stimmung, verminderten Antrieb und können Suizidgedanken haben. Sie fühlen sich traurig, antriebslos und haben eine gedrückte Grundstimmung.

In der Hypomanie handelt es sich um eine nicht stark ausgeprägte Manie, die jedoch bereits deutlich über einem normalen Aktivitäts- und/oder Stimmungsausschlag liegt. Die Betroffenen haben einen gesteigerten Antrieb, sind jedoch nicht so stark beeinträchtigt wie in einer manischen Episode.

In der sogenannten gemischten Episode treten Symptome sowohl der Manie als auch der Depression gleichzeitig oder rasch wechselnd auf. Es kann beispielsweise zu einem verstärkten Antrieb in Verbindung mit einer gedrückten Grundstimmung kommen.

Die bipolare Störung beginnt meist in der Adoleszenz oder dem frühen Erwachsenenalter. Oftmals wird sie erst viele Jahre nach Ausbruch erkannt, was zu einer langen Leidenszeit führen kann. Die Symptome können starke Auswirkungen auf Entscheidungen, Beziehungen und den Lebensweg haben. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung durch Spezialisten kann die Auswirkungen der Störung möglicherweise mildern.

Es wird angenommen, dass die bipolare Störung mit Kreativität in Verbindung gebracht werden kann. Viele erfolgreiche Menschen, insbesondere in künstlerischen Berufen, sind von dieser Störung betroffen. Der gesteigerte Antrieb in hypomanen Phasen kann zu ungewöhnlichen und gewagten Projekten führen, und Ziele werden oft mit großem Engagement verfolgt.

Welche weiteren Risiken birgt eine bipolare Störung?

Eine bipolare Störung birgt verschiedene Risiken für die Betroffenen. Menschen mit bipolarer Störung haben ein erhöhtes Risiko für Suizidgedanken und -versuche. Die Suizidhäufigkeit liegt bei 15 bis 30% über das gesamte Leben betrachtet. Personen mit bipolarer Störung haben zudem ein erhöhtes Risiko, Suchtmittel wie Alkohol, Medikamente und Drogen zu missbrauchen. Dies kann die Symptome der Erkrankung verschlimmern und die Behandlung erschweren.

Bipolare Störungen können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Die Stimmungsschwankungen und die damit verbundenen Symptome können den Alltag, die Arbeit, die Beziehungen und die persönliche Zufriedenheit beeinflussen. Das Vorhandensein von psychotischen Symptomen wie Wahnvorstellungen kann auf einen ungünstigen Verlauf der bipolaren Störung hinweisen. Personen mit psychotischen Symptomen haben ein höheres Rückfallrisiko und entwickeln bei der nächsten manischen Episode häufig wieder psychotische Anzeichen.

Bei einem Rapid Cycling-Verlauf, bei dem die Stimmungslage zwischen den Phasen instabil bleibt, können die Betroffenen Schwierigkeiten haben, den Alltag zu bewältigen. Dies kann zu erheblichen Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen mit bipolarer Störung die gleichen Risiken haben. Der Verlauf und die Auswirkungen der Erkrankung können von Person zu Person unterschiedlich sein. Eine individuell angepasste Therapie und Unterstützung können dazu beitragen, die Risiken zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Welche Auswirkungen hat eine bipolare Störung auf das Familienleben?

Eine bipolare Störung kann erhebliche Auswirkungen auf das Familienleben haben. Die Stimmungsschwankungen und Verhaltensänderungen, die mit dieser Erkrankung einhergehen, können Familienmitglieder stark verunsichern und belasten. Die unvorhersehbaren Stimmungsschwankungen können den Familienalltag aus dem Gleichgewicht bringen. Die betroffene Person kann von extremer Euphorie und Aktivität (manische Phase) zu tiefer Traurigkeit und Antriebslosigkeit (depressive Phase) wechseln. Diese Veränderungen können den normalen Ablauf des Familienlebens beeinträchtigen und zu Unsicherheit und Stress führen.

Die bipolare Störung kann die Partnerschaft stark belasten. Der Partner kann sich überfordert fühlen, da er mit den Stimmungsschwankungen und dem unberechenbaren Verhalten des erkrankten Familienmitglieds umgehen muss. Die Kommunikation kann schwierig sein und es kann zu Konflikten kommen. Die Partnerschaft kann unter dem Druck der Erkrankung leiden.

Kinder in Familien, in denen ein Elternteil an einer bipolaren Störung leidet, können ebenfalls stark betroffen sein. Sie können verwirrt, verängstigt oder verunsichert sein, wenn sie mit den Stimmungsschwankungen und dem unvorhersehbaren Verhalten des erkrankten Elternteils konfrontiert werden. Sie können Schwierigkeiten haben, die Situation zu verstehen und können sich selbst die Schuld geben. Die Erkrankung kann ihre emotionale und psychische Entwicklung beeinflussen.

Die bipolare Störung kann auch finanzielle Auswirkungen auf die Familie haben. In manischen Phasen kann die betroffene Person impulsiv und verschwenderisch sein, was zu finanziellen Problemen führen kann. Dies kann die Familie belasten und zu finanziellen Schwierigkeiten führen.

Die Erkrankung kann auch Auswirkungen auf das soziale Leben der Familie haben. Die betroffene Person kann Schwierigkeiten haben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten oder Beziehungen zu pflegen. Dies kann zu Isolation und Einsamkeit führen, sowohl für die erkrankte Person als auch für ihre Familie.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen einer bipolaren Störung auf das Familienleben individuell unterschiedlich sein können. Jede Familie und jede Situation ist einzigartig. Es gibt jedoch Unterstützung und Hilfe für Familien, die mit dieser Erkrankung umgehen müssen. Therapie, Medikamente und Unterstützungsgruppen können dazu beitragen, die Auswirkungen der bipolaren Störung auf das Familienleben zu bewältigen und die Familie zu unterstützen.

Quellen

  1. Anastasia K. Yocum, Emily Friedman, Holli S. Bertram, Peisong Han, Melvin G. McInnis. Comparative mortality risks in two independent bipolar cohorts. Psychiatry Research, 2023. https://doi.org/10.1016/j.psychres.2023.115601.
  2. Bipolar disorder – Wikipedia, 2024.
  3. Bipolare Störung – Auswirkungen, 2023.
  4. Bipolare Störung – Prognose und Verlauf, 2023.
  5. Bipolare Störung – Wenn das eigene Kind betroffen ist, Deutschlandfunk. 2019.
  6. M. Neale, P. Sklar: Genetic analysis of schizophrenia and bipolar disorder reveals polygenicity but also suggests new directions for molecular interrogation.In: Current opinion in neurobiology. Band 30, Februar 2015, doi:10.1016/j.conb.2014.12.001PMID 25544106

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