In den letzten Jahren hat sich das Interesse an der klinischen Anwendung klassischer Psychedelika bei der Behandlung von Depressionen und Angststörungen wieder verstärkt. Forscher der Universität Zürich haben nun gezeigt, dass Achtsamkeitsmeditation die positiven Langzeiteffekte einer einzelnen Dosis Psylocibin, die in bestimmten Pilzen vorkommt, verstärken kann.
Halluzinogene wie LDS oder Psylocibin, der Wirkstoff in “Zauberpilzen”, verändern die Wahrnehmung derjenigen, die sie einnehmen: Die Grenzen zwischen dem Selbst und der Welt beginnen sich aufzulösen und Gefühle von Glückseligkeit und Einheit werden ausgelöst. Solche Erfahrungen der Selbsttranszendenz und reduzierten Selbstfokussierung ähneln denen, die durch Achtsamkeitsmeditation hervorgerufen werden.
Sie können Stress abbauen, Gefühle anhaltenden Glücks hervorrufen und Empathie und Altruismus fördern. Im Gegensatz dazu sind übertriebene Selbstfokussierung, wiederkehrende negative Gedanken und Gefühle über sich selbst und beeinträchtigte soziale Interaktionen charakteristische Merkmale von psychiatrischen Störungen wie Depressionen.
Verbesserte Erfahrung der Selbsttranszendenz
Forscher des Universitätsklinikums für Psychiatrie Zürich haben nun erstmals die möglichen synergistischen Effekte der Kombination von Achtsamkeitsmeditation und Psylocibin untersucht. Die Wissenschaftler rekrutierten 40 Meditationsexperten, die an einem fünftägigen Achtsamkeits-Retreat teilnahmen. In der Doppelblindstudie erhielten die Teilnehmer am vierten Tag des Gruppenretreats entweder eine Einzeldosis Psylocibin oder ein Placebo.
Mithilfe verschiedener psychometrischer und neurokognitiver Messungen konnte das Forscherteam zeigen, dass Achtsamkeitsmeditation die positiven Wirkungen von Psylocibin steigert und gleichzeitig möglichen dysphorischen Reaktionen auf die psychedelische Erfahrung entgegenwirkt. “Psylocibin erhöhte die Inzidenz und Intensität der Selbsttranszendenz im Vergleich zu den mit Placebo behandelten Teilnehmern praktisch ohne Angstzustände”, so Lukasz Smigielski, der die Studie unter der Leitung des Psychiatrieprofessors der UZH Franz Vollenweider durchführte.
Nachhaltige wohltuende Wirkung
Bei der viermonatigen Nachuntersuchung zeigten die mit Psylocibin behandelten Meditationsexperten günstigere Veränderungen der psychosozialen Funktionsweise, bessere Selbstakzeptanz und mehr Empathie als die Placebo-Kontrollgruppe. Laut Vollenweider spielte die Intensität der Selbsttranszendenz während der Exerzitien eine Schlüsselrolle für diese dauerhaften Veränderungen. In einer zuvor veröffentlichten Studie verwendeten er und sein Team die Magnetresonanztomographie, um zu zeigen, dass Erfahrungen mit Selbsttranszendenz zu dauerhaften Veränderungen der neuronalen Verbindungen im Gehirn führen, insbesondere in den Regionen, die aktiv sind, wenn wir an uns selbst denken.
Die Forschungsgruppe stellte fest, dass neben der Meditationstiefe die Offenheit und der Optimismus der Teilnehmer eine positive Reaktion auf Psylocibin begünstigten. “Diese Faktoren können uns helfen, eine positive Reaktion vorherzusagen”, sagt Vollenweider. Gleichzeitig scheinen Fähigkeiten, die während der Achtsamkeits-Meditation trainiert werden – wie die Regulierung der Aufmerksamkeit und die Neubewertung von Emotionen – mögliche negative Reaktionen auf Psylocibin zu puffern.
Potenzial zur Behandlung von affektiven Störungen
Die Ergebnisse geben Aufschluss über das Zusammenspiel von pharmakologischen und extrapharmakologischen Faktoren in psychedelischen Geisteszuständen, die Forscher. Sie weisen darauf hin, dass Achtsamkeitstraining die positiven Wirkungen einer einzelnen Dosis Psylocibin verstärkt, das Einfühlungsvermögen erhöht und die Ego-Zentrizität dauerhaft verringert. Dies eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten, zum Beispiel für die Behandlung von Depressionen, die häufig mit einer erhöhten Selbsttätigkeit einhergehen -Fokus und soziale Defizite.
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