Untersuchung von Tagträumen und Gehirnplastizität bei Mäusen

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M.A. Dirk de Pol, aktualisiert am 19. Dezember 2023, Lesezeit: 9 Minuten

Tagträume sind subjektive mentale Erfahrungen, die während eines wachen Zustands auftreten. Sie sind eine Form des bewussten Denkens, bei der eine Person in Gedanken versunken ist und sich in eine Fantasiewelt, eine Vorstellung oder ein Szenario vertieft. Tagträume können verschiedene Inhalte haben, wie zum Beispiel das Nachdenken über zukünftige Pläne, das Fantasieren über bestimmte Situationen oder das Erinnern an vergangene Ereignisse.

Worum geht es in der Studie?

Ziel der Studie war es, das Phänomen des Tagträumens im Gehirn und seine mögliche Rolle bei der Plastizität des Gehirns zu untersuchen. Neurowissenschaftler sind schon lange neugierig auf die neuronalen Prozesse, die dem Tagträumen zugrunde liegen. Die Forscher verfolgten die neuronale Aktivität in der Sehrinde von Mäusen während ruhiger Wachphasen und versuchten so, die Muster und möglichen Auswirkungen des Tagträumens zu verstehen.

Beobachtung der neuronalen Aktivität im visuellen Kortex

Die Forscher verfolgten die Aktivität der Neuronen im visuellen Kortex von Mäusen, während sich die Tiere in einem Zustand ruhigen Wachseins befanden. Durch die Beobachtung der neuronalen Feuermuster wollten die Forscher etwaige Zusammenhänge mit Tagträumen feststellen.

Neuronale Muster, die auf Tagträumen hindeuten

Die Studie ergab, dass bestimmte Neuronen im visuellen Kortex in Mustern feuerten, die denen ähnelten, die beobachtet wurden, wenn die Maus ein reales Bild betrachtete. Dieser Befund deutet darauf hin, dass die Maus tagträumte oder sich geistige Bilder zu dem Bild vorstellte.

Prädiktive Rolle der frühen Tagträume

Interessanterweise sagten die Muster der neuronalen Aktivität während der ersten Tagträume der Maus voraus, wie sich die Reaktion des Gehirns auf das Bild im Laufe der Zeit verändern würde. Dieser prädiktive Aspekt unterstreicht die potenzielle Bedeutung des Tagträumens für die Gestaltung der künftigen Reaktionen des Gehirns auf visuelle Reize.

Implikationen für die Plastizität des Gehirns

Die Forschungsergebnisse liefern verlockende Hinweise darauf, dass Tagträumen während des ruhigen Wachseins eine Rolle bei der Plastizität des Gehirns spielen könnte. Die Plastizität des Gehirns bezieht sich auf die Fähigkeit des Gehirns, sich als Reaktion auf neue Erfahrungen umzustrukturieren. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um den kausalen Zusammenhang zwischen Tagträumen und Hirnplastizität zu bestätigen.

Kommunikation zwischen Gehirnregionen

Die Studie ergab auch, dass Tagträumen im visuellen Kortex mit einer Wiederholungsaktivität im Hippocampus zusammenfiel, was auf eine Kommunikation zwischen diesen beiden Hirnregionen während des Tagträumens schließen lässt. Diese Verbindung deutet auf ein mögliches Zusammenspiel zwischen verschiedenen Hirnregionen hin, die an Tagträumprozessen beteiligt sind.

Mögliche Bedeutung für menschliches Tagträumen

Obwohl sich die Studie auf Mäuse konzentrierte, gibt es Spekulationen, dass ähnliche Aktivitätsmuster im visuellen Kortex während des Tagträumens beim Menschen auftreten könnten. Vorläufige Beweise deuten darauf hin, dass Menschen vergleichbare Prozesse zeigen, wenn sie sich an visuelle Bilder erinnern.

Förderung des Tagträumens und der Plastizität des Gehirns

Die Forscher vermuten, dass das Zulassen von Momenten ruhiger Wachheit, die das Tagträumen erleichtern, für die Förderung der Plastizität des Gehirns wichtig sein könnte. Sowohl Mäuse als auch Menschen könnten davon profitieren, wenn sie Pausen von der ständigen visuellen Stimulation einlegen, z. B. beim Betrachten von Bildern oder beim Scrollen auf dem Smartphone.

Bedeutung und künftige Ausrichtung

Die Ergebnisse dieser Studie in Verbindung mit anderen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet unterstreichen die potenzielle Bedeutung des Tagträumens für das Verständnis von Gehirnfunktion und Plastizität. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Komplexität des Tagträumens und seine Auswirkungen auf das Gehirn zu ergründen. Insgesamt bietet die Studie wertvolle Einblicke in die neuronalen Mechanismen des Tagträumens und seine möglichen Auswirkungen auf die Plastizität des Gehirns. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Zulassen von Momenten ruhiger Wachheit, die das Tagträumen erleichtern, für die Förderung der Hirnplastizität wichtig sein könnte.

Welche Rolle spielt der Tagtraum beim Menschen?

Der Tagtraum spielt eine bedeutende Rolle im menschlichen Erleben. Er repräsentiert den Bewusstseinsstrom, der sich von den aktuellen externen Aufgaben löst, wenn die Aufmerksamkeit in eine persönlichere und internalisierte Richtung abdriftet. Der Begriff „Gedankenwandern“ wird verwendet, wenn die Gedanken beim Tagträumen an einen anderen Ort wandern. Dieses Phänomen betrifft Einzelpersonen etwa 50% der Zeit, wenn sie wach sind. Die Herausforderung für Forscher besteht darin, gemeinsame Merkmale des Tagträumens zu identifizieren und kollektive Forschungsarbeiten zu ermöglichen, da es keine einheitliche Definition für die verschiedenen Arten von Tagträumen gibt.

Es gibt zahlreiche Arten von Tagträumen, und Psychologen haben keine einheitliche Definition dafür. Dennoch teilen alle Formen des Tagträumens das Merkmal einer leichten Dissoziation. Die Auswirkungen der verschiedenen Arten von Tagträumen sind ebenfalls nicht identisch, wobei einige als störend und schädlich betrachtet werden, während andere vorteilhaft sein können.

Die Forschung hat fünf potenzielle Funktionen des Tagträumens zusammengefasst: zukunftsorientiertes Denken, kreatives Denken, zyklischer Wechsel der Aufmerksamkeit und Ablenkung von Langeweile. Tagträumen kann als nützliches Werkzeug dienen, um Menschen an ihre relevanten Ziele zu erinnern und ihnen zu helfen, schwierige oder langweilige Aufgaben zu bewältigen. Kreatives Denken wird ebenfalls mit dem Tagträumen in Verbindung gebracht, insbesondere in einfachen und nicht anstrengenden Situationen.

Der zyklische Wechsel der Aufmerksamkeit ermöglicht es Menschen, ihre Aufmerksamkeit optimal aufrechtzuerhalten, wenn sie mehrere Probleme gleichzeitig bearbeiten. Das kann vorteilhaft sein, um die Wirksamkeit des Lernens zu steigern, insbesondere wenn es um verteilte Wiederholungen geht. Ablenkung von Langeweile ist eine weitere Funktion, die es ermöglicht, Gedanken von langweiligen Aufgaben zu lösen. Tagträumen dient auch dazu, soziale Situationen vorzustellen, was auf eine natürliche Neigung des Menschen zur sozialen Interaktion hinweist. Die Überschneidungen von Tagträumen und sozialer Kognition im Gehirn legen nahe, dass Tagträumen eine Erweiterung der Hirnfähigkeit der sozialen Kognition ist.

Zusätzliche Details zum Tagträumen zeigen, dass es häufig in wenig anspruchsvollen oder unterfordernden Situationen auftritt, wie bei langen Autofahrten oder Spaziergängen. Geschlechterunterschiede zeigen, dass Frauen tendenziell häufiger und intensiver tagträumen als Männer. Mit zunehmendem Alter nimmt die Häufigkeit des Tagträumens ab, wobei Kinder und Jugendliche tendenziell öfter tagträumen als Erwachsene.

In Stresssituationen oder bei Langeweile tritt Tagträumen als Ablenkung auf und kann Stress und negative Gefühle reduzieren. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass beim Tagträumen typischerweise Hirnregionen für Selbstreflexion und kreatives Denken aktiv sind.

Weitere Forschung im Bereich des Tagträumens

Die Forschung im Bereich des Tagträumens eröffnet möglicherweise neue Erkenntnisse über psychische Störungen, insbesondere Depressionen. Die Untersuchung dieser mentalen Aktivität könnte dazu beitragen, ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Tagträumen und psychischen Gesundheitszuständen zu entwickeln. Depressionen, als eine komplexe und vielschichtige Erkrankung, könnten durch die Analyse von Tagträumen möglicherweise besser verstanden und behandelt werden. Der Blick auf die inneren Gedankenwelten und die Art der Tagträume könnte somit eine zusätzliche Dimension in der Erforschung psychischer Erkrankungen eröffnen.

Für die Persönlichkeitsentwicklung spielt das Tagträumen ebenfalls eine möglicherweise bedeutsame Rolle. Es könnte als ein Instrument betrachtet werden, das Menschen bei der Bewältigung von Emotionen und der Förderung ihrer Vorstellungskraft unterstützt. Indem Menschen in ihren Tagträumen verschiedene Szenarien und Möglichkeiten durchspielen, könnten sie ihre emotionalen Reaktionen besser verstehen und lernen, mit ihnen umzugehen. Das Tagträumen könnte somit einen Beitrag zur emotionalen Intelligenz und Selbstreflexion leisten, was wiederum die persönliche Entwicklung fördert.

Neurowissenschaftliche Studien liefern Einblicke in die physiologischen Prozesse während des Tagträumens. Typischerweise sind Hirnregionen für Selbstreflexion und kreatives Denken aktiv, was darauf hindeutet, dass diese mentale Aktivität weit mehr ist als nur ein zufälliges Gedankenschweifen. Die spezifischen Areale im Gehirn, die während des Tagträumens aktiv sind, könnten wichtige Informationen darüber liefern, wie diese Aktivität mit anderen kognitiven Prozessen verknüpft ist und welche Rolle sie in der mentalen Gesundheit spielt.

Es gibt Berichte von Künstlern, Dichtern und Forschern, die behaupten, dass ihnen während des Tagträumens bedeutende Ideen oder Lösungsansätze eingefallen sind. Dies weist darauf hin, dass Tagträumen nicht nur ein passiver Zustand ist, sondern auch kreativen Denkprozessen förderlich sein kann. Es könnte als eine Art kognitiver Spielplatz dienen, auf dem innovative Ideen entstehen und sich entwickeln können.

In der Zukunft könnten Fortschritte in der Erforschung des Tagträumens nicht nur dazu beitragen, das Verständnis von psychischen Störungen zu vertiefen, sondern auch neue therapeutische Ansätze ermöglichen. Durch die Integration von Tagträumen in den Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und die Förderung von kreativem Denken könnten positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die geistige Gesundheit erzielt werden.

Quellen

  1. Nghia D. Nguyen, Andrew Lutas, Oren Amsalem, Jesseba Fernando, Andy Young-Eon Ahn, Richard Hakim, Josselyn Vergara, Justin McMahon, Jordane Dimidschstein, Bernardo L. Sabatini, Mark L. Andermann. Cortical reactivations predict future sensory responses. Nature, 2023; DOI: 10.1038/s41586-023-06810-1
  2. Daydream – Wikipedia, 2023.
  3. Kane, Michael J.; Brown, Leslie H.; McVay, Jennifer C.; Silvia, Paul J.; Myin-Germeys, Inez; Kwapil, Thomas R. (July 2007). „For Whom the Mind Wanders, and When: An Experience-Sampling Study of Working Memory and Executive Control in Daily Life“. Psychological Science. 18 (7): 614–621. doi:10.1111/j.1467-9280.2007.01948.x.
  4. Singer, Jerome L.; Kaufman, Scott Barry; McMillan, Rebecca (2013). „Ode to positive constructive daydreaming“. Frontiers in Psychology. 4: 626. doi:10.3389/fpsyg.2013.00626.

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