Ein Bakterium, das im Boden in der Nähe von Ginseng-Wurzeln entdeckt wurde, könnte einen neuen Behandlungsansatz für den Kampf gegen Alzheimer-Demenz darstellen.
Wissenschaftler konnten zeigen, dass Rhizolutin, eine neue Klasse von Verbindungen mit einem tricyclischen Gerüst, die mit Alzheimer in Zusammenhang stehenden Proteinaggregate auflöst.
Das Wurzelumfeld von Pflanzen ist ein komplexes Ökosystem mit zahlreichen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und verschiedenen Mikroorganismen. Die so genannte Rhizosphäre (der unmittelbar von einer lebenden Wurzel beeinflusste Raum im Boden) ist bei der Suche nach möglichen Wirkstoffen bislang vernachlässigt worden.
Ein Forscherteam, das mit YoungSoo Kim von der Yonsei University in Südkorea und Dong-Chan Oh von der Seoul National University zusammenarbeitet, hat jetzt eine natürliche Substanz namens Rhizolutin identifiziert, die eine Grundlage für künftige Behandlungsansätze von Alzheimer-Demenz bieten könnte.
Rhizolutin wird von einem Streptomyces-Stamm produziert, der sich im Wurzelbereich von Ginseng befindet. Ginseng ist eine asiatische Pflanze, die in der traditionellen Medizin verwendet wird, in der sie als Stärkungsmittel (Tonikum) gilt; unter anderem bei Erschöpfungs- und Müdigkeitssymptomen.
Durch Kultivierung in einem mit Ginsengpulver angereicherten Kultursubstrat gelang es den Forschern, die Rhizolutinproduktion des Bakteriums um das Zehnfache zu steigern. Dadurch gelang es ihnen, die Struktur dieser Verbindung zu bestimmen, die sich als ein einzigartiges Gerüst aus drei miteinander verbundenen Ringstrukturen herausstellt.
Eine Durchsicht von Naturstoff-Datenbanken deutete darauf hin, dass Rhizolutin ein Wirkstoffkandidat ist, der Amyloid-β (Aβ) Plaques und Tau-Tangles (faserartige Aggregate von Tau-Proteinen) zerlegen kann, die beide typische Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit sind.
Solche Ablagerungen bilden sich, wenn sich Amyloid-β-Proteine falsch zusammenfalten und β-Blätter bilden, die sich zu unlöslichen Plaques und Fasern verklumpen können. Diese führen zum Absterben von Nervenzellen, zu Nervenentzündungen, Hirnatrophie und den damit verbundenen kognitiven Verlusten. Bisher wurde noch keine wirksame Behandlungsmethode für Alzheimer-Demenz gefunden.
Durch eine Vielzahl von In-vitro- und In-vivo-Experimenten konnten die Forscher zeigen, dass Rhizolutin zu einer deutlichen Zersetzung von unlöslichen Aβ und Tau-Aggregaten führt. In Kulturen von neuronalen und glialen Zellen konnte Rhizolutin die durch Aβ verursachten Entzündungsprozesse und den Zelltod deutlich reduzieren. Rhizolutin war auch in der Lage, die im Gehirn von Maus-Modellen mit Alzheimer-Demenz vorhandenen Aβ Plaques deutlich zu lösen.
Der Prozess scheint ähnlich wie die Entfernung falsch gefalteter Proteine durch Immuntherapie zu verlaufen. Computersimulationen weisen darauf hin, dass Rhizolutin in die hydrophoben Regionen der aggregierten β-Plaques eindringt und die Zersetzung/Auflösung einleitet.
Die vorliegenden Forschungsergebnisse zur Entdeckung von Rhizolutin als Behandlungsansatz für den Kampf gegen Alzheimer-Demenz wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Angewandte Chemie veröffentlicht. Autor der Studie ist Dr. Dong-Chan Oh, Professor an der Hochschule für Pharmazie an der Seoul National University in Südkorea.
Seine Forschungsarbeiten sind ausgerichtet auf die Entdeckung, Strukturaufklärung und stereochemische Bestimmung neuer bioaktiver Naturstoffe aus Bakterien. Prof. Dr. Dong-Chan Oh ist außerdem Direktor des Forschungsinstituts für Naturprodukte an der Seoul National University.
(Quelle: Angewandte Chemie International Edition, Wiley)
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!