Phantom-Gene und Diabetes:
Im Gegensatz zu dem, was wir gemeinhin als „Gene“ bezeichnen, führen sogenannte Phantomgene (LncRNAs) nicht zur Produktion von Proteinen, die unsere Zellen und damit unseren gesamten Körper ausmachen.
- Phantomgene sind DNA-Sequenzen, von denen man annahm, dass sie funktionsfähige Gene enthalten, die sich aber als nicht funktionsfähig erwiesen haben.
Früher ging man davon aus, dass Phantomgene (LncRNAs) in der Zelle keine wesentliche Funktion haben. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass eines dieser Phantomgene, „LincIRS2“ genannt, wichtig für den Stoffwechsel ist, denn der Verlust von LincIRS2 fördert bei Mäusen die Entwicklung von Stoffwechselkomplikationen.
- Nach Schätzungen von Professor Jan-Wilhelm Kornfeld von der Universität von Süddänemark (SDU, Syddansk Universitet) ist die Funktion von weniger als 100 der fast 60.000 LncRNAs (Phantomgene), die in unserem Genom kodiert sind, bisher nicht bekannt.
Im Vergleich dazu haben die Forschenden die Funktion der 20.344 Gene, die Proteine kodieren, weitgehend verstanden. Deshalb ist es so spannend, dass wir die Schlüsselrolle dieser speziellen LncRNA anhand von Mäusen als Modellorganismus identifizieren konnten, so die Forscher.
Darüber hinaus konnten Professor Kornfeld und sein Team einen neuen, interessanten Mechanismus zur Kontrolle der LncRNAs (Phantomgene) selbst beschreiben.
- Mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 gelang es dem Team um Professor Jan-Wilhelm Kornfeld, LincIRS2 aus dem Mausgenom herauszuschneiden.
Anschließend konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachten, dass Mäuse, denen LincIRS2 fehlte, nach dem Ausschalten der LncRNA Stoffwechselkomplikationen wie einen erhöhten Blutzuckerspiegel entwickelten.
Umgekehrt behielten Mäuse, die mit LincIRS2 behandelt wurden, einen gesunden Blutzuckerspiegel, auch wenn sie fettleibig wurden.
Was sind Phantom-Gene (LncRNAs)?
Die DNA dient als Blaupause für die Herstellung von Proteinen, den Grundbausteinen aller Zellen. Der molekulare Vermittler, der die Information der DNA in Proteine umsetzt, ist die RNA. Die Hauptaufgabe der RNA ist also die Übersetzung der „Gene“ DNA in Proteine.
Im menschlichen Körper sind 20.344 verschiedene Gene speziell für die Herstellung der vielen verschiedenen Proteine zuständig, die unser Körper benötigt. Die meisten dieser so genannten proteincodierenden RNAs wurden von Wissenschaftlern bereits kartiert. Daher wissen wir heute weitgehend genau, welche Proteine diese RNAs produzieren.
Fast 60.000 RNAs, so genannte „long noncoding RNAs“ (LncRNAs), sind jedoch in unseren Genomen eingeschrieben, ohne jemals zur Bildung eines Proteins beizutragen. Wie sie funktionieren und wie sie an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist noch weitgehend unbekannt.
Quellen
- Universität von Süddänemark (SDU, Syddansk Universitet)
- Pradas-Juni, M., Hansmeier, N.R., Link, J.C. et al. A MAFG-lncRNA axis links systemic nutrient abundance to hepatic glucose metabolism. Nat Commun 11, 644 (2020). https://doi.org/10.1038/s41467-020-14323-y
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