Bereits 10 Minuten leichte körperliche Aktivität verbessern die Gedächtnisleistung – und auch eine Schlafpause nach dem Lernen trägt signifikant zur Verbesserung der Gedächtnisleistung bei, wie wissenschaftliche Studien zeigen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of California, Irvine, und der japanischen Universität Tsukuba haben herausgefunden, dass bereits ein leichtes Training die Verbindungen zwischen den für das Gedächtnis zuständigen Hirnregionen verbessern kann.
In einer Studie mit 36 gesunden jungen Erwachsenen stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass bereits eine zehnminütige leichte körperliche Anstrengung zu erheblichen kognitiven Vorteilen führen kann.
ÜBERSICHT
Die Funktion des Hippocampus
Die Wissenschaftler untersuchten die Gehirne der Probanden kurz nach dem Training mit hochauflösender funktioneller Magnetresonanztomographie und stellten eine verbesserte Verbindung zwischen dem Gyrus dentatus des Hippocampus und den kortikalen Bereichen fest, die für die detaillierte Gedächtnisverarbeitung zuständig sind.
Die Funktion des Hippocampus ist entscheidend für die Bildung neuer Erinnerungen. Dieser Bereich ist eine der ersten Hirnregionen, die sich mit zunehmendem Alter verschlechtert – und bei Alzheimer-Demenz noch stärker, so Professor Michael Yass von der University of California, Irvine (UCI).
Die Förderung der Funktion des Hippocampus ist ein vielversprechender Ansatz, um das Gedächtnis im Alltag zu verbessern. Nach Ansicht der Neurowissenschaftler ist das Ausmaß der erhöhten Konnektivität ein Indikator für den Grad der Gedächtnisverbesserung.
Die Forscher schließen die Möglichkeit nicht aus, dass neue Zellen entstehen, aber das ist ein Prozess, der etwas länger dauert. Was die Wissenschaftler während der Studie beobachteten, war, dass sich die zehnminütigen Übungseinheiten unmittelbar danach auswirkten.
Schon wenig Bewegung kann zu einer deutlichen Verbesserung führen, betonen die Forscher. Selbst kurze Gehpausen während des Tages können demnach bereits positive Auswirkungen auf die Verbesserung von Gedächtnis und Kognition haben.
- Die Forschungsergebnisse der vorliegenden Studie wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.
Schlafpause nach dem Lernen verbessert die Gedächtnisleistung deutlich
Forscher der Universität des Saarlandes haben herausgefunden, dass ein Mittagsschlaf von etwa einer Stunde die Gedächtnisleistung deutlich verbessern kann.
- In der Studie wurde die Gedächtnisleistung von 41 Teilnehmerinnen und Teilnehmern untersucht.
Die Probanden mussten einzelne Wörter und Wortpaare lernen. Nach der Lernphase wurden die Teilnehmer/innen getestet, um festzustellen, wie viele Informationen sie sich merken konnten.
- Anschließend durfte etwa die Hälfte der Teilnehmenden schlafen, während sich die andere Hälfte einen Film ansah.
Danach wurden die Versuchspersonen erneut getestet und es zeigte sich, dass die Teilnehmer/innen, die eine Schlafpause eingelegt hatten, wesentlich mehr Wortpaare im Gedächtnis behielten als die Teilnehmer/innen der Kontrollgruppe, die sich einen Film angesehen hatten.
- Die auf Neuropsychologie spezialisierte Diplom-Biologin Sara Studte untersucht zusammen mit Professor Axel Mecklinger und Emma Bridger, wie der Mittagsschlaf die Gedächtnisleistung beeinflusst.
Die in der vorliegenden Studie beobachteten Effekte sind laut Mecklinger eindeutig: Bereits eine Schlafdauer von 45 bis 60 Minuten führe zu einer fünffachen Verbesserung des Abrufs von Informationen aus dem Gedächtnis, so der Wissenschaftler.
Die Gedächtnisleistung verbesserte sich in der Gruppe mit dem Mittagsschlaf streng genommen nicht im Vergleich zu den unmittelbar nach der Lernphase gemessenen Werten, sondern blieb konstant.
Die Kontrollgruppe, deren Mitglieder sich Videos anschauten, während die andere Gruppe schlief, schnitt beim Erinnern der Wortpaare deutlich schlechter ab als die Gruppe mit einer Schlafpause.
Die Gedächtnisleistung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ein Powernapping machten, war laut Professor Mecklinger genauso gut wie vor dem Schlafen, also direkt nach Abschluss der Lernphase.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessierten sich besonders für die Rolle des Hippocampus – einer Hirnregion, in der Erinnerungen „konsolidiert“ werden, also der Prozess, bei dem zuvor gelernte Informationen in das Langzeitgedächtnis übertragen werden.
Dazu untersuchten die Forscher eine bestimmte Art von Hirnaktivität, die so genannten „Schlafspindeln“, die eine wichtige Rolle bei der Gedächtniskonsolidierung während des Schlafs spielen.
Eine Schlafspindel ist ein kurzer Ausbruch schneller Oszillationen im Elektroenzephalogramm (EEG). Schlafspindeln sind Graphoelemente des Elektroenzephalogramms, die typischerweise in der Non-REM-Schlafphase 2 auftreten und hier episodisch in den niederamplitudigen EEG-Grundrhythmus eingestreut sind.
Es wird angenommen, dass bestimmte Arten von Gedächtnisinhalten, insbesondere Informationen, die zuvor markiert wurden, während dieser Art von Gehirnaktivität bevorzugt konsolidiert werden.
Neu gelernte Informationen werden mit einem Etikett versehen, um sie später leichter abrufen zu können. Kurz gesagt: Je mehr Schlafspindeln im EEG auftreten, desto besser erinnert sich eine Person an etwas.
Um die Möglichkeit auszuschließen, dass sich die Teilnehmer/innen nur aufgrund eines Gefühls der Vertrautheit an die gelernten Dinge erinnerten, wendeten die Forscher/innen folgenden Trick an: Die Versuchspersonen mussten nicht nur 90 einzelne Wörter lernen, sondern auch 120 Wortpaare, wobei die Wortpaare im Wesentlichen bedeutungslos waren, wie zum Beispiel „Milchtaxi“.
Das Forschungsteam zieht aus seiner Studie eine klare Schlussfolgerung: Schon eine kurze Schlafpause kann den Lernerfolg deutlich verbessern.
Eine konzentrierte Lernphase, gefolgt von einem kurzen erholsamen Schlaf (45 – 60 Minuten) reicht aus, um das Abrufen von Informationen durch Schlaf signifikant zu verbessern.
- Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Neurobiology of Learning and Memory veröffentlicht.
Quellen
- University of California – Irvine
- University of Tsukuba / Kazuya Suwabe, Kyeongho Byun, Kazuki Hyodo, Zachariah M. Reagh, Jared M. Roberts, Akira Matsushita, Kousaku Saotome, Genta Ochi, Takemune Fukuie, Kenji Suzuki, Yoshiyuki Sankai, Michael A. Yassa, Hideaki Soya. Rapid stimulation of human dentate gyrus function with acute mild exercise. Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; 201805668 DOI: 10.1073/pnas.1805668115
- Sara Studte, Emma Bridger, Axel Mecklinger, Nap sleep preserves associative but not item memory performance, Neurobiology of Learning and Memory, https://doi.org/10.1016/j.nlm.2015.02.012.
ddp
Wie viel Schlaf ist gesund? Forscher ermitteln die optimale Schlafdauer
Quelle: Youtube/MediziDoc
⊕ Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.
⊕ Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!