Wie beeinflussen Brustimplantate die neuromuskuläre Kontrolle?

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M.D. Redaktion, aktualisiert am 10. Oktober 2025, Lesezeit: 7 Minuten

Warum ist die Untersuchung der Auswirkungen wichtig?

Die steigende Zahl an Brustvergrößerungen und Implantatentfernungen hat das Interesse an möglichen muskuloskelettalen Auswirkungen geweckt. Besonders die zusätzliche Belastung durch das Gewicht der Implantate könnte die Haltung beeinflussen und langfristig zu Problemen führen. Diese Studie untersucht erstmals die unmittelbaren biomechanischen Effekte bei gesunden Frauen.

Hintergrund der Forschung

Bisherige Studien konzentrierten sich auf Frauen mit natürlicher Brustgröße oder auf Patientinnen nach Brustrekonstruktionen. Die unmittelbaren Auswirkungen kosmetischer Implantate auf die neuromuskuläre Kontrolle blieben jedoch weitgehend unerforscht. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen von zusätzlichem Gewicht auf Haltung und Bewegung zu analysieren.

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Forscher um Diana C. Guedes vom Polytechnikum Porto führten eine Querschnittsstudie mit 35 gesunden Frauen im Durchschnittsalter von 24 Jahren durch. Teilnehmerinnen mit früheren Brustoperationen, Schwangerschaft oder bestehenden Haltungsproblemen wurden ausgeschlossen.

Studiendesign und Methodik

Um die Effekte von Brustimplantaten zu simulieren, wurden Demonstrationsimplantate in drei Größen verwendet:

  • 220 ml: Entspricht einer Erhöhung um etwa eine Körbchengröße (~0,5 kg).
  • 315 ml: Mittlere Größe (~0,7 kg).
  • 365 ml: Größere Erhöhung um etwa zwei Körbchengrößen (~0,9 kg).

Die Implantate wurden in einem stützenden Sport-BH befestigt, um die Effekte des zusätzlichen Gewichts ohne chirurgische Komplikationen zu untersuchen. Die Teilnehmerinnen durchliefen vier Bedingungen in zufälliger Reihenfolge: Kontrollbedingung ohne Implantat und je eine Bedingung pro Implantatgröße.

Messmethoden

Die Studie nutzte fortschrittliche Technologien zur Datenerfassung:

  • Bewegungserfassungssystem: Reflektierende Marker an der Wirbelsäule verfolgten die Winkel von Kopf, Hals und Rücken.
  • Kraftplatte: Analysierte das Zentrum des Drucks, um kleinste Verschiebungen im Gleichgewicht zu messen.
  • Elektromyographie (EMG): Acht Sensoren überwachten die Muskelaktivität an Hals, Rücken, Brust und Bauch.

Die Teilnehmerinnen führten zwei Tests durch:

  1. Statischer Test: Eine Minute lang still auf der Kraftplatte stehen.
  2. Funktionaler Reichweitentest: So weit wie möglich nach vorne greifen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.

Zusätzlich beantworteten die Teilnehmerinnen Fragebögen zu Komfort, Anstrengung und dem wahrgenommenen Gewicht der Implantate.

Was hat die Studie ergeben?

Die Ergebnisse zeigen, dass Brustimplantate subtile, aber messbare Veränderungen hervorrufen. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse:

Statische Haltung bleibt stabil

Die Analyse des statischen Tests zeigte keine signifikanten Veränderungen in der Wirbelsäulenausrichtung. Kopf-, Hals- und Rückenhaltung blieben unter allen Bedingungen konstant. Auch das Gleichgewicht, gemessen über die Kraftplatte, war unverändert – die Teilnehmerinnen standen mit Implantaten genauso stabil wie ohne.

Muskelaktivität zeigt Anpassungen

Die Muskelaktivität während des statischen Tests zeigte komplexe Muster:

  • Levator scapulae: Dieser Muskel, der das Schulterblatt hebt, war bei der kleinsten Implantatgröße (220 ml) weniger aktiv als in der Kontrollbedingung. Dies deutet auf eine komplexe Anpassung der neuromuskulären Kontrolle hin.
  • Andere Muskeln: Die meisten untersuchten Muskeln zeigten keine signifikanten Veränderungen.

Reichweite wird leicht eingeschränkt

Im funktionalen Reichweitentest war die Reichweite mit Implantaten signifikant geringer:

  • Alle Implantatgrößen: Die Teilnehmerinnen griffen weniger weit nach vorne als in der Kontrollbedingung.
  • Größere Implantate: Die Einschränkung war zwar gering, aber statistisch signifikant, was auf eine sofortige Wirkung des zusätzlichen Gewichts auf die funktionelle Stabilität hinweist.

Veränderungen in der Muskelstrategie

Während des Reichweitentests zeigte sich eine Verschiebung in der Muskelaktivität:

  • Trapeziusmuskel: Bei den größeren Implantaten (315 ml und 365 ml) war der untere Teil des Trapezius aktiver, während der obere Teil weniger beansprucht wurde. Dies deutet auf eine Anpassung hin, um das Schulterblatt gegen das zusätzliche Gewicht zu stabilisieren.
  • Andere Muskeln: Ähnliche Anpassungen wurden in der Brust- und Bauchmuskulatur beobachtet.

Subjektive Wahrnehmung der Teilnehmerinnen

Die Teilnehmerinnen berichteten:

  • Komfort: Mit zunehmender Implantatgröße nahm der Komfort ab.
  • Anstrengung: Die Aufgaben wurden als anstrengender empfunden.
  • Gewichtswahrnehmung: Größere Implantate fühlten sich schwerer an, wurden aber dennoch als „leicht“ und „komfortabel“ beschrieben.

Was bedeuten die Ergebnisse?

Die Studie zeigt, dass der Körper von jungen, gesunden Frauen in der Lage ist, das zusätzliche Gewicht von Brustimplantaten durch subtile neuromuskuläre Anpassungen zu bewältigen. Es gibt keine unmittelbaren negativen Auswirkungen auf Haltung oder Gleichgewicht. Dennoch könnten die beobachteten Einschränkungen in der Reichweite und die Muskelanpassungen langfristige Konsequenzen haben.

Praktische Tipps für Betroffene

  • Physiotherapie: Regelmäßige Übungen zur Stärkung der Rücken- und Schultermuskulatur können helfen, Anpassungen an das zusätzliche Gewicht zu erleichtern.
  • Beratung vor der Operation: Besprechen Sie mit Ihrem Chirurgen die Wahl der Implantatgröße, um mögliche Auswirkungen auf Bewegung und Haltung zu minimieren.
  • Langfristige Überwachung: Regelmäßige Kontrollen bei einem Physiotherapeuten können helfen, mögliche Haltungsprobleme frühzeitig zu erkennen.

Einschränkungen der Studie

Die Studie hat einige Limitationen:

  • Kurzfristige Effekte: Die Ergebnisse beziehen sich nur auf unmittelbare Auswirkungen. Langfristige Konsequenzen könnten abweichen.
  • Homogene Stichprobe: Die Teilnehmerinnen waren jung, gesund und hatten einen normalen BMI, was nicht für alle Frauen repräsentativ ist.
  • Simulation vs. Realität: Der Einsatz eines Sport-BHs unterscheidet sich von einer operativen Implantatplatzierung, die Gewebeheilung und andere Faktoren beinhaltet.

Ausblick auf zukünftige Forschung

Zukünftige Studien könnten:

  • Langfristige Auswirkungen nach tatsächlicher Implantation untersuchen.
  • Eine vielfältigere Stichprobe mit unterschiedlichen Altersgruppen und Körpertypen einbeziehen.
  • Die Auswirkungen auf verschiedene Aktivitätsniveaus analysieren, z. B. bei sportlich aktiven Frauen.

Fazit

Die Studie bietet wertvolle Einblicke in die unmittelbaren Auswirkungen von Brustimplantaten auf die neuromuskuläre Kontrolle. Während keine schwerwiegenden biomechanischen Schäden festgestellt wurden, zeigen die Ergebnisse, dass der Körper Anpassungen vornimmt, um das zusätzliche Gewicht zu bewältigen. Diese Erkenntnisse sind für Chirurgen und Physiotherapeuten hilfreich, um Patientinnen besser zu beraten.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Beeinflussen Brustimplantate die sportliche Leistung?
Die Studie zeigte eine geringfügige Einschränkung der Reichweite bei Bewegungen wie dem Greifen nach vorne, was Aktivitäten wie Tennis, Yoga oder andere Sportarten mit ausladenden Bewegungen beeinflussen könnte. Diese Effekte sind jedoch minimal und können durch gezieltes Krafttraining für Rücken- und Schultermuskulatur ausgeglichen werden. Athletinnen sollten mit einem Trainer oder Physiotherapeuten zusammenarbeiten, um Anpassungen an das zusätzliche Gewicht zu optimieren und die Leistungsfähigkeit zu erhalten.

Können Brustimplantate Rückenschmerzen verursachen?
Die Untersuchung fand keine unmittelbaren Veränderungen in der Haltung, die Rückenschmerzen auslösen könnten. Langfristig könnte das zusätzliche Gewicht jedoch die Belastung für die Rückenmuskulatur erhöhen, insbesondere bei größeren Implantaten. Um das Risiko zu minimieren, empfiehlt es sich, regelmäßige Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur durchzuführen und bei Schmerzen frühzeitig einen Facharzt oder Physiotherapeuten zu konsultieren.

Wie wähle ich die richtige Implantatgröße?
Die Wahl der Implantatgröße hängt von Ihrem Lebensstil, Ihrer Körperstruktur und Ihren ästhetischen Zielen ab. Kleinere Implantate (z. B. 220 ml) verursachen laut Studie geringere neuromuskuläre Anpassungen und könnten für aktive Frauen besser geeignet sein. Eine ausführliche Beratung mit einem plastischen Chirurgen und ggf. einem Physiotherapeuten hilft, eine Größe zu finden, die die Belastung für Haltung und Muskeln minimiert.

Quelle

Guedes, D. C., Carneiro, D. F., Alves, L. A. T., Melo, A. S. C., Moreira, J., Cunha, B., Santos, R., Noites, A., & Sousa, A. S. P. (2025). The Influence of Artificial Breast Volume Induction on Postural Stability, Postural Orientation, and Neuromuscular Control in Healthy Women: A Cross-Sectional Study. Applied Sciences15(2), 579. https://doi.org/10.3390/app15020579

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