Neue biochemische „Warnzeichen“ für Depressionen im Frühstadium entdeckt

Psychische Gesundheit

Medizin Doc Redaktion, aktualisiert am 9. Februar 2020, Lesezeit: 4 Minuten

Depressionen besser erkennen und diagnostizieren

Circa als 350 Millionen Menschen weltweit sind von einer schweren depressiven Erkrankung betroffen.

Bislang gibt es jedoch keine bewährten Biomarker, auf die sich Ärzte verlassen können, um die Symptome einer Depression im Frühstadium zu erkennen.

Einer Studie aus Japan zufolge deuten hohe Anthranilsäurewerte im Blut auf ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer schweren depressiven Störung hin.

Man geht davon aus, dass chronische Schmerzen oder Entzündungen einer der wesentlichen Faktoren für die Entstehung einer schweren Depression sind.

Um besser zu verstehen, was physiologisch während einer Depression geschieht, haben Wissenschaftler seit langem verschiedene Stoffwechselprozesse und Prozesse im Zusammenhang mit Entzündungen untersucht. Einer dieser Prozesse, der so genannte Kynurenin-Weg, ist der Hauptpfad, der an der Verstoffwechselung der Aminosäure Tryptophan beteiligt ist.

Risiko für die Entwicklung einer schweren Depression identifizieren

Eine Studie unter der Leitung von Professor Kuniaki Saito und Associate Professor Yasuko Yamamoto von der Fujita Health University in Japan zeigt, dass erhöhte Konzentrationen von Anthranilsäure – einem wichtigen Metaboliten (Zwischenprodukt) des Kynurenin-Stoffwechsels – im Blut als Marker dienen können, um Personen mit depressionsähnlichen Symptomen und einem Risiko für die Entwicklung einer schweren Depression zu identifizieren.

Laut Dr. Yamamoto gibt es verschiedene wissenschaftliche Hinweise darauf, dass der Tryptophan-Stoffwechsel an den Symptomen einer schweren Depression beteiligt ist. Frühere Studien haben beispielsweise gezeigt, dass Patienten mit Depressionen und anderen Erkrankungen, die depressive Symptome aufweisen, erhöhte Blutspiegel verschiedener Tryptophan-Metabolite aufweisen, die über den Kynurenin-Signalweg produziert werden.

  • Diese Befunde führten das Forscherteam um Dr. Saito zu der Hypothese, dass die Metabolite des Kynurenin-Signalwegs als Biomarker dienen könnten, um Patienten mit einem Depressionsrisiko so früh wie möglich zu identifizieren.

Um diesen Ansatz zu überprüfen, analysierten die Wissenschaftler Serumproben (fraktionierter, klarer Teil des Blutes) von 61 Patienten, deren klinische Testergebnisse auf ein hohes Risiko für die Entwicklung einer schweren depressiven Erkrankung hindeuteten. Für einen wissenschaftlich exakten Vergleich wurde auch eine „Kontrollgruppe“ herangezogen, in der die Forscher Serumproben von 51 gesunden Personen analysierten.

  • Die Wissenschaftler bestimmten die Serumspiegel verschiedener Kynurenin-Stoffwechselprodukte. Im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe wiesen die Patienten mit Depressionsrisiko einen erhöhten Serumspiegel von Anthranilsäure auf.

Zusammenhang zwischen Anthranilsäuregehalt und dem Schweregrad einer Depression

Da der Kynurenin-Signalweg Tryptophan verbraucht und Anthranilsäure produziert, stimmen diese Ergebnisse mit früheren Befunden einer erhöhten Aktivität des Kynurenin-Signalwegs bei Patienten mit Depressionsrisiko überein.

Außerdem wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob Tryptophan-Metabolitprofile das Fortschreiten depressiver Symptome vorhersagen können. Dazu führten sie weitere Analysen mit Proben und Daten von 33 Patienten mit Depressionsrisiko durch.

Die Analysen zeigten, dass ein Anstieg des Anthranilsäure-Spiegels im Serum im Laufe der Zeit mit einer Verschlechterung der klinischen Testergebnisse korrelierte. Laut Prof. Saito bestätigt dieses Ergebnis, dass es tatsächlich einen starken direkten Zusammenhang zwischen dem Anthranilsäuregehalt im Blut und dem Schweregrad einer Depression gibt.

Die Wissenschaftler untersuchten auch die Tryptophan-Metabolitenprofile von Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich, da chronische Schmerzen Depressionen und verwandte Symptome verursachen können.

Bei der Untersuchung von Serumproben von 48 Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen und 42 gesunden Personen stellten die Wissenschaftler fest, dass die Patienten mit chronischen Schmerzen erhöhte Serumspiegel von Anthranilsäure und niedrigere Serumspiegel von Tryptophan aufwiesen.

Laut Prof. Saito zeigen die Ergebnisse der Studie, dass Ärzte den Serumspiegel von Anthranilsäure überwachen können, um festzustellen, ob Patienten ein Risiko für eine schwere depressive Erkrankung haben.

Die Präventivmedizin umfasst dann spezifische Behandlungen, die verhindern können, dass ein Patient an einer Depression erkrankt.

Die Forscher sind der Ansicht, dass weitere Studien erforderlich sind, um die klinische Relevanz der Anthranilsäurewerte im Serum zu validieren und genau zu verstehen, wie der Tryptophanstoffwechsel bestimmte Aspekte im Zusammenhang mit Depressionen beeinflusst. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.

Quellen

 

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