Studie: Welche Rolle die Haut bei Allergien spielt

Allergien und Unverträglichkeiten

Torsten Lorenz, aktualisiert am 15. Januar 2023, Lesezeit: 7 Minuten

Wie entstehen Allergien und was löst sie aus?

Die Immunzellen in der Haut spielen bei der Entstehung von Allergien eine viel größere Rolle als bisher angenommen, wie eine Studie von Forschern des neuseeländischen Malaghan Institute of Medical Research zeigen.

Mit dieser Entdeckung wird die lange Zeit vorherrschende Meinung in Frage gestellt, dass sich Immunzellen unabhängig von ihrem Aufenthaltsort im Körper immer gleich verhalten, was weitreichende Auswirkungen auf allergische und entzündliche Erkrankungen hat.

  • Die Forscher fanden heraus, dass sich dendritische Zellen in der Haut anders verhalten als ihre Gegenstücke an anderen Teilen des Körpers.

Diese Erkenntnis, die das Ergebnis einer mehrjährigen Forschungsarbeit ist, stellt die gängige Auffassung über das Verhalten dieser wichtigen Immunzellen grundlegend in Frage.

Laut Professor Graham Le Gros, Direktor des Malaghan Institute stellt diese Entdeckung einen Meilenstein in der Grundlagenforschung der Immunologie dar, der weitreichende Auswirkungen auf die Konzeption und Entwicklung von Immuntherapien gegen allergische und entzündliche Erkrankungen haben wird.

Wie Immunzellen auf potenzielle Bedrohungen im Körper reagieren

Immunzellen sind auf bestimmte chemische Signale angewiesen, die ihnen mitteilen, ob und wie sie auf potenzielle Bedrohungen im Körper reagieren sollen. Eines dieser Signale heißt IL-13, ein Molekül, das gebildet wird, wenn Immunzellen eine durch Allergene oder Parasiteninfektionen verursachte Zellschädigung erkennen.

Die Freisetzung von IL-13 wirkt wie ein Schalter, der das Immunsystem auf eine bestehende Bedrohung aufmerksam macht, was zu einer Vielzahl von Reaktionen führt, die Immunzellen an den Ort der Infektion bringen, damit die eingedrungenen Organismen zerstört werden können, bevor sie weiteren Schaden anrichten.

  • Dieser Vorgang wird als Entzündungsreaktion bezeichnet.

Bislang sind Immunologen davon ausgegangen, dass IL-13 nur dann ausgeschüttet wird, wenn es unbedingt notwendig ist. Vor einigen Jahren beobachteten die Forschenden des Malaghan Institute of Medical Research jedoch etwas Seltsames: IL-13 schien in der Haut ständig vorhanden zu sein, aber nirgendwo sonst im Körper.

  • Mehrere Jahre Forschungsarbeit waren nötig, um festzustellen, dass es sich dabei nicht um eine zufällige Beobachtung handelte, sondern um eine einzigartige Eigenschaft der Immunzellen in der Haut.

Die Haut in einer ständigen Abwehrreaktion

Die Haut ist anders als jedes andere Organ in unserem Körper. Sie muss mit dem ständigen Angriff unerwünschter und manchmal gefährlicher Organismen abwehren, mit denen der Körper in jeder Minute des Tages in Berührung kommt.

Selbst wenn wir in unserem Wohnzimmer sitzen, hat unsere Haut die Aufgabe, Viren, Bakterien, Pilzsporen, Hausstaubmilben und vieles mehr daran zu hindern, sich festzusetzen und Schaden anzurichten.

Unsere Haut hat nicht immer die Zeit, in aller Ruhe zu entscheiden, welche eindringenden Partikel ungefährlich sind und welche uns krank machen könnten, wenn es darum geht, uns zu schützen.

Im Zweifelsfall ist die Devise „erst abwehren, dann fragen“ vielleicht der beste Ansatz, um unseren Körper zu schützen, so die Wissenschaftler. Schließlich ist es besser, die Immunreaktion auf etwas Harmloses auszulösen, als ein tödliches Virus unbemerkt aufzunehmen.

  • Dieses „Priming“ der Immunreaktion könnte der Grund dafür sein, dass IL-13 in der Haut auf einem niedrigen, aber beständigen Niveau benötigt wird, so die Vermutung der Forscher.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen außerdem, dass sich die Immunzellen in der Haut, insbesondere die dendritischen Zellen, in einzigartiger Weise an die Anwesenheit von IL-13 angepasst haben, verglichen mit anderen Stellen im Körper.

Die Kehrseite dieses Zusammenspiels kann jedoch bedeuten, dass sich die Haut in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen der Auslösung von Immunreaktionen und dem Ausbleiben solcher Reaktionen befindet.

Bei den meisten Menschen wird dieses Gleichgewicht ohne Schwierigkeiten aufrechterhalten. Für andere Menschen kann es die Ursache dafür sein, dass sie eine Allergie entwickeln.

Die Haut und der allergische Marsch

Die Ursachen für eine Allergie können vielfältig sein: Pollen, Erdnüsse, Staub, Schalentiere, Tierhaare, Chemikalien, etc. Wenn diese Auslöser chronisch werden, kommt es zu einer allergischen Erkrankung.

Die Forschenden des Malaghan-Instituts, glauben, dass die Haut der gemeinsame Faktor ist, der alle diese Allergien beziehungsweise allergischen Reaktionen miteinander verbindet.

Viele Allergiker können bestätigen, dass die meisten Menschen nicht nur gegen eine Sache allergisch sind. Vielmehr neigen Allergien dazu, sich im Laufe des Lebens zu häufen und zu verändern.

Ein Ekzem mag zwar nicht so gefährlich erscheinen wie eine lebensbedrohliche Erdnussallergie, doch ist die Sensibilisierung der Haut oft nur eine Vorstufe zu anderen schwerwiegenden allergischen Erkrankungen im späteren Leben, wie beispielsweise Nahrungsmittelallergien oder Asthma.

  • Dieser Trend wird auch als „allergischer Marsch“ bezeichnet, und bei den meisten Menschen beginnt dieser Marsch bereits in jungen Jahren durch die Haut.

Bislang ist noch nicht viel darüber bekannt, warum es den allergischen Marsch überhaupt gibt und was man dagegen tun kann. Im Allgemeinen sind sich die wissenschaftlichen Experten einig, dass je früher man das Auftreten von Allergien verhindern kann, desto weniger negative Auswirkungen sie langfristig haben werden.

Sowohl der allergische Marsch als auch die Entdeckung von IL-13 in der Haut zeigen, wie wichtig die Haut ist, wenn es darum geht, ob eine Person einen lebenslangen Kampf mit allergischen Erkrankungen führen wird oder nicht.

Auslöser von Allergien

Das menschliche Immunsystem weiß nicht von Geburt an, was gut für uns ist und was nicht. Einiges lernt der Körper schon im Mutterleib und beim Stillen. Den Rest muss das Immunsystem selbst lernen – eine Begegnung nach der anderen.

Wie im richtigen Leben ist der erste Eindruck entscheidend, und wie man etwas zum ersten Mal erlebt, kann entscheidend sein, wenn es darum geht, Allergien zu entwickeln oder zu verhindern.

Nehmen wir zum Beispiel die Lebensmittel, die wir essen. Unser Darm und die Immunzellen im Darm haben sich so entwickelt, dass sie mit allen Arten von Lebensmitteln umgehen können, die wir zu uns nehmen.

Er weiß, wie „Lebensmittel“ aussehen, und weiß daher, dass sie keine Bedrohung darstellen. Was aber, wenn der erste Kontakt mit einem Lebensmittel nicht über den Darm, sondern über die Haut erfolgt? Die Immunzellen, die dort leben, könnten das falsch einschätzen.

Was der Mensch auf sein Haut aufträgt, ist entscheidend, so die Forscher. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die frühe Aufnahme von Lebensmitteln über die Haut bei anfälligen Personen eine Lebensmittelallergie auslösen kann, und die verspätete Aufnahme von risikobehafteten Lebensmitteln wie Ei und Erdnussbutter in die Säuglingsnahrung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Lebensmittelallergie.

Allergologen sehen nur allzu oft Patienten mit schweren Allergien gegen Lebensmittel, die in Dingen wie Hautcremes und Seifen enthalten sind.

Prof. Ronchese und Dr. Brewerton vom Malaghan Institute of Medical Research empfehlen Eltern, darauf zu achten, dass ihren Kindern nicht unnötigerweise wichtige Dinge aus ihrer Umgebung oder ihrer Ernährung vorenthalten werden, und zweimal darüber nachzudenken, welche Produkte sie auf die Haut ihrer Kinder auftragen.

Quellen

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