Pitt-Hopkins-Syndrom: Forschung eröffnet Gentherapie und neue Behandlungsmöglichkeiten

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 21. Juli 2022, Lesezeit: 5 Minuten

Seltene genetische Erkrankungen: Wissenschaftlern ist es gelungen, die Auswirkungen der Mutation im Gen TCF4, die das Pitt-Hopkins-Syndrom verursacht, rückgängig zu machen. 

Mit den positiven Ergebnissen der Experimente ebnen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen den Weg für die Entwicklung von Medikamenten und möglicherweise einer Gentherapie zur Behandlung des Pitt-Hopkins-Syndroms.

Die Mechanismen der Ursache des Pitt-Hopkins-Syndrom

Wissenschaftler der Staatlichen Universität von Campinas (UNICAMP) in São Paulo und der University of California San Diego (UCSD) in den USA haben den Mechanismus entdeckt, der das Pitt-Hopkins-Syndrom (PTHS), eine neuropsychiatrische Störung mit Merkmalen einer Autismus-Spektrum-Störung, verursacht. 

Es gelang den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch, das Fortschreiten des Pitt-Hopkins-Syndroms in Labormodellen umzukehren, was den Forschern neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnet.

Für den Großteil der Autismus-Spektrum-Störungen ist das mutierte Gen, das den Zustand verursacht, unbekannt. Das Gleiche gilt für die meisten neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie, Depression oder bipolare Störung. 

Laut Fabio Papes, Professor am Institut für Biologie (IB-UNICAMP) ist bekannt, dass das Pitt-Hopkins-Syndrom durch eine Mutation im Gen TCF4 verursacht wird. 

Allerdings war bislang nichts über die molekularen Mechanismen bekannt oder darüber, was in den Zellen des Nervensystems von Patientinnen und Patienten mit dieser Mutation anders ist, so der Forscher.

Die von Papes und Alysson Muotri, Professor an der UCSD, geleitete Forschergruppe ging über die Entdeckung des der Krankheit zugrunde liegenden Mechanismus hinaus, indem sie Möglichkeiten zur Beeinflussung des Fortschreitens der Krankheit testete.

Dabei gelang es den Wissenschaftlern, die Auswirkungen der Mutation rückgängig zu machen. Mit den positiven Resultaten der Experimente ebnen die Forschenden den Weg für die Entwicklung von Medikamenten und möglicherweise für eine Gentherapie.

Neue Gentherapie

Nachdem die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die durch die Mutation im Gen TCF4 verursachten Veränderungen beobachtet hatten, suchten sie nach Möglichkeiten, diese zu korrigieren. Zu diesem Zweck wurde ein so genannter Proof of Concept für eine mögliche Behandlung durchgeführt.

Dabei wurden drei Eingriffe getestet. Eine davon war CRISPR-Cas9, die Gen-Editierungstechnik.

Mit einer neueren Version der CRISPR-Cas9-Technik wurde eine funktionsfähige Kopie des Gens, das in der gestörten Zelle vorhanden ist, dazu gebracht, viel mehr Protein zu produzieren und die Kopie auszugleichen, die von der Mutation betroffen ist, die das Pitt-Hopkins-Syndrom verursacht.

Bei dem zweiten Eingriff mit einer anderen Technik fügten die Wissenschaftler eine zusätzliche Kopie des Gens ein, die ihre Funktionen normal ausübte, um die mutierte Kopie zu kompensieren.

Das Genom hat zwei Kopien von jedem Gen. Die Ursache des Pitt-Hopkins-Syndroms ist die Tatsache, dass eine der Kopien von TCF4 nicht funktioniert. 

Laut Prof. Papes kann man das Problem lösen, indem man eine dritte Kopie einfügt oder die einzige funktionierende Kopie dazu bringt, mehr Protein zu produzieren, um die defekte Kopie auszugleichen.

Die veränderten Organoide begannen normal zu wachsen, und die Proliferation ihrer Vorläuferzellen nahm zu. Im eigentlichen Gehirn bilden sich aus diesen Zellen verschiedene Zelltypen, darunter auch Neuronen.

Da es sich bei dem Pitt-Hopkins-Syndrom um eine seltene Krankheit handelt, aber auch bei anderen Krankheiten Mutationen in demselben Gen vorliegen, kann man diese Entdeckung in Zukunft zur Behandlung von Krankheiten wie beispielsweise Schizophrenie nutzen, so Papes.

Bei einem dritten Eingriff wurde CHIR99021 verabreicht, ein Medikament, das in Studien mit Tumorzellen verwendet wird und einen Zellsignalweg namens Wnt aktiviert, der in der Krebsforschung häufig untersucht wird. Die Studienautoren entdeckten, dass Wnt auch durch Mutationen im Gen TCF4 verändert wird.

In funktionsgestörten Zellen und Organoiden, die mit dem Medikament behandelt wurden, verbesserten sich mehrere molekulare Indikatoren und die Organoidgröße nahm zu. 

Mit diesen Ergebnissen besteht die Möglichkeit, ähnliche Medikamente zur Behandlung der Funktionsstörung zu entwickeln, da CHIR99021 beim Menschen noch nicht eingesetzt werden kann.

Eine Autismus-Spektrum-Störung ist gekennzeichnet durch schwere Entwicklungsverzögerungen, geistige Behinderung, Atem- und Bewegungsstörungen, Angstzustände, Epilepsie und leichte, aber charakteristische Gesichtsanomalien.

Charakteristisch für das Pitt-Hopkins-Syndrom, einer seltenen genetischen Erkrankung, ist die gleichzeitige schwere geistige Entwicklungsverzögerung mit bestimmten dysmorphen Gesichtsmerkmalen und in vielen Fällen mit Anomalien im Atemrhythmus. Das Pitt-Hopkins-Syndrom ist u. a. durch eine geistige Behinderung, eine deutliche Verzögerung der motorischen Entwicklung, das Fehlen einer funktionellen Sprache und eine gestörte Atmung gekennzeichnet. Es wird angenommen, dass die Mutation in TCF4 einmal bei 35.000 Geburten auftritt.

Die Forschungsergebnisse dieser Studie wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Die vorliegende Forschungsarbeit wurde von der FAPESP unterstützt.

Quellen

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Quelle: MrWissen2go

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