Warum gehen Männer seltener zu Vorsorgeuntersuchungen als Frauen?

Gesundheitstipps, Krankheiten und Krankheitsbilder

M.A. Dirk de Pol, aktualisiert am 12. August 2023, Lesezeit: 8 Minuten

Männer in Deutschland besuchen immer noch viel seltener Krebsvorsorgeuntersuchungen als Frauen. Im Jahr 2019 haben nur zwölf Prozent eine Untersuchung zur Früherkennung von Prostatakrebs durchgeführt, wie aus einer heute von der Krankenkasse Barmer präsentierten Analyse hervorgeht [1].

Gründe, warum Männer seltener zu Untersuchungen gehen

Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum Männer im Allgemeinen seltener zu Vorsorgeuntersuchungen gehen als Frauen. Einige Gründe sind:

  1. Mangelnde Aufklärung: Männer erhalten möglicherweise nicht genügend Informationen über die Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen und die spezifischen Gesundheitsrisiken, denen sie ausgesetzt sind. Es besteht oft eine geringere Sensibilisierung für Männergesundheit und die Notwendigkeit regelmäßiger Untersuchungen.
  2. Traditionelle Rollenbilder: In einigen Kulturen und Gesellschaften wird von Männern erwartet, dass sie stark und unabhängig sind. Der Besuch eines Arztes kann als Zeichen von Schwäche angesehen werden, was dazu führt, dass Männer ihre Gesundheitsprobleme ignorieren oder verleugnen.
  3. Angst und Vermeidung: Männer haben möglicherweise Angst vor medizinischen Untersuchungen und möglichen Diagnosen. Sie könnten sich Sorgen machen, dass das Ergebnis ihrer Untersuchung ihre Männlichkeit oder ihr Selbstbild beeinträchtigt. Diese Ängste können dazu führen, dass sie den Arztbesuch vermeiden.
  4. Zeitmangel: Berufliche Verpflichtungen und andere Prioritäten können Männer davon abhalten, sich Zeit für Vorsorgeuntersuchungen zu nehmen. Viele Männer neigen dazu, ihre eigene Gesundheit zugunsten anderer Verpflichtungen zu vernachlässigen.

Welchen Sinn haben Vorsorgeuntersuchungen?

Es ist wichtig, dass Männer verstehen, dass Vorsorgeuntersuchungen dazu dienen, potenzielle Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Regelmäßige Untersuchungen können helfen, schwerwiegende Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Prostatakrebs und sexuell übertragbare Infektionen rechtzeitig zu erkennen und die Behandlungschancen zu verbessern. Männer sollten sich bewusst sein, dass der Besuch eines Arztes kein Zeichen von Schwäche ist, sondern ein Schritt zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit und Lebensqualität.

Welche Gesundheitsrisiken sollten Männer beachten?

Es gibt mehrere spezifische Gesundheitsrisiken, die Männer im Zusammenhang mit Vorsorgeuntersuchungen beachten sollten. Hier sind einige der wichtigsten:

  1. Prostatakrebs: Prostatakrebs ist eine der häufigsten Krebsarten bei Männern. Eine regelmäßige Untersuchung der Prostata, einschließlich des Prostata-spezifischen Antigens (PSA)-Tests und der digitalen rektalen Untersuchung (DRU), kann helfen, Prostatakrebs frühzeitig zu erkennen und die Behandlungschancen zu verbessern.
  2. Herzkrankheiten: Herzkrankheiten sind eine der führenden Todesursachen bei Männern. Regelmäßige Untersuchungen, einschließlich Blutdruckmessungen, Cholesterin- und Blutzuckertests, können helfen, das Risiko von Herzkrankheiten zu identifizieren und zu kontrollieren.
  3. Testosteronmangel: Mit zunehmendem Alter können Männer einen natürlichen Rückgang des Testosteronspiegels erfahren. Ein Testosteronmangel kann zu verschiedenen Symptomen wie Müdigkeit, vermindertem sexuellem Verlangen und Stimmungsschwankungen führen. Eine Untersuchung des Hormonspiegels kann helfen, einen Testosteronmangel zu diagnostizieren und geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu finden.
  4. Sexuell übertragbare Infektionen (STIs): Männer sind ebenso wie Frauen einem Risiko sexuell übertragbarer Infektionen ausgesetzt. Regelmäßige Untersuchungen, einschließlich Tests auf STIs wie HIV, Syphilis, Gonorrhoe und Chlamydien, können dazu beitragen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen.
  5. Darmkrebs: Darmkrebs ist eine häufige Krebsart bei Männern. Eine regelmäßige Darmspiegelung (Koloskopie) ab einem bestimmten Alter kann helfen, Darmkrebs oder präkanzeröse Darmpolypen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Es ist wichtig zu beachten, dass die spezifischen Vorsorgeuntersuchungen und Empfehlungen je nach Alter, familiärer Vorgeschichte und individuellen Risikofaktoren variieren können. Es ist ratsam, mit einem Arzt oder Urologen über die geeigneten Vorsorgeuntersuchungen für die individuellen Bedürfnisse und Risiken zu sprechen.

Altersgrenzen für den Beginn von Vorsorgeuntersuchungen

Die empfohlenen Altersgrenzen für den Beginn von Vorsorgeuntersuchungen können je nach Land, medizinischen Leitlinien und individuellen Risikofaktoren variieren. Hier sind einige allgemeine Richtlinien:

  1. Allgemeine Gesundheitsuntersuchungen: Männer sollten regelmäßige Besuche bei ihrem Hausarzt oder Allgemeinmediziner in Erwägung ziehen, um ihre allgemeine Gesundheit zu überprüfen. Diese Untersuchungen können Blutdruckmessungen, Cholesterin- und Blutzuckertests sowie die Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustands umfassen. Der genaue Zeitpunkt für den Beginn dieser Untersuchungen kann individuell sein, aber in der Regel wird empfohlen, dass Männer spätestens ab dem 30. Lebensjahr regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen durchführen lassen.
  2. Prostatauntersuchungen: Die Empfehlungen zur Prostatauntersuchung sind umstritten und variieren. Einige Experten empfehlen, dass Männer ab dem Alter von 50 Jahren regelmäßige PSA-Tests und digitale rektale Untersuchungen durchführen lassen sollten, um Prostatakrebs zu erkennen. Bei Männern mit erhöhtem Risiko, wie einer familiären Vorgeschichte von Prostatakrebs, kann ein früherer Beginn der Untersuchungen in Erwägung gezogen werden, oft ab dem Alter von 45 Jahren.
  3. Darmkrebsvorsorge: Die meisten medizinischen Leitlinien empfehlen, dass Männer ab dem Alter von 50 Jahren mit der Darmkrebsvorsorge beginnen sollten. Dies kann eine Darmspiegelung (Koloskopie) oder alternative Tests wie einen Stuhltest auf okkultes Blut umfassen. Bei bestimmten Risikofaktoren, wie einer familiären Vorgeschichte von Darmkrebs, können die Untersuchungen bereits in einem früheren Alter empfohlen werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Richtlinien allgemeine Empfehlungen sind und individuelle Faktoren berücksichtigt werden sollten. Es ist ratsam, mit einem Arzt oder Urologen über die spezifischen Vorsorgeuntersuchungen und den besten Zeitpunkt für den Beginn zu sprechen, basierend auf dem individuellen Gesundheitszustand, der familiären Vorgeschichte und anderen Risikofaktoren.

Altersgrenzen für einige wichtige Vorsorgeuntersuchungen in Deutschland

Hier sind die empfohlenen Altersgrenzen für einige wichtige Vorsorgeuntersuchungen in Deutschland:

Kinder-Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen)

U1: Innerhalb der ersten Lebenswoche

U2: 3. – 10. Lebenstag

U3: 4. – 5. Lebenswoche

U4: 3. – 4. Lebensmonat

U5: 6. – 7. Lebensmonat

U6: 10. – 12. Lebensmonat

U7: 21. – 24. Lebensmonat

U7a: 34. – 36. Lebensmonat

U8: 46. – 48. Lebensmonat

U9: 60. – 64. Lebensmonat

U10: 7. – 8. Lebensjahr

U11: 9. – 10. Lebensjahr

Jugendgesundheitsuntersuchung

J1: 12. – 14. Lebensjahr

Gesundheitsuntersuchung für Erwachsene (Check-up 35):

Ab dem 35. Lebensjahr, alle zwei Jahre

Krebsvorsorgeuntersuchungen

Hautkrebs-Screening: Ab dem 35. Lebensjahr, alle zwei Jahre

Mammografie-Screening: Ab dem 50. Lebensjahr, alle zwei Jahre

Darmkrebsvorsorge (Stuhltest): Ab dem 50. Lebensjahr, jährlich

Darmkrebsvorsorge (Darmspiegelung): Ab dem 50. Lebensjahr, in der Regel alle 10 Jahre

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Empfehlungen allgemein sind und je nach individueller Gesundheitssituation variieren können. Ein Arzt oder eine Ärztin kann Ihnen genauere Informationen geben und Ihnen helfen, den besten Zeitplan für Vorsorgeuntersuchungen basierend auf Ihren persönlichen Faktoren festzulegen.

Medizinische Vorsorgeuntersuchungen sind in der modernen Gesellschaft weit verbreitet und spielen eine wichtige Rolle in der Früherkennung von Krankheiten. Aber sind sie immer so vorteilhaft, wie sie erscheinen? In diesem Artikel nehmen wir die verschiedenen Aspekte solcher Untersuchungen genauer unter die Lupe.

1. Verschiedene Grade der Invasivität

Ärztliche Untersuchungen können in ihrer Invasivität stark variieren. Während das Messen des Blutdrucks ein risikofreies Verfahren darstellt, kann das Risiko einer Fehlgeburt bei späten Amniozentesen bis zu 2% und bei Chorionzottenbiopsien bis zu 5% betragen. Es ist unerlässlich, dass Ärzte und Patienten gemeinsam Nutzen und Risiken abwägen.

2. Die Debatte über den Nutzen der Früherkennung

Es klingt logisch, dass eine frühzeitige Erkennung von Krankheiten zu erfolgreichen Therapien und somit zu einer verlängerten Lebensdauer und erhöhten Lebensqualität führen kann. Doch in der Praxis ist dieser Vorteil nur für wenige Früherkennungsprogramme empirisch belegt. Ein Rückgang der Sterblichkeitsrate aufgrund einer Krankheit ist nicht unbedingt ein Beweis für den Nutzen der Früherkennung, da andere Todesursachen durch Diagnostik und Therapie begünstigt werden könnten.

3. Statistische Verzerrungen und ihre Auswirkungen

Es gibt verschiedene statistische Verzerrungen, die die Bewertung von Früherkennungsuntersuchungen beeinflussen können. Beispielsweise kann der sogenannte „Vorlaufzeit-Bias“ dazu führen, dass Patienten aufgrund einer Früherkennung scheinbar länger leben, obwohl sie nicht tatsächlich länger leben. Der „Überdiagnose-Bias“ beschreibt das Phänomen, dass Krankheiten, die bereits vorhanden sind, aber noch keine Symptome zeigen, durch Früherkennung diagnostiziert werden.

4. Die Klassifizierung von Befunden

Die Einteilung von medizinischen Befunden in „normal“ oder „krankhaft“ kann aufgrund von zufälligen Schwankungen in der Bevölkerung zu Fehlern führen. Tests können entweder hoch sensitiv (richtige Erkennung von Krankheiten) oder hoch spezifisch (richtige Erkennung von Nicht-Krankheiten) sein, aber selten beides zugleich. Das kann dazu führen, dass viele gesunde Menschen fälschlicherweise als krank diagnostiziert werden.

5. Überdiagnose und ihre Konsequenzen

In einigen Fällen kann die Früherkennung Krankheiten identifizieren, die nie zu ernsthaften Problemen geführt hätten. Das führt zu unnötigen Behandlungen und psychischer Belastung für den Patienten, insbesondere bei Krankheiten wie Prostatakrebs.

6. Patientenaufklärung: Eine Lücke im System

Eine Umfrage der AOK zeigt, dass viele Patienten nicht ausreichend über die Vor- und Nachteile von Früherkennungsuntersuchungen informiert werden. Viele verlassen sich auf das Internet statt auf ihren Hausarzt. Es ist beunruhigend, dass die Vorteile oft überbetont und die Risiken vernachlässigt werden.

Quellen


Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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