Alkoholabhängigkeit: Studie zeigt wie sich exzessiver Alkoholkonsum stoppen lässt

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Torsten Lorenz, aktualisiert am 07.12.2022, Lesezeit: 4 Minuten

Alkoholsucht: Ein kleiner, mandelförmiger Bereich, die so genannte Amygdala, spielt tief im Gehirn eine entscheidende Rolle dafür, wie der Mensch Emotionen, Verhalten und Motivation zeigt.

  • Da diese Region auch stark mit dem Alkoholkonsum zusammenhängt, ist die Erforschung der Amygdala ein langjähriger Schwerpunkt von Marisa Roberto, Professorin in der Abteilung für Molekulare Medizin bei Scripps Research, einer medizinische Forschungseinrichtung mit den Schwerpunkten Biomedizin und Chemie.

Veränderungen von entzündungshemmenden Prozessen

Erstmals konnten die Forscher von Scripps Research in einer Studie wichtige Veränderungen der entzündungshemmenden Vorgänge und der Zellaktivität in der Amygdala identifizieren, die die Alkoholabhängigkeit antreiben.

Durch das Entgegenwirken gegen diesen Prozess bei Mäusen konnten die Forscher den exzessiven Alkoholkonsum stoppen und damit einen möglichen Behandlungsweg für die Alkoholabhängigkeitsstörung aufdecken.

  • Die Ergebnisse der vorliegenden wissenschaftlichen Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift Progress in Neurobiology veröffentlicht.

Wirkung auf die Immunzellen des Gehirns

Die Forscher fanden heraus, dass chronischer Alkoholkonsum die Immunzellen des Gehirns beeinträchtigt, die für die Aufrechterhaltung gesunder Nervenzellen wichtig sind.

Die sich daraus ergebenden Folgeschäden verursachen Angstzustände und Alkoholkonsum, die zu Störungen des Alkoholkonsums führen können, so die Autoren der Studie.

Im Rahmen der Untersuchung analysierten die Wissenschaftler insbesondere ein Immunprotein namens Interleukin 10 oder IL-10, das im Gehirn weit verbreitet ist.

  • Das Immunprotein IL-10 ist dafür bekannt, dass es starke entzündungshemmende Eigenschaften hat, die dafür sorgen, dass das Immunsystem nicht zu stark auf Gesundheitsgefahren reagiert.

Im Gehirn hilft IL-10, Entzündungen aufgrund von Schädigungen oder Krankheiten, wie Schlaganfall oder Alzheimer, zu begrenzen.

Aber es scheint auch wichtige Verhaltensweisen im Zusammenhang mit chronischem Alkoholkonsum (Alkoholmissbrauch) zu beeinflussen.

Bei Mäusen mit chronischem Alkoholkonsum war die IL-10-Konzentration in der Amygdala signifikant reduziert und signalisierte den Neuronen nicht richtig, was zu einem erhöhten Alkoholkonsum beitrug.

Durch eine Verstärkung der IL-10-Signalübertragung im Gehirn gelang es den Wissenschaftlern jedoch, die anomalen Effekte umzukehren. Sie beobachteten insbesondere eine starke Verringerung angstähnlicher Verhaltensweisen und einen Rückgang der Motivation zum Alkoholkonsum.

Die Forscher konnten zeigen, dass entzündliche Immunreaktionen im Gehirn bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Störungen des Alkoholkonsums eine wichtige Rolle spielen.

Doch vielleicht noch wichtiger ist, dass die Wissenschaftler einen neuen Ansatz für therapeutische Interventionen entwickelt haben, der auf entzündungshemmende Mechanismen hinweist.

Alkoholismus in Zahlen

Alkoholismus ist weit verbreitet und betrifft etwa 15 Millionen Menschen allein in den USA, in Deutschland sind 1,77 Millionen Menschen davon betroffen. EU-weit konsumieren 55 Millionen Menschen Alkohol in „riskanter Weise“ (ICD10: F10. 1), weitere 23 Millionen EU-Bürger sind alkoholabhängig und es gibt nur wenige wirksame Behandlungsmethoden.

Durch die vorliegende Forschungsarbeit, in der untersucht wurde, wie sich die Gehirnzellen bei längerer Einnahme von Alkohol verändern, die Forscher von Scripps Research viele mögliche neue therapeutische Ansätze für Menschen mit Alkoholabhängigkeit aufgedeckt.

Für die Studie ermittelten die Forscher die genauen Immunzellen im gesamten Gehirn, die von chronischem Alkoholkonsum betroffen sind. Die Ergebnisse veranschaulichten eine große Verschiebung in der Immunlandschaft des Gehirns mit erhöhten Konzentrationen von Immunzellen, die als Mikroglia bezeichnet werden und T-Regulationszellen, die IL-10 produzieren.

Obwohl bei Mäusen mit längerem Alkoholkonsum eine höhere Anzahl IL-10-produzierender Zellen im gesamten Gehirn festgestellt wurde, zeigte die Amygdala eine andere Entwicklung. In dieser Region waren die IL-10-Spiegel niedriger und die Signalfunktion war beeinträchtigt – was darauf hindeutet, dass das Immunsystem in der Amygdala einzigartig auf chronischen Alkoholkonsum reagiert.

Die Autoren der Studie „IL-10 normalizes aberrant amygdala GABA transmission and reverses anxiety-like behavior and dependence-induced escalation of alcohol intake“, sind: Reesha Patel, Sarah Wolfe, Michal Bajo, Shawn Abeynaike, Amanda Pahng, Vittoria Borgonetti, Shannon D’Ambrosio, Rana Nikzad, Scott Edwards, Silke Paust, Amanda Roberts und Marisa Roberto.

Quellen

vgt

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