Studie: Bei Morbus Krabbe verursachen die Neuronen möglicherweise ihre eigene Zerstörung

Gesundheitsnews, Medizin und Forschung, Seltene Erkrankungen

Torsten Lorenz, Veröffentlicht am: 07.07.2022, Lesezeit: 4 Minuten

Wie eine neue Studie von Forschenden der University at Buffalo zeigt, verursacht der Gendefekt, der der Krabbe-Krankheit (Morbus Krabbe) zugrunde liegt, direkt die Degeneration von Nervenzellen, unabhängig von seinen Auswirkungen auf andere Zelltypen.

Entdeckung zeigt neuen Wirkmechanismus auf

Durch diese Entdeckung wird ein neuer Wirkmechanismus für das mutierte Gen aufgezeigt, der ein genaueres Bild des Krankheitsprozesses vermittelt und bei der Entwicklung von Therapien helfen könnte.

Bei Morbus Krabbe (auch globoidzellige Leukodystrophie oder Globoidzell-Leukodystroph) handelt es sich um eine seltene, autosomal rezessiv vererbte neurodegenerative Störung, die durch Mutationen im Galaktosylceramidase (GALC)-Gen verursacht wird. 

GALC ist ein Enzym, das in den Lysosomen aktiv ist und dessen Fehlen zu einer Anhäufung des Lipids Psychosin führt. Die Ansammlung von Psychosin im Gehirn und anderen Bereichen des Körpers führt zu einer Destabilisierung der Zellmembranen, Degeneration und Zelltod. 

Der Verlust der Myelinisolierung um die Nerven ist ein wesentliches pathologisches Merkmal der Krabbe-Krankheit, wobei die Oligodendrozyten, die das Myelin bilden, als die treibende Kraft des Krankheitsprozesses angesehen wurden, während die Degeneration der Neuronen eine sekundäre Auswirkung dieses Myelinverlustes ist.

Die Hypothese war jedoch schwer zu testen, da GALC im Gehirn ubiquitär exprimiert wird und sein krankheitsbedingter Verlust in allen Zelltypen auftritt. 

Um dieses Hindernis zu überwinden, entwickelten die Studienautoren ein Mausmodell, bei dem die GALC-Expression nur in den Neuronen ausgeschaltet wurde, während die Aktivität des normalen Gens anderswo erhalten blieb.

Die Forscher an der University at Buffalo beobachteten, dass sich Psychosin in den Neuronen anreicherte, was zu abnorm geformten Lysosomen, geschwollenen Axonen und vermehrtem Absterben von Neuronen führte, zusammen mit Neuroinflammation und Defiziten in der motorischen Fähigkeit und Koordination der Mäuse. 

Zwar kam es nicht zum Verlust von Oligodendrozyten, doch führte die fehlende neuronale GALC-Expression zu einer Verringerung der Myelinisierung, vermutlich durch toxische Wirkungen auf die Myelinscheiden aufgrund des angesammelten Psychosins.

Laut Dr. Daesung Shin von der University at Buffalo zeigen die vorliegenden Ergebnisse zum ersten Mal, dass die neuronale Expression von Galactosylceramidase für die Aufrechterhaltung und den Schutz der neuronalen Funktion unerlässlich ist, und zwar unabhängig von ihren Auswirkungen auf die myelinproduzierenden Oligodendrozyten. 

Das Fehlen des Enzyms in den Neuronen könnte nach Ansicht der Forscher direkt zur Entstehung der Krabbe-Krankheit beitragen, und Therapien für diese Krankheit müssen möglicherweise auf die fehlende neuronale Expression der Galaktosylceramidase abzielen, um voll wirksam zu sein.

Verbesserung der Wirksamkeit von Therapien

Mit dieser Studie haben die Wissenschaftler zum ersten Mal versucht, die neuronale Rolle des Galaktosylceramidase-Gens bei der Krabbe-Krankheit in einem präklinischen lebenden Tiermodell direkt zu untersuchen. 

Indem die Forschenden eine neuronenspezifische Mutante der Krabbe-Krankheit erzeugten, fanden sie eine intrinsische neuronale Rolle für dieses Enzym. 

Dies legt nahe, dass die neuronale Galaktosylceramidase unabhängig von Myelin und anderen Hirnzelltypen eine primäre Rolle in der neuronalen Homöostase spielt und somit Galaktosylceramidase-depletierte Neuronen primär zur Krabbe-Krankheit beitragen könnten. 

Da die Schutzfunktion der neuronalen Galaktosylceramidase auf eine neuartige Funktion hindeutet, die nicht mit ihrer kanonischen Rolle bei der Myelinisierung zusammenhängt, würde eine Erhöhung der Galaktosylceramidase in Neuronen wahrscheinlich die Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen bei Morbus Krabbe verbessern.

Die vorliegende Studie wurde im Fachblatt PLOS Biology veröffentlicht.

Quellen

University at Buffalo / Public Library of Science / Neuron-specific ablation of the Krabbe disease gene galactosylceramidase in mice results in neurodegeneration, PLoS Biology (2022). DOI: 10.1371/journal.pbio.3001661

vgt"

Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

Prämenstruelle Störungen können Risiko für perinatale Depression erhöhen

Prämenstruelle Störungen können Risiko für perinatale Depression erhöhen

Erfahren Sie, wie perinatale Depression und prämenstruelle Störungen zusammenhängen. Studie liefert neue Erkenntnisse zu diesen Erkrankungen....

Aktiv- und Passivrauchen birgt erhöhtes Risiko für Schlaganfälle

Aktiv- und Passivrauchen birgt erhöhtes Risiko für Schlaganfälle

Rauchen und Schlaganfallrisiko: Entdecken Sie die Verbindung zwischen Tabakrauch und dieser schweren Krankheit. Erfahren Sie mehr....

Depressionen beeinflussen Überlebensrate bei Brustkrebs

Depressionen beeinflussen Überlebensrate bei Brustkrebs

Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von Brustkrebs auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität von Frauen....

Neuer Ansatz bei der Fruchtbarkeitsbehandlung

Neuer Ansatz bei der Fruchtbarkeitsbehandlung

Entdecken Sie die Hoffnung bringenden Ergebnisse der Studie zur Fruchtbarkeitsbehandlung und Hormonwiederherstellung....

So wirken Darm-Bakterien bei Adipositas auf den Fettstoffwechsel

So wirken Darmbakterien bei Adipositas auf den Fettstoffwechsel

Erfahren Sie mehr über die Rolle der Darmbakterien bei Fettleibigkeit und deren Einfluss auf den Stoffwechsel des Körpers....