New York University / University of Amsterdam: Laut einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams folgt die Nutzung sozialer Medien, insbesondere das Bestreben, die Anzahl der „Likes“ zu maximieren, einem Muster des Belohnungslernens (operante Konditionierung).
Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Communications unter dem Titel „A computational reward learning account of social media engagement“ veröffentlicht wurden, zeigen Parallelen zum Verhalten von Tieren, wie zum Beispiel Ratten, bei der Suche nach Belohnungen in Form von Nahrung.
Diese Ergebnisse belegen laut David Amodio, Professor an der New York University und der University of Amsterdam und einer der Autoren der Studie, dass das Engagement in sozialen Medien grundlegenden, speziesübergreifenden Prinzipien des Belohnungslernens folgt.
Diese Erkenntnisse können dabei helfen, zu verstehen, warum soziale Medien den Alltag vieler Menschen dominieren, so die Forscher. Außerdem liefern sie Anhaltspunkte aus der Wissenschaft zum Belohnungslernen und zur Sucht, wie problematisches Internetverhalten in den Griff bekommen werden kann.
Über vier Milliarden Menschen verbrachten im Jahr 2020 im Schnitt mehrere Stunden pro Tag auf Plattformen wie Facebook, Instagram, Tik Tok, Pinterest, Twitter, Snapchat und anderen sozialen Netzwerken und Plattformen.
Dieses weit verbreitete Engagement in sozialen Netzwerken wird von vielen mit einer Sucht verglichen, bei der Menschen dazu angetrieben werden, positives soziales Online-Feedback, wie zum Beispiel „Likes“, über direkte soziale Interaktion und sogar grundlegende Bedürfnisse wie Essen und Trinken zu stellen.
Während die Nutzung sozialer Medien bereits ausgiebig erforscht wurde, ist bislang weniger darüber bekannt, was Menschen tatsächlich dazu treibt, sich – manchmal zwanghaft – mit anderen in sozialen Medien zu beschäftigen.
Um diese Motivationsgründe zu erforschen, wurde im Rahmen der vorliegenden Studie, an der auch Wissenschaftler der Boston University, der Universität Zürich und des schwedischen Karolinska-Instituts beteiligt waren, erstmals direkt getestet, ob die Nutzung sozialer Medien durch die Art und Weise erklärt werden kann, wie unser Verstand Belohnungen verarbeitet und daraus lernt.
Dazu untersuchten die Autoren der Studie mehr als eine Million Social-Media-Posts von über 4.000 Nutzern auf Instagram und anderen Seiten. Dabei stellten die Forscher fest, dass Menschen ihre Posts so platzieren, dass sie möglichst viele „Likes“ erhalten: Sie posten häufiger, wenn sie viele „Likes“ erhalten, und weniger häufig, wenn sie weniger „Likes“ erhalten.
Mit Hilfe von Computermodellen konnten die Forscher anschließend aufzeigen, dass dieses Muster eng mit bekannten Mechanismen der operanten Konditionierung (Belohnungslernen) übereinstimmt, einem seit langem etablierten psychologischen Konzept, das besagt, dass Verhalten durch Belohnungen gesteuert und verstärkt werden kann.
Die Datenanalyse deutet darauf hin, dass das Engagement in sozialen Medien von ähnlichen Prinzipien gesteuert wird, die auch Tiere dazu bringen, ihre Belohnungen durch Futter in einer Skinner-Box zu steigern – ein häufig verwendetes Versuchsinstrument, bei dem die Tiere in einem Abteil durch bestimmte Aktionen (z. B. das Drücken eines bestimmten Hebels) an Futter gelangen.
Anschließend überprüften die Forscher diese Ergebnisse mit einem Online-Experiment, bei dem menschliche Teilnehmer auf einer Instagram-ähnlichen Plattform lustige Bilder mit Phrasen oder „Memes“ posten und Likes als Feedback erhalten konnten. In Übereinstimmung mit der quantitativen Analyse der Studie zeigten die Ergebnisse, dass Menschen im Schnitt mehr Beiträge posteten, wenn sie mehr Likes erhielten.
Die vorliegenden Studienergebnisse können nach Meinung von Björn Lindström von der Universität Amsterdam und Hauptautor der Studie, dazu beitragen, besser zu verstehen, warum soziale Netzwerke den Alltag vieler Menschen dominieren. Außerdem können sie Hinweise darauf geben, wie exzessives Nutzerverhalten im Internet angegangen werden kann, sagt
(Quellen: New York University / University of Amsterdam / Nature Communications, 2021; 12 (1) DOI: 10.1038/s41467-020-19607-x)
vgt
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