Schmerzen und welche Rolle das Gehirn dabei spielt: Die zentrale Amygdala (CeA) dient als Schmerzregulator im Vorderhirn, der Schmerzen verstärkt oder abschwächt. Die Modulation von Schmerzen erfolgt durch zelltypspezifische Aktivitätsänderungen nach Verletzungen.
Die Aktivität in CeA-PKCδ-Nervenzellen führt zu einer Zunahme schmerzbezogener Verhaltensweisen, während die Aktivität in CeA-Som-Neuronen schmerzähnliche Verhaltensweisen reduziert.
Eine neue Studie an Mäusen hat eine bisher unbekannte Rolle aufgedeckt, die die zentrale Amygdala bei der Verstärkung oder Abschwächung von Schmerzsignalen in den Schaltkreisen des Gehirns spielen kann.
Die in Cell Reports veröffentlichte Studie wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Division of Intramural Research am National Center for Complementary and Integrative Health (NCCIH) durchgeführt, das zu den National Institutes of Health gehört.
Dr. Yarimar Carrasquillo, leitender Autor der Studie erklärt, dass man wisse, dass Schmerzen nicht statisch sind und dass sie durch verschiedene Faktoren angepasst werden können. Frühe Forschungsarbeiten zeigten, dass die zentrale Amygdala, die seit langem für ihre Rolle bei der Verarbeitung von Angst bekannt ist, Schmerzsignale verstärken kann, so der Forscher.
Andere Studien wiesen Carrasquillo zufolge jedoch auf die Rolle der zentralen Amygdala bei der Unterdrückung von Schmerzen oder der Auslösung einer schmerzlindernden Reaktion hin. Die vorliegende Studie entschlüsselt, was in früheren Forschungsarbeiten ein Widerspruch zu sein schien, und enthüllt einen bisher verborgenen ‚Schalter‘ in der zentralen Amygdala, der Schmerzsignale verstärken oder abschalten kann.
Der „Schalter“ funktioniert eher wie ein “ Schmerzregler“, ähnlich wie ein Heimthermostat, der die Temperatur reguliert – der Schmerzregler reagiert auf Schmerzsignale, um Schmerzempfindungen zu regulieren. Bei den Mäusen stellten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fest, dass die Aktivität der Neuronen, die die Proteinkinase C-delta (CeA-PKCδ) exprimieren, den Schmerzrheostaten hochfahren und eine Zunahme der schmerzbezogenen Reaktionen zeigen. Umgekehrt fanden die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen heraus, dass die Aktivität von Neuronen, die Somatostatin (CeA-Som) exprimieren, den Schmerzrheostaten herabsetzte und damit die Nozizeption oder die Aktivitätskette in den Nerven, die für die Schmerzübertragung erforderlich ist, hemmte.
Bei den Experimenten konnten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des NCCIH molekulargenetische Ansätze nutzen, die es ihnen ermöglichen, die Aktivität dieser beiden zentralen Amygdala-Zelltypen fluoreszierend zu markieren und zu manipulieren. Sie fanden heraus, dass die Schmerzaktivität abnahm, wenn sie CeA-PKCδ-Neuronen blockierten. Als die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die CeA-Som-Neuronen aktivierten, beobachteten sie bei Mäusen eine deutliche schmerzlindernde Reaktion.
Dieses neue Verständnis der Doppelrolle der Amygdala und der Signalwege, die die Schmerzwahrnehmung fördern oder eine schmerzlindernde Reaktion auslösen können, ist nach Meinung von Helene Langevin, M.D., Direktorin des NCCIH, für das Verständnis der Schmerzmanifestation von entscheidender Bedeutung und liefert Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen auch neue Anhaltspunkte dafür, wie Schmerzen durch Modulation der Vorgänge im Gehirn behandelt werden können.
Die Schmerzwahrnehmung ist zwar überlebenswichtig, sie kann jedoch durch Faktoren wie Erwartungen, frühere Erfahrungen und den Kontext verstärkt oder unterdrückt werden. Das von Dr. Carrasquillo geleitete Forscherteam betreibt Grundlagenforschung zu anatomischen, molekularen und zellulären Mechanismen, um die Mechanismen der Schmerzmodulation im Gehirn besser zu verstehen.
Quelle: National Center for Complementary and Integrative Health (NCCIH)
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