In der heutigen Zeit, in der wir von einer Flut an Informationen und Geräuschen umgeben sind, ist das Hörvermögen von entscheidender Bedeutung für unsere zwischenmenschliche Kommunikation und unser allgemeines Wohlbefinden. Das Tragen eines Hörgeräts kann dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit Hörverlust erheblich zu verbessern. Wenn jedoch jemand aus verschiedenen Gründen auf das Tragen eines Hörgeräts verzichtet, können sich sowohl gesundheitliche als auch psychologische Folgen ergeben.
ÜBERSICHT
- 1 Folgen eines Verzichts auf ein Hörgerät
- 2 Mehrkosten bei Hörgeräten: Ein Problem der Krankenkassen
- 3 Die Rolle des HNO-Arztes in der Hörgeräteversorgung
- 4 Qualitätssicherung und ärztliche Kontrolle
- 5 Die Bedeutung qualitativer Hörtests und Beratungen
- 6 Welche Kosten übernimmt die Krankenkasse?
- 7 Hörhilfen ohne zusätzliche Kosten
Folgen eines Verzichts auf ein Hörgerät
Gesundheitlich gesehen kann der Verzicht auf ein Hörgerät zu einer Verschlechterung des Hörvermögens führen. Wenn das Gehirn nicht mehr ausreichend stimuliert wird, um Schallwellen in akustische Signale umzuwandeln, besteht die Gefahr, dass es an Hörleistung verliert. Dies kann zu einem allmählichen Rückgang der Hörqualität führen und das Risiko von kognitiven Problemen wie Demenz erhöhen.
Darüber hinaus können soziale und psychologische Auswirkungen auftreten, wenn jemand kein Hörgerät trägt. Hörverlust kann zu sozialer Isolation führen, da die Kommunikation mit anderen Menschen erschwert wird. Dies kann zu Frustration, Einsamkeit und einer Abnahme der Lebensqualität führen. Studien haben auch gezeigt, dass unbehandelter Hörverlust das Risiko von Depressionen und Angstzuständen erhöhen kann.
Es ist wichtig zu erkennen, dass das Tragen eines Hörgeräts nicht nur eine technische Lösung für Hörverlust ist, sondern auch einen positiven Einfluss auf die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person haben kann. Durch die Verbesserung des Hörvermögens können kognitive Funktionen gestärkt, soziale Interaktionen erleichtert und die Lebensqualität insgesamt verbessert werden.
Mehrkosten bei Hörgeräten: Ein Problem der Krankenkassen
Allerdings steht die Qualität der Hörgeräteversorgung in Deutschland im Fokus der Diskussion. Viele Patienten sind mit Mehrkosten konfrontiert, die sie beim Hörakustiker tragen müssen. Doch worin liegen die Gründe, und welche Rolle spielt der HNO-Arzt in diesem Kontext?
Laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. (DBHNO) sind über 70 Prozent der Versicherten gezwungen, beim Hörakustiker zusätzliche Kosten zu übernehmen. Diese Mehrkosten, die oft 1.169 Euro übersteigen, sind dem Verband zufolge ein direktes Resultat der Politik der Krankenkassen. Obwohl die gesetzliche Krankenversicherung eine angemessene Versorgung ohne zusätzliche Kosten vorsieht, ist dies in der Praxis nicht immer der Fall.
Die Rolle des HNO-Arztes in der Hörgeräteversorgung
PD Dr. Jan Löhler, Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für angewandte HNO-Heilkunde (WIAHNO), betont die Wichtigkeit einer konsequenten Einbindung des HNO-Arztes in den Prozess der Hörgeräteversorgung. In vielen Fällen wird jedoch bewusst darauf verzichtet, die Abgabe von Hörgeräten durch den HNO-Arzt überprüfen zu lassen. Dies führt nicht nur zu Mehrkosten für die Patienten, denen häufig unnötig teure Geräte verkauft werden, sondern birgt auch das Risiko, dass ernsthafte Erkrankungen, die Schwerhörigkeit verursachen, übersehen werden.
Qualitätssicherung und ärztliche Kontrolle
Verträge zwischen der Bundesinnung der Hörakustiker und den Krankenkassen lassen oft die ärztliche Kontrolle außer Acht. Dies bedeutet, dass viele Patienten ihre Hörgeräte ohne die notwendige Überprüfung durch einen HNO-Arzt erhalten. Dr. Löhler kritisiert diesen Zustand scharf, da die ärztliche Kontrolle der Hörverbesserung durch die Geräte im Sinne der Patienten unerlässlich ist.
Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte setzt sich seit Jahren für die strikte Einhaltung der Qualitätsvorgaben bei der Versorgung von schwerhörigen Patienten ein. Ihr Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Abgabe von angepassten Hörgeräten nur nach der finalen Überprüfung durch den HNO-Arzt erfolgt. Dies würde gewährleisten, dass die Patienten ein für sie geeignetes Hörgerät erhalten.
Die Verhandlungen über die Einbindung des HNO-Arztes in die Hörgeräteversorgung gestalten sich schwierig. Dr. Löhler betont jedoch, dass die Ergebnisse der jüngsten Versichertenbefragung den Krankenkassen Anlass geben sollten, ihre Position in den Verhandlungen zu überdenken. Es ist im besten Interesse aller Beteiligten, eine qualitativ hochwertige Hörgeräteversorgung sicherzustellen, die den Bedürfnissen der Patienten gerecht wird.
Die Bedeutung qualitativer Hörtests und Beratungen
Immer wieder haben Verbrauchersendung die Qualität der Beratungen durch Hörgerät-Anbieter heimlich mit versteckter Kamera getestet, um die Qualität der Beratungen in verschiedenen Hörzentren zu bewerten. Immer wieder unterstreichen die Ergebnisse dabei die Bedeutung gründlicher Höruntersuchungen und den Bedarf an zuverlässigen Empfehlungen beim Kauf von Hörgeräten.
Am Anfang sollte stets ein Hörtest beim HNO-Arzt stehen, der die Ohren untersucht, um sicherzustellen, dass Schall effektiv das Innenohr erreicht. Verschiedene Ton- und Sprachtests werden dabei durchgeführt, um das Hörvermögen zu bewerten. Dies ist für eine genaue Diagnose eines möglichen Hörverlustes unerlässlich. Sollte sich dabei der künftige Einsatz eines Hörgerätes als sinnvoll erweisen, steht ein Besuch bei Hörgeräteakustikern oder Audiologiezentren an.
Dabei ist allerdings Aufmerksamkeit und eine gewisse Vorsicht geboten, denn immer wieder schlagen einige Audiologiezentren nach kurzen Tests Hörgeräte zu hohen Preisen vor, die durch eine Zuzahlung der Krankenkassen nicht abgedeckt sind, was oftmals zu Unzufriedenheit führt.
Die Herausforderung der Hörminderung ist ein weitreichendes Phänomen. Gemäß den Statistiken des Deutschen Schwerhörigenbundes e.V. sind 19 Prozent der deutschen Bevölkerung von einer Hörbeeinträchtigung betroffen. Hörgeräte dienen dazu, diese Defizite auszugleichen und die Kommunikation im Alltag zu erleichtern oder gar zu normalisieren. Sie wirken, indem sie Geräusche verstärken und das Verstehen von Sprache bei Umgebungsgeräuschen verbessern, räumliches Hören ermöglichen und die Beeinträchtigung durch Tinnitus mildern.
Welche Kosten übernimmt die Krankenkasse?
Wenn ein HNO-Arzt oder eine HNO-Ärztin ein Hörgerät verschreibt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für das medizinisch notwendige Standardgerät. Sollten Sie jedoch ein hochwertigeres, ästhetisch ansprechenderes und teureres Gerät bevorzugen, müssen Sie den Aufpreis selbst tragen. Ob das von der Krankenkasse finanzierte Basisgerät ausreichend ist, hängt von vielen individuellen Faktoren ab und kann nicht verallgemeinert werden.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen in der Regel pro Hörgerät einen Vertragspreis von 685 €, zuzüglich einer Pauschale für individuell gefertigte Ohrstücke von 33,50 € und einer Servicepauschale für Reparaturarbeiten von etwa 125 €. Bei schwerer Schwerhörigkeit, die an Taubheit grenzt, erhöht sich die Kostenübernahme für das Hörgerät auf etwa 840 €. Eine erneute Versorgung mit einem zweiten Hörgerät ist frühestens nach sechs Jahren möglich.
Schwerhörigkeit bezeichnet eine Einschränkung des Hörvermögens, die von einer geringfügigen Beeinträchtigung bis zum vollständigen Hörverlust reichen kann und sowohl vorübergehend als auch dauerhaft sein kann. In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung wird genau festgelegt, bei welchen Hörbeeinträchtigungen eine Versorgung mit einem Hörgerät in Betracht kommt.
Die Versorgung mit einem Hörgerät beginnt mit einer Untersuchung durch einen HNO-Arzt oder eine HNO-Ärztin, um die Ursache des Hörverlustes und den Grad der Beeinträchtigung zu ermitteln. Je nach Ergebnis der Untersuchung und der zugehörigen Tests wird eine Hörhilfe verordnet. Die Zufriedenheit mit einem Hörgerät hängt maßgeblich von der Erstanpassung des Akustikers oder der Akustikerin ab, die das Hörgerät auf Grundlage der ärztlichen Verordnung an das individuelle Hörverlustmuster des Patienten anpassen muss.
Hörhilfen ohne zusätzliche Kosten
Die Vielfalt der Hörgeräte-Modelle auf dem Markt ist beeindruckend und ihre Preise werden in drei Hauptkategorien eingeteilt. Neben den Geräten, die ohne zusätzliche Kosten erhältlich sind, gibt es:
- Die Einsteigerklasse, deren Geräte einen Mindestpreis von 10 Euro pro Stück aufweisen.
- Die Mittelklasse, mit Preisen, die in der Regel zwischen 500 und 1.200 Euro pro Gerät liegen.
- Die Oberklasse, deren Preise zwischen 1.200 und 1.800 Euro variieren, wobei es nach oben hin keine Begrenzung gibt.
Es ist zu beachten, dass die Kosten für ein Hörgerät in direktem Zusammenhang mit seiner technischen Raffinesse und Ausstattung stehen. Ästhetik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, da viele Menschen kleine, unauffällige Geräte bevorzugen, was sich natürlich auf den Preis auswirkt.
Mindeststandards für kostenfreie Geräte
Einsteigermodelle beginnen mit einer Preisspanne zwischen 10 und 20 Euro und erfüllen stets die technischen Mindestanforderungen. Hörgeräteakustiker sind verpflichtet, sicherzustellen, dass alle angebotenen Geräte diesen Mindeststandard erfüllen. Dazu gehören eine vollständig digitale Ausstattung und zusätzlich:
- Automatisch anpassbare Einstellung
- Störschallreduzierung
- Drei wählbare Hörprogramme
- Vier Frequenzkanäle
- Rückkopplungsunterdrückung
- Verstärkerleistung von bis zu 75 Dezibel
Selbst Geräte der unteren Preiskategorie erfüllen diese Mindestanforderungen. Auch kostenfreie Hörgeräte müssen dem aktuellen technischen Standard entsprechen. Ein kostenfreies Hörgerät ohne Zuzahlung eignet sich daher für die Grundversorgung und ermöglicht es, in ruhigen Hörsituationen, die Worte des Gesprächspartners zu verstehen.
Hörgeräte-Modelle ohne Zuzahlung
Hörgeräteakustiker empfehlen natürlich nicht nur kostenfreie Geräte, sondern auch teurere Modelle mit technisch besserer Ausstattung. In vielen Fällen sind jedoch kostenfreie Modelle völlig ausreichend. Auch diese verfügen bereits über die volldigitale Technik. Einige Anbieter führen unter anderem kostenfreie Hörgeräte oder besonders günstige Modelle, darunter zum Beispiel:
- Audio Service – Modellreihe Nova 2
- Echo One und Echo Pro
- Interon – Modellreihen Start und Stage
- Phonak – Milo und Milo Plus sowie Audéo S Basic
- Signia Silk 1X
- Unitron D Moxi Fit 3 – einige Modelle der Shine Reihe
- Widex – einige Modelle der Bravo Reihe
In der Regel sind Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte von der Zuzahlung befreit. Einige In-Ohr-Hörhilfen können aber ebenfalls kostenfreie Geräte sein.
So klappt die Geräteauswahl!
Wichtig: Beim Testhören ist der erste Eindruck nicht ausschlaggebend. Direkt nach der Anpassung der Hörgeräte oder in den eigenen vier Wänden sind die Unterschiede zwischen Hörgeräten ohne Zuzahlung und solchen mit Zuzahlung nicht sofort erkennbar. Zunächst müssen sich das Gehör und das Gehirn an die in der Vergangenheit vielleicht verlorenen Eindrücke wieder gewöhnen und sie neu erlernen oder wieder richtig verarbeiten.
Bei lautem Umfeld mit hohem Geräuschpegel oder auch bei einem Durcheinander in Gesprächen lassen sich die Qualitätsunterschiede am leichtesten erkennen. In Situationen, die vielfältige Geräusche bieten, können wir wichtige Erfahrungen sammeln, die für oder gegen das eine oder andere Hörgerät sprechen. Daher sollten nicht nur günstige Hörgeräte ohne Zuzahlung getestet werden, sondern auch Modelle aus höheren Preiskategorien, um die Vorteile der fortschrittlicheren Technologie kennenzulernen. Beim Probetragen und Hören sollten Sie auf Folgendes achten:
- Lassen Sie sich vom Akustiker die Vorteile hochwertigerer Hörgeräte erklären und vorführen.
- Vergleichen Sie die verschiedenen Hörgeräte schon beim Akustiker und später beim Probetragen in verschiedenen Geräuschsituationen.
- Vergleichen Sie, wie einfach ein Gerät zu bedienen ist. Passt es sich automatisch an oder müssen Sie selbst häufig Einstellungen ändern?
Hörgeräte ohne Zuzahlung müssen nicht zwangsläufig von minderer Qualität sein. In vielen Fällen können sie ausreichen, um wieder richtig zu hören und zu verstehen. Oftmals lohnt sich jedoch ein Vergleich und die Nutzung einer fortschrittlicheren Technologie. Es sollte nicht vergessen werden, dass Hörgeräte ständige Begleiter sind und gutes Hören und Verstehen die Lebensqualität erheblich verbessern können.
Wichtig: Zögern Sie nicht, ihr Hörgerät durch Ihren HNO-Arzt überprüfen zu lassen, die Kosten dafür werden von der Krankenkasse übernommen.
Quellen
- Hörgeräteversorgung: HNO-Arzt wird nicht konsequent einbezogen. Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. 06.2019.
- Kasse muss Hörgeräte zahlen. DGB Rechtsschutz, 04.01.2023
- Hörgerät. German Wikipedia, 2023.
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ddp