Mastektomie: Auswirkungen auf Sexualität und Lebensqualität

Gesundheitstipps

M.D. Redaktion, aktualisiert am 5. Oktober 2025, Lesezeit: 7 Minuten

Eine Mastektomie ist oft eine lebensrettende Behandlung für Frauen mit Brustkrebs, doch sie kann tiefgreifende Auswirkungen auf die psychosoziale Gesundheit, das Körperbild und die sexuelle Gesundheit haben. Eine neue systematische Übersicht, präsentiert auf dem American College of Surgeons (ACS) Clinical Congress 2025 in Chicago, zeigt, dass viele Frauen nach der Operation mit emotionalen und physischen Herausforderungen konfrontiert sind.

Was ist eine Mastektomie?

Eine Mastektomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem eine oder beide Brüste entfernt werden, häufig als Teil der Brustkrebsbehandlung. Mehr als ein Viertel der Brustkrebspatientinnen entscheiden sich für diese Operation. Die verkürzte Krankenhausaufenthaltsdauer nach der Operation macht eine gründliche Nachsorge und Beratung umso wichtiger.

Die Operation ist ein bedeutender Schritt, der nicht nur körperliche, sondern auch emotionale und psychologische Folgen mit sich bringt. Viele Frauen sind sich der langfristigen Auswirkungen auf ihre Lebensqualität nicht vollständig bewusst. Laut Dr. Lauren Raymond-King, Hauptautorin der Studie und Assistenzärztin an der Yale School of Medicine, fehlt es an einem standardisierten Ansatz, um Frauen umfassend über die möglichen Folgen aufzuklären.

Wichtige Ergebnisse der systematischen Übersicht

Die Forscher analysierten 20 Studien aus fast 3.000 identifizierten Publikationen, die die Auswirkungen einer Mastektomie auf Lebensqualität, sexuelle Gesundheit und psychosoziales Wohlbefinden bei Frauen mit Brustkrebs im Stadium 1–3 untersuchten. Studien zu Frauen mit Brustkrebs im Stadium 4 oder prophylaktischen Mastektomien wurden ausgeschlossen, da diese Patientinnen unterschiedliche Bedürfnisse und Entscheidungsprozesse haben.

Psychosoziale Herausforderungen nach der Mastektomie

Die Mehrheit der analysierten Studien (15 von 20) berichtete von negativen psychosozialen Folgen nach einer Mastektomie. Diese betreffen emotionale, soziale und psychologische Aspekte wie:

  • Körperbild: 55 % der Studien stellten eine Verschlechterung des Körperbildes fest, da viele Frauen Schwierigkeiten haben, ihren veränderten Körper zu akzeptieren.
  • Sexuelle Gesundheit: 50 % der Studien wiesen auf Beeinträchtigungen der sexuellen Funktion oder Zufriedenheit hin, was die Intimität und das Selbstwertgefühl beeinflussen kann.
  • Schmerzen und körperliche Funktion: 45 % der Studien berichteten von anhaltenden Schmerzen oder Einschränkungen der Beweglichkeit.
  • Lebensqualität: 40 % der Studien zeigten eine reduzierte allgemeine Lebensqualität nach der Operation.
  • Psychosoziale Gesundheit: Nur 35 % der Studien untersuchten psychosoziale Aspekte wie Angst oder Depression, was auf eine Forschungslücke hinweist.
  • Zufriedenheit: Nur 25 % der Studien bewerteten die Zufriedenheit mit dem chirurgischen Ergebnis, was auf eine mangelnde Berücksichtigung der Patientinnenperspektive hindeutet.

Fehlende Standardisierung bei der Bewertung

Ein zentrales Problem ist die fehlende Einheitlichkeit bei der Bewertung der Ergebnisse nach einer Mastektomie. In den 20 Studien wurden 38 verschiedene patientenberichtete Ergebnismaße (PROMs) verwendet, wobei die meisten (72 %) nur einmal eingesetzt wurden. Manche Studien verwendeten bis zu acht verschiedene PROMs, was den Vergleich der Ergebnisse erschwert. Diese Vielfalt zeigt die Dringlichkeit, ein validiertes Screening-Tool zu entwickeln, um Frauen vor der Operation besser aufzuklären.

Dr. Elizabeth Berger, leitende Autorin der Studie und Assistenzprofessorin an der Yale School of Medicine, betont: „Da immer mehr Frauen Brustkrebs überleben, müssen wir die Lebensqualität der Betroffenen stärker in den Fokus rücken.“ Die gestiegene Überlebensrate macht es notwendig, psychosoziale und physische Folgen der Behandlung systematisch zu untersuchen.

Warum ist eine bessere Vorbereitung so wichtig?

Viele Frauen gehen unvorbereitet in die Mastektomie, da die Beratung oft auf die medizinischen Aspekte der Operation fokussiert ist. Emotionale und psychologische Folgen werden häufig nicht ausreichend angesprochen. Eine umfassende Vorbereitung könnte helfen, die Erwartungen der Patientinnen zu klären und Ängste zu reduzieren.

Praktische Tipps für Patientinnen

  • Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt: Fragen Sie gezielt nach den langfristigen Auswirkungen der Operation auf Körperbild, Sexualität und Lebensqualität.
  • Suchen Sie Unterstützung: Selbsthilfegruppen oder Beratungsangebote können helfen, emotionale Herausforderungen zu bewältigen.
  • Informieren Sie sich über Rekonstruktionsmöglichkeiten: Eine Brustrekonstruktion kann das Körperbild verbessern, ist jedoch nicht für jede Frau geeignet.
  • Psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen: Eine Therapie vor oder nach der Operation kann helfen, mit Ängsten oder Depressionen umzugehen.

Grenzen der Studie und Ausblick

Die systematische Übersicht ist durch die unterschiedliche Qualität und das Design der eingeschlossenen Studien begrenzt, was den Vergleich der Ergebnisse erschwert. Zukünftige Forschung sollte sich auf die Entwicklung eines validierten Screening-Tools konzentrieren, um die Bereitschaft von Frauen für eine Mastektomie zu bewerten. Ein solches Tool könnte standardisierte Fragen zu Körperbild, sexueller Gesundheit und psychosozialem Wohlbefinden umfassen, um eine ganzheitliche Beratung zu ermöglichen.

Die Forscher betonen, dass die steigende Zahl an Brustkrebsüberlebenden die Notwendigkeit unterstreicht, die Lebensqualität nach der Behandlung zu priorisieren. „Wir dürfen die Gelegenheit nicht verpassen, die Bedürfnisse unserer Patientinnen besser zu verstehen“, so Dr. Berger.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Frauen nach einer Mastektomie?

Nach einer Mastektomie stehen verschiedene Unterstützungsangebote zur Verfügung, darunter psychologische Beratung, Selbsthilfegruppen und spezialisierte Rehabilitationsprogramme. Psychotherapie kann helfen, emotionale Belastungen wie Ängste oder Depressionen zu bewältigen, während Selbsthilfegruppen den Austausch mit anderen Betroffenen ermöglichen. Zudem bieten viele Kliniken Rehabilitationsprogramme an, die körperliche und psychische Aspekte der Genesung fördern, wie Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit oder Ernährungsberatung zur Unterstützung der allgemeinen Gesundheit.

Wie kann ich mich optimal auf eine Mastektomie vorbereiten?

Eine gründliche Vorbereitung umfasst offene Gespräche mit Ihrem medizinischen Team über die Operation und ihre möglichen Folgen. Fragen Sie nach den Auswirkungen auf Körperbild, sexuelle Gesundheit und psychisches Wohlbefinden. Informieren Sie sich über Rekonstruktionsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile. Es kann auch hilfreich sein, vorab eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen, um Ängste abzubauen und realistische Erwartungen zu entwickeln. Das Einholen einer Zweitmeinung kann zusätzliche Sicherheit bieten.

Wie beeinflusst eine Mastektomie die Partnerschaft und Intimität?

Eine Mastektomie kann das Körperbild und die sexuelle Gesundheit beeinträchtigen, was sich auf die Partnerschaft auswirken kann. Viele Frauen berichten von Unsicherheiten bezüglich ihres Aussehens oder einer verminderten sexuellen Zufriedenheit. Offene Kommunikation mit dem Partner ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und Unterstützung zu fördern. Paartherapie oder Beratung durch Sexualtherapeuten kann helfen, Intimität neu zu definieren und die Beziehung zu stärken.

Welche Rolle spielt die Nachsorge nach einer Mastektomie?

Die Nachsorge ist essenziell, um sowohl körperliche als auch psychische Veränderungen nach der Operation zu überwachen. Regelmäßige Arztbesuche helfen, mögliche Komplikationen wie Infektionen oder Lymphödeme frühzeitig zu erkennen. Psychosoziale Nachsorge, einschließlich Beratung oder Therapie, unterstützt die emotionale Verarbeitung und die Anpassung an das veränderte Körperbild. Physiotherapie kann zudem die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen lindern. Ein individueller Nachsorgeplan, abgestimmt mit Ihrem Behandlungsteam, ist entscheidend für eine optimale Genesung.

Gibt es Alternativen zur Mastektomie, die ich in Betracht ziehen sollte?

Je nach Stadium und Art des Brustkrebses können Alternativen wie eine brusterhaltende Operation (Lumpektomie) in Kombination mit Strahlentherapie in Frage kommen. Diese Optionen hängen von Faktoren wie Tumorgröße, Lage und persönlichen Präferenzen ab. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche Behandlung für Ihre spezifische Situation geeignet ist, und lassen Sie sich über die Vor- und Nachteile sowie die Auswirkungen auf die Lebensqualität beraten.

Wie wirkt sich eine Mastektomie auf die langfristige körperliche Gesundheit aus?

Neben den bekannten psychosozialen Auswirkungen kann eine Mastektomie langfristige körperliche Folgen haben, wie chronische Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit im Schulter- oder Armbereich und ein erhöhtes Risiko für Lymphödeme. Physiotherapie und gezielte Übungen können helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern. Regelmäßige Nachuntersuchungen sind wichtig, um solche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Welche Rolle spielt die psychologische Unterstützung vor und nach einer Mastektomie?

Psychologische Unterstützung ist entscheidend, um Frauen auf die emotionalen und psychosozialen Herausforderungen einer Mastektomie vorzubereiten und diese zu bewältigen. Vor der Operation kann eine Beratung helfen, Ängste abzubauen und realistische Erwartungen zu setzen. Nach der Operation unterstützt eine Therapie die Verarbeitung von Veränderungen im Körperbild und die Bewältigung von Gefühlen wie Trauer oder Unsicherheit. Ein Psychologe oder Psychotherapeut kann individuelle Strategien entwickeln, um die psychische Gesundheit zu stärken.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

Quelle:

Raymond, L., et al. (2025) Systematic Review of Psychosocial Outcomes Among Women with Breast Cancer Undergoing Mastectomy, Scientific Forum, American College of Surgeons (ACS) Clinical Congress 2025.

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